Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

baeus) zu erkennen. Sie war ebenfalls in Oel gebraten und
von sehr feinem Wohlgeschmack. Eine halbe Citrone wurde
dazu gegeben. Ganz zweckmäßig fand ich es, daß die nachsol-
gende Taube mit dem Kopf aufgetragen wurde. In Deutsch-
land wird dieser leider gewöhnlich beseitigt, wodurch das deli-
cate Hirn verloren geht.

Ueberaus schmackhaft erwies sich eine Melone; ein mit ge-
riebenem Parmesankäse versetztes Reisgebäcke behagte weniger.
In Oel gebackene Pfirschenküchlein gewährten dagegen eine sehr
angenehme Ueberraschung, obschon die frischen Pfirschen, so wie
frische Feigen, für sich und in Wein getaucht, besser behagten.
Ich hätte nicht gedacht, wie schön diese, so wie Pfirschen und
Aepfel zu Parmesankäse harmoniren. Durch seine Fremdartig-
keit sowohl, als den überaus anmuthigen weinsäuerlichen kühlen-
den Geschmack und die strahlende schön scharlachrothe Farbe
machte ein Granatapfel bedeutenden, unvergeßlichen Eindruck.
Ueber alle Beschreibung erhaben aber schmeckte ein Schinken-
schnitz mit einer frischen Feige zugleich genossen.

Damit schloß ich mein Mittagessen, absichtlich ohne Caffee
nachzutrinken. Zwar vermißte ich das eigentlich Italienische
Voressen eben sowohl, als einen eigentlichen Hauptconcentra-
tionspunkt in der Anordnung, doch war ich im Ganzen und
Einzelnen sehr wohl zufrieden. Nach Erledigung anderweiti-
ger Studien ließ ich mich, versehen mit einer vortrefflich geräu-
cherten Rindszunge, welche ich von Salzburg mitgenommen
hatte, auf die nahe Insel Lido fahren. Mein Gondolier, der
mich unter der Accademia delle belle arti erwartete, aß zu
einem Stückchen Brod rohe kleine Muscheln, welche er sich von
der Mauer abgelesen hatte. Es schien ihm sehr zu schmecken
und er hatte nicht einmal Salz dazu. Bald waren wir auf
Lido. Ein kräftiger Ostwind warf mächtig hohe Wellen gegen
das Ufer und lockte zum frischen Kampfe damit. Welche Lust,
zum ersten Mal in der grünlich-bläulichen Salzfluth des Meeres

baeus) zu erkennen. Sie war ebenfalls in Oel gebraten und
von ſehr feinem Wohlgeſchmack. Eine halbe Citrone wurde
dazu gegeben. Ganz zweckmaͤßig fand ich es, daß die nachſol-
gende Taube mit dem Kopf aufgetragen wurde. In Deutſch-
land wird dieſer leider gewoͤhnlich beſeitigt, wodurch das deli-
cate Hirn verloren geht.

Ueberaus ſchmackhaft erwies ſich eine Melone; ein mit ge-
riebenem Parmeſankaͤſe verſetztes Reisgebaͤcke behagte weniger.
In Oel gebackene Pfirſchenkuͤchlein gewaͤhrten dagegen eine ſehr
angenehme Ueberraſchung, obſchon die friſchen Pfirſchen, ſo wie
friſche Feigen, fuͤr ſich und in Wein getaucht, beſſer behagten.
Ich haͤtte nicht gedacht, wie ſchoͤn dieſe, ſo wie Pfirſchen und
Aepfel zu Parmeſankaͤſe harmoniren. Durch ſeine Fremdartig-
keit ſowohl, als den uͤberaus anmuthigen weinſaͤuerlichen kuͤhlen-
den Geſchmack und die ſtrahlende ſchoͤn ſcharlachrothe Farbe
machte ein Granatapfel bedeutenden, unvergeßlichen Eindruck.
Ueber alle Beſchreibung erhaben aber ſchmeckte ein Schinken-
ſchnitz mit einer friſchen Feige zugleich genoſſen.

Damit ſchloß ich mein Mittageſſen, abſichtlich ohne Caffee
nachzutrinken. Zwar vermißte ich das eigentlich Italieniſche
Voreſſen eben ſowohl, als einen eigentlichen Hauptconcentra-
tionspunkt in der Anordnung, doch war ich im Ganzen und
Einzelnen ſehr wohl zufrieden. Nach Erledigung anderweiti-
ger Studien ließ ich mich, verſehen mit einer vortrefflich geraͤu-
cherten Rindszunge, welche ich von Salzburg mitgenommen
hatte, auf die nahe Inſel Lido fahren. Mein Gondolier, der
mich unter der Accademia delle belle arti erwartete, aß zu
einem Stuͤckchen Brod rohe kleine Muſcheln, welche er ſich von
der Mauer abgeleſen hatte. Es ſchien ihm ſehr zu ſchmecken
und er hatte nicht einmal Salz dazu. Bald waren wir auf
Lido. Ein kraͤftiger Oſtwind warf maͤchtig hohe Wellen gegen
das Ufer und lockte zum friſchen Kampfe damit. Welche Luſt,
zum erſten Mal in der gruͤnlich-blaͤulichen Salzfluth des Meeres

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0075" n="61"/>
baeus</hi>) zu erkennen. Sie war ebenfalls in Oel gebraten und<lb/>
von &#x017F;ehr feinem Wohlge&#x017F;chmack. Eine halbe Citrone wurde<lb/>
dazu gegeben. Ganz zweckma&#x0364;ßig fand ich es, daß die nach&#x017F;ol-<lb/>
gende Taube mit dem Kopf aufgetragen wurde. In Deut&#x017F;ch-<lb/>
land wird die&#x017F;er leider gewo&#x0364;hnlich be&#x017F;eitigt, wodurch das deli-<lb/>
cate Hirn verloren geht.</p><lb/>
        <p>Ueberaus &#x017F;chmackhaft erwies &#x017F;ich eine Melone; ein mit ge-<lb/>
riebenem Parme&#x017F;anka&#x0364;&#x017F;e ver&#x017F;etztes Reisgeba&#x0364;cke behagte weniger.<lb/>
In Oel gebackene Pfir&#x017F;chenku&#x0364;chlein gewa&#x0364;hrten dagegen eine &#x017F;ehr<lb/>
angenehme Ueberra&#x017F;chung, ob&#x017F;chon die fri&#x017F;chen Pfir&#x017F;chen, &#x017F;o wie<lb/>
fri&#x017F;che Feigen, fu&#x0364;r &#x017F;ich und in Wein getaucht, be&#x017F;&#x017F;er behagten.<lb/>
Ich ha&#x0364;tte nicht gedacht, wie &#x017F;cho&#x0364;n die&#x017F;e, &#x017F;o wie Pfir&#x017F;chen und<lb/>
Aepfel zu Parme&#x017F;anka&#x0364;&#x017F;e harmoniren. Durch &#x017F;eine Fremdartig-<lb/>
keit &#x017F;owohl, als den u&#x0364;beraus anmuthigen wein&#x017F;a&#x0364;uerlichen ku&#x0364;hlen-<lb/>
den Ge&#x017F;chmack und die &#x017F;trahlende &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;charlachrothe Farbe<lb/>
machte ein Granatapfel bedeutenden, unvergeßlichen Eindruck.<lb/>
Ueber alle Be&#x017F;chreibung erhaben aber &#x017F;chmeckte ein Schinken-<lb/>
&#x017F;chnitz mit einer fri&#x017F;chen Feige zugleich geno&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Damit &#x017F;chloß ich mein Mittage&#x017F;&#x017F;en, ab&#x017F;ichtlich ohne Caffee<lb/>
nachzutrinken. Zwar vermißte ich das eigentlich Italieni&#x017F;che<lb/>
Vore&#x017F;&#x017F;en eben &#x017F;owohl, als einen eigentlichen Hauptconcentra-<lb/>
tionspunkt in der Anordnung, doch war ich im Ganzen und<lb/>
Einzelnen &#x017F;ehr wohl zufrieden. Nach Erledigung anderweiti-<lb/>
ger Studien ließ ich mich, ver&#x017F;ehen mit einer vortrefflich gera&#x0364;u-<lb/>
cherten Rindszunge, welche ich von Salzburg mitgenommen<lb/>
hatte, auf die nahe In&#x017F;el <hi rendition="#g">Lido</hi> fahren. Mein Gondolier, der<lb/>
mich unter der <hi rendition="#aq">Accademia delle belle arti</hi> erwartete, aß zu<lb/>
einem Stu&#x0364;ckchen Brod rohe kleine Mu&#x017F;cheln, welche er &#x017F;ich von<lb/>
der Mauer abgele&#x017F;en hatte. Es &#x017F;chien ihm &#x017F;ehr zu &#x017F;chmecken<lb/>
und er hatte nicht einmal Salz dazu. Bald waren wir auf<lb/>
Lido. Ein kra&#x0364;ftiger O&#x017F;twind warf ma&#x0364;chtig hohe Wellen gegen<lb/>
das Ufer und lockte zum fri&#x017F;chen Kampfe damit. Welche Lu&#x017F;t,<lb/>
zum er&#x017F;ten Mal in der gru&#x0364;nlich-bla&#x0364;ulichen Salzfluth des Meeres<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0075] baeus) zu erkennen. Sie war ebenfalls in Oel gebraten und von ſehr feinem Wohlgeſchmack. Eine halbe Citrone wurde dazu gegeben. Ganz zweckmaͤßig fand ich es, daß die nachſol- gende Taube mit dem Kopf aufgetragen wurde. In Deutſch- land wird dieſer leider gewoͤhnlich beſeitigt, wodurch das deli- cate Hirn verloren geht. Ueberaus ſchmackhaft erwies ſich eine Melone; ein mit ge- riebenem Parmeſankaͤſe verſetztes Reisgebaͤcke behagte weniger. In Oel gebackene Pfirſchenkuͤchlein gewaͤhrten dagegen eine ſehr angenehme Ueberraſchung, obſchon die friſchen Pfirſchen, ſo wie friſche Feigen, fuͤr ſich und in Wein getaucht, beſſer behagten. Ich haͤtte nicht gedacht, wie ſchoͤn dieſe, ſo wie Pfirſchen und Aepfel zu Parmeſankaͤſe harmoniren. Durch ſeine Fremdartig- keit ſowohl, als den uͤberaus anmuthigen weinſaͤuerlichen kuͤhlen- den Geſchmack und die ſtrahlende ſchoͤn ſcharlachrothe Farbe machte ein Granatapfel bedeutenden, unvergeßlichen Eindruck. Ueber alle Beſchreibung erhaben aber ſchmeckte ein Schinken- ſchnitz mit einer friſchen Feige zugleich genoſſen. Damit ſchloß ich mein Mittageſſen, abſichtlich ohne Caffee nachzutrinken. Zwar vermißte ich das eigentlich Italieniſche Voreſſen eben ſowohl, als einen eigentlichen Hauptconcentra- tionspunkt in der Anordnung, doch war ich im Ganzen und Einzelnen ſehr wohl zufrieden. Nach Erledigung anderweiti- ger Studien ließ ich mich, verſehen mit einer vortrefflich geraͤu- cherten Rindszunge, welche ich von Salzburg mitgenommen hatte, auf die nahe Inſel Lido fahren. Mein Gondolier, der mich unter der Accademia delle belle arti erwartete, aß zu einem Stuͤckchen Brod rohe kleine Muſcheln, welche er ſich von der Mauer abgeleſen hatte. Es ſchien ihm ſehr zu ſchmecken und er hatte nicht einmal Salz dazu. Bald waren wir auf Lido. Ein kraͤftiger Oſtwind warf maͤchtig hohe Wellen gegen das Ufer und lockte zum friſchen Kampfe damit. Welche Luſt, zum erſten Mal in der gruͤnlich-blaͤulichen Salzfluth des Meeres

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/75
Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/75>, abgerufen am 22.11.2024.