zumitteln konnte. Wie glücklich ist auch das Apercu: Schwei- ne mit trocknen Feigen zu mästen! Eben so verdienen die innen versilberten kupfernen Kochgeschirre, wie sie in Herculano ge- funden und, gleich nobel und zweckmäßig, neuerdings von den Engländern wieder eingeführt wurden, alles Lob.
Dagegen ist's durchaus absurd, theure Speisen eben deß- halb, und blos weil sie theuer sind, für delicat zu halten, Wohlschmeckendes dagegen deßhalb zu verachten, weil's wohlfeil ist, und der unsinnige Römische Luxus mit Pfauenzungen etc. ist sattsam bekannt. So wurden Römischen Gästen selbst kostbare Perlen, die nach gar nichts schmecken, zu trinken gegeben.
Wie schon bemerkt, drückt der Mangel der Gabeln Griechen wie Römer, Letzteren muß jedoch der Fortschritt zu den Ser- vietten zugestanden werden. Winckelmann bemerkt: wie un- ter den Griechen keine Schnupftücher gebräuchlich waren, son- dern selbst Personen von Stande mit dem Mantel die Thränen abtrockneten, so wurden auch die Servietten bei den Römern allererst in den späteren Zeiten üblich. Der eingeladene Gast brachte aber dieses Tuch (mappa) selbst mit.
Aber zu welch wirklich schauderhaftem Gebrauch dienten diese sogenannten Servietten? Wenn dem Gast Speisen beson- ders schmeckten, so wickelte er sie, mit Erlaubniß des Wirths, in die Serviette, und schickte sie so nach Hause. Leider fand sich diese widerliche Heimschlepperei auch bei den Athenern. Je- der Gast brachte seinen Bedienten mit und ließ durch diesen Alles, was er von den verschiedenen Gerichten, wovon jedem Gast eine reichliche Portion vorgesetzt wurde, nicht selber aufaß, und was irgend transportabel war, z. B. Stücke von gebrate- nem Wildpret, Würste, Hühner, Fische, wildes Geflügel, Ku- chen etc., in einen, zu diesem Zwecke mitgebrachten Korb oder Sack stecken, und nach Hause tragen. Bei Spießbürger-Gast- mählern findet man diese Gewohnheit leider noch heutzutage auch bei uns.
zumitteln konnte. Wie gluͤcklich iſt auch das Aperçu: Schwei- ne mit trocknen Feigen zu maͤſten! Eben ſo verdienen die innen verſilberten kupfernen Kochgeſchirre, wie ſie in Herculano ge- funden und, gleich nobel und zweckmaͤßig, neuerdings von den Englaͤndern wieder eingefuͤhrt wurden, alles Lob.
Dagegen iſt’s durchaus abſurd, theure Speiſen eben deß- halb, und blos weil ſie theuer ſind, fuͤr delicat zu halten, Wohlſchmeckendes dagegen deßhalb zu verachten, weil’s wohlfeil iſt, und der unſinnige Roͤmiſche Luxus mit Pfauenzungen ꝛc. iſt ſattſam bekannt. So wurden Roͤmiſchen Gaͤſten ſelbſt koſtbare Perlen, die nach gar nichts ſchmecken, zu trinken gegeben.
Wie ſchon bemerkt, druͤckt der Mangel der Gabeln Griechen wie Roͤmer, Letzteren muß jedoch der Fortſchritt zu den Ser- vietten zugeſtanden werden. Winckelmann bemerkt: wie un- ter den Griechen keine Schnupftuͤcher gebraͤuchlich waren, ſon- dern ſelbſt Perſonen von Stande mit dem Mantel die Thraͤnen abtrockneten, ſo wurden auch die Servietten bei den Roͤmern allererſt in den ſpaͤteren Zeiten uͤblich. Der eingeladene Gaſt brachte aber dieſes Tuch (mappa) ſelbſt mit.
Aber zu welch wirklich ſchauderhaftem Gebrauch dienten dieſe ſogenannten Servietten? Wenn dem Gaſt Speiſen beſon- ders ſchmeckten, ſo wickelte er ſie, mit Erlaubniß des Wirths, in die Serviette, und ſchickte ſie ſo nach Hauſe. Leider fand ſich dieſe widerliche Heimſchlepperei auch bei den Athenern. Je- der Gaſt brachte ſeinen Bedienten mit und ließ durch dieſen Alles, was er von den verſchiedenen Gerichten, wovon jedem Gaſt eine reichliche Portion vorgeſetzt wurde, nicht ſelber aufaß, und was irgend transportabel war, z. B. Stuͤcke von gebrate- nem Wildpret, Wuͤrſte, Huͤhner, Fiſche, wildes Gefluͤgel, Ku- chen ꝛc., in einen, zu dieſem Zwecke mitgebrachten Korb oder Sack ſtecken, und nach Hauſe tragen. Bei Spießbuͤrger-Gaſt- maͤhlern findet man dieſe Gewohnheit leider noch heutzutage auch bei uns.
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ne mit trocknen Feigen zu maͤſten! Eben ſo verdienen die innen
verſilberten kupfernen Kochgeſchirre, wie ſie in Herculano ge-
funden und, gleich nobel und zweckmaͤßig, neuerdings von den
Englaͤndern wieder eingefuͤhrt wurden, alles Lob.
Dagegen iſt’s durchaus abſurd, theure Speiſen eben deß-
halb, und blos weil ſie theuer ſind, fuͤr delicat zu halten,
Wohlſchmeckendes dagegen deßhalb zu verachten, weil’s wohlfeil
iſt, und der unſinnige Roͤmiſche Luxus mit Pfauenzungen ꝛc. iſt
ſattſam bekannt. So wurden Roͤmiſchen Gaͤſten ſelbſt koſtbare
Perlen, die nach gar nichts ſchmecken, zu trinken gegeben.
Wie ſchon bemerkt, druͤckt der Mangel der Gabeln Griechen
wie Roͤmer, Letzteren muß jedoch der Fortſchritt zu den Ser-
vietten zugeſtanden werden. Winckelmann bemerkt: wie un-
ter den Griechen keine Schnupftuͤcher gebraͤuchlich waren, ſon-
dern ſelbſt Perſonen von Stande mit dem Mantel die Thraͤnen
abtrockneten, ſo wurden auch die Servietten bei den Roͤmern
allererſt in den ſpaͤteren Zeiten uͤblich. Der eingeladene Gaſt
brachte aber dieſes Tuch (mappa) ſelbſt mit.
Aber zu welch wirklich ſchauderhaftem Gebrauch dienten
dieſe ſogenannten Servietten? Wenn dem Gaſt Speiſen beſon-
ders ſchmeckten, ſo wickelte er ſie, mit Erlaubniß des Wirths,
in die Serviette, und ſchickte ſie ſo nach Hauſe. Leider fand
ſich dieſe widerliche Heimſchlepperei auch bei den Athenern. Je-
der Gaſt brachte ſeinen Bedienten mit und ließ durch dieſen
Alles, was er von den verſchiedenen Gerichten, wovon jedem
Gaſt eine reichliche Portion vorgeſetzt wurde, nicht ſelber aufaß,
und was irgend transportabel war, z. B. Stuͤcke von gebrate-
nem Wildpret, Wuͤrſte, Huͤhner, Fiſche, wildes Gefluͤgel, Ku-
chen ꝛc., in einen, zu dieſem Zwecke mitgebrachten Korb oder
Sack ſtecken, und nach Hauſe tragen. Bei Spießbuͤrger-Gaſt-
maͤhlern findet man dieſe Gewohnheit leider noch heutzutage
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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/48>, abgerufen am 23.07.2024.
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