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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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erwähnt, im Gegentheil ist von Mastebern die Rede, die Freier
der Penelope aßen immer zunächst die männlichen Schweine etc.

Was der Lotos der Lotophagen, welcher durch seinen
Wohlgeschmack selbst das Vaterland vergessen machte, eigentlich
gewesen sei, wage ich nicht zu entscheiden. Möchten gelehrtere
Forscher die Eßkunde mit Aufklärungen hierüber bereichern,
wenn die Sache, wie ich vermuthe, nicht vielmehr in das Gebiet
des Trinkens einschlägt.

Nachdem der Speisen und der leckerbereiteten Mahle ge-
bührend gedacht ist, darf das Trinken nicht unerwähnt bleiben.
Dieses fehlte nie, ja die Homerischen Helden tranken, wenn
auch keinen Eilfer, doch (nach Odyss. III. 391) eilfjährigen
Wein. Ein bedeutender Fortschritt in der Cultur! Nachdem
sie geschmaußt und das Herz mit Speise gestärket, vergaßen sie
des Trinkens keineswegs, und der Refrain eines Gastmahls
heißt immer: "nachdem die Begierde des Tranks und der Spei-
se gestillt war" oder "uns mit Fleisch und lieblichem Weine er-
quickend" etc.

Das Alles nun halte man mit den oben erwähnten Ei-
cheln, Holzäpfen, Hirse und Halmen zusammen, und urtheile,
ob das Menschengeschlecht vorgeschritten.

Was nun das Eßgeräthe und das Verfahren beim Essen
betrifft, so war jedenfalls durch Erfindung des Tisches schon
viel gewonnen. Da man nicht füglich ohne Tisch essen kann,
so war es historisch nothwendig, daß der Tisch erfunden wurde,
woraus folgt, daß er wirklich erfunden werden mußte, wie er
denn auch erfunden wurde. Es ist gar nicht zu bezweifeln, daß
der Tisch lediglich des Essens wegen erfunden wurde. Wird
ja noch heute Tisch und Essen synonym gebraucht: vor und
nach Tisch, ein guter Tisch etc. War aber einmal der Tisch
erfunden, so gab sich der Stuhl von selbst.

Vor und zu den Zeiten Homer's nun aß man sehr ver-
nünftig an Tischen sitzend. Wir stoßen nun aber schon wieder

erwaͤhnt, im Gegentheil iſt von Maſtebern die Rede, die Freier
der Penelope aßen immer zunaͤchſt die maͤnnlichen Schweine ꝛc.

Was der Lotos der Lotophagen, welcher durch ſeinen
Wohlgeſchmack ſelbſt das Vaterland vergeſſen machte, eigentlich
geweſen ſei, wage ich nicht zu entſcheiden. Moͤchten gelehrtere
Forſcher die Eßkunde mit Aufklaͤrungen hieruͤber bereichern,
wenn die Sache, wie ich vermuthe, nicht vielmehr in das Gebiet
des Trinkens einſchlaͤgt.

Nachdem der Speiſen und der leckerbereiteten Mahle ge-
buͤhrend gedacht iſt, darf das Trinken nicht unerwaͤhnt bleiben.
Dieſes fehlte nie, ja die Homeriſchen Helden tranken, wenn
auch keinen Eilfer, doch (nach Odyss. III. 391) eilfjaͤhrigen
Wein. Ein bedeutender Fortſchritt in der Cultur! Nachdem
ſie geſchmaußt und das Herz mit Speiſe geſtaͤrket, vergaßen ſie
des Trinkens keineswegs, und der Refrain eines Gaſtmahls
heißt immer: „nachdem die Begierde des Tranks und der Spei-
ſe geſtillt war“ oder „uns mit Fleiſch und lieblichem Weine er-
quickend“ ꝛc.

Das Alles nun halte man mit den oben erwaͤhnten Ei-
cheln, Holzaͤpfen, Hirſe und Halmen zuſammen, und urtheile,
ob das Menſchengeſchlecht vorgeſchritten.

Was nun das Eßgeraͤthe und das Verfahren beim Eſſen
betrifft, ſo war jedenfalls durch Erfindung des Tiſches ſchon
viel gewonnen. Da man nicht fuͤglich ohne Tiſch eſſen kann,
ſo war es hiſtoriſch nothwendig, daß der Tiſch erfunden wurde,
woraus folgt, daß er wirklich erfunden werden mußte, wie er
denn auch erfunden wurde. Es iſt gar nicht zu bezweifeln, daß
der Tiſch lediglich des Eſſens wegen erfunden wurde. Wird
ja noch heute Tiſch und Eſſen ſynonym gebraucht: vor und
nach Tiſch, ein guter Tiſch ꝛc. War aber einmal der Tiſch
erfunden, ſo gab ſich der Stuhl von ſelbſt.

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nuͤnftig an Tiſchen ſitzend. Wir ſtoßen nun aber ſchon wieder

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[29/0043] erwaͤhnt, im Gegentheil iſt von Maſtebern die Rede, die Freier der Penelope aßen immer zunaͤchſt die maͤnnlichen Schweine ꝛc. Was der Lotos der Lotophagen, welcher durch ſeinen Wohlgeſchmack ſelbſt das Vaterland vergeſſen machte, eigentlich geweſen ſei, wage ich nicht zu entſcheiden. Moͤchten gelehrtere Forſcher die Eßkunde mit Aufklaͤrungen hieruͤber bereichern, wenn die Sache, wie ich vermuthe, nicht vielmehr in das Gebiet des Trinkens einſchlaͤgt. Nachdem der Speiſen und der leckerbereiteten Mahle ge- buͤhrend gedacht iſt, darf das Trinken nicht unerwaͤhnt bleiben. Dieſes fehlte nie, ja die Homeriſchen Helden tranken, wenn auch keinen Eilfer, doch (nach Odyss. III. 391) eilfjaͤhrigen Wein. Ein bedeutender Fortſchritt in der Cultur! Nachdem ſie geſchmaußt und das Herz mit Speiſe geſtaͤrket, vergaßen ſie des Trinkens keineswegs, und der Refrain eines Gaſtmahls heißt immer: „nachdem die Begierde des Tranks und der Spei- ſe geſtillt war“ oder „uns mit Fleiſch und lieblichem Weine er- quickend“ ꝛc. Das Alles nun halte man mit den oben erwaͤhnten Ei- cheln, Holzaͤpfen, Hirſe und Halmen zuſammen, und urtheile, ob das Menſchengeſchlecht vorgeſchritten. Was nun das Eßgeraͤthe und das Verfahren beim Eſſen betrifft, ſo war jedenfalls durch Erfindung des Tiſches ſchon viel gewonnen. Da man nicht fuͤglich ohne Tiſch eſſen kann, ſo war es hiſtoriſch nothwendig, daß der Tiſch erfunden wurde, woraus folgt, daß er wirklich erfunden werden mußte, wie er denn auch erfunden wurde. Es iſt gar nicht zu bezweifeln, daß der Tiſch lediglich des Eſſens wegen erfunden wurde. Wird ja noch heute Tiſch und Eſſen ſynonym gebraucht: vor und nach Tiſch, ein guter Tiſch ꝛc. War aber einmal der Tiſch erfunden, ſo gab ſich der Stuhl von ſelbſt. Vor und zu den Zeiten Homer’s nun aß man ſehr ver- nuͤnftig an Tiſchen ſitzend. Wir ſtoßen nun aber ſchon wieder

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/43>, abgerufen am 21.11.2024.