Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.In der Iliade schmaußen Sieger und Besiegte vor und Als der göttliche Sauhirt den Odysseus, welchen er nur "-- und opferte beide zum Gastmahl -- Sengt' alsdann und zerschnitt, und steckte das Fleisch an die Spieße. Als nun gar es gebraten, da trug er's hin vor Odysseus, Brätelnd noch an den Spießen, mit weißem Mehle bestreuet." Das therm autois obeloisin, welches Voß, das Original "Viele der muthigen Stier' umröchelten blutend das Eisen, Abgewürgt, auch viele der Schaf' und meckernden Ziegen, Viel weißzahnige Schweine zugleich, voll blühenden Fettes, Sengeten sie ausstreckend in lodernder Gluth des Hefästos. -- -- -- Also den ganzen Tag bis spät zur sinkenden Sonne Schmausten sie." -- In der Iliade ſchmaußen Sieger und Beſiegte vor und Als der goͤttliche Sauhirt den Odyſſeus, welchen er nur „— und opferte beide zum Gaſtmahl — Sengt’ alsdann und zerſchnitt, und ſteckte das Fleiſch an die Spieße. Als nun gar es gebraten, da trug er’s hin vor Odyſſeus, Braͤtelnd noch an den Spießen, mit weißem Mehle beſtreuet.“ Das ϑερμ̕ αὐτοις ὀβελοισιν, welches Voß, das Original „Viele der muthigen Stier’ umroͤchelten blutend das Eiſen, Abgewuͤrgt, auch viele der Schaf’ und meckernden Ziegen, Viel weißzahnige Schweine zugleich, voll bluͤhenden Fettes, Sengeten ſie ausſtreckend in lodernder Gluth des Hefaͤſtos. — — — Alſo den ganzen Tag bis ſpaͤt zur ſinkenden Sonne Schmauſten ſie.“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0041" n="27"/> <p>In der Iliade ſchmaußen Sieger und Beſiegte vor und<lb/> nach den Kaͤmpfen, was nicht anders als vernuͤnftig betrachtet<lb/> werden kann. Charakteriſtiſch ſpricht ſich die Hospitalitaͤt in<lb/> dem Gebrauche aus, nicht abzutragen. Alle Speiſen blieben<lb/> auf dem Tiſche, bis die Gaͤſte gingen. Beſuchende muͤſſen zu-<lb/> erſt eſſen und trinken, ehe ſie davon reden duͤrfen, weßhalb ſie<lb/> kommen und was ſie eigentlich wollen. Auch hoͤhere Bezie-<lb/> hungen werden immer durch Eſſen und Trinken vermittelt.<lb/> Opfern kommt nie ohne Eſſen vor.</p><lb/> <p>Als der goͤttliche Sauhirt den <hi rendition="#g">Odyſſeus</hi>, welchen er nur<lb/> fuͤr einen Bettler hielt, bewirthete, nahm er nicht weniger als<lb/> zwei Ferkel</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„— und opferte beide zum Gaſtmahl —</l><lb/> <l>Sengt’ alsdann und zerſchnitt, und ſteckte das Fleiſch an die<lb/><hi rendition="#et">Spieße.</hi></l><lb/> <l>Als nun gar es gebraten, da trug er’s hin vor Odyſſeus,</l><lb/> <l>Braͤtelnd noch an den Spießen, mit weißem Mehle beſtreuet.“</l> </lg><lb/> <p>Das ϑερμ̕ αὐτοις ὀβελοισιν, welches <hi rendition="#g">Voß</hi>, das Original<lb/> uͤbertreffend, ſo delikat mit <hi rendition="#g">braͤtelnd noch an den Spießen</hi><lb/> uͤberſetzt, iſt eine der appetitlichſten klaſſiſchen Stellen, die ich<lb/> kenne, und die ich nie leſen kann, ohne daß mir das Waſſer im<lb/> Munde zuſammenlaͤuft. Ueberhaupt wußte man dazumal zu<lb/> leben. Schon zum Fruͤhmal ſchlachten die Genoſſen dem<lb/><hi rendition="#g">Achilleus</hi> ein Schaf, dickwollig und groß, und es iſt der<lb/> Muͤhe werth, wenn man ſich zu Tiſche ſetzt.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Viele der muthigen Stier’ umroͤchelten blutend das Eiſen,</l><lb/> <l>Abgewuͤrgt, auch viele der Schaf’ und meckernden Ziegen,</l><lb/> <l>Viel weißzahnige Schweine zugleich, voll bluͤhenden Fettes,</l><lb/> <l>Sengeten ſie ausſtreckend in lodernder Gluth des Hefaͤſtos.</l><lb/> <l>— — —</l><lb/> <l>Alſo den ganzen Tag bis ſpaͤt zur ſinkenden Sonne</l><lb/> <l>Schmauſten ſie.“ —</l> </lg><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [27/0041]
In der Iliade ſchmaußen Sieger und Beſiegte vor und
nach den Kaͤmpfen, was nicht anders als vernuͤnftig betrachtet
werden kann. Charakteriſtiſch ſpricht ſich die Hospitalitaͤt in
dem Gebrauche aus, nicht abzutragen. Alle Speiſen blieben
auf dem Tiſche, bis die Gaͤſte gingen. Beſuchende muͤſſen zu-
erſt eſſen und trinken, ehe ſie davon reden duͤrfen, weßhalb ſie
kommen und was ſie eigentlich wollen. Auch hoͤhere Bezie-
hungen werden immer durch Eſſen und Trinken vermittelt.
Opfern kommt nie ohne Eſſen vor.
Als der goͤttliche Sauhirt den Odyſſeus, welchen er nur
fuͤr einen Bettler hielt, bewirthete, nahm er nicht weniger als
zwei Ferkel
„— und opferte beide zum Gaſtmahl —
Sengt’ alsdann und zerſchnitt, und ſteckte das Fleiſch an die
Spieße.
Als nun gar es gebraten, da trug er’s hin vor Odyſſeus,
Braͤtelnd noch an den Spießen, mit weißem Mehle beſtreuet.“
Das ϑερμ̕ αὐτοις ὀβελοισιν, welches Voß, das Original
uͤbertreffend, ſo delikat mit braͤtelnd noch an den Spießen
uͤberſetzt, iſt eine der appetitlichſten klaſſiſchen Stellen, die ich
kenne, und die ich nie leſen kann, ohne daß mir das Waſſer im
Munde zuſammenlaͤuft. Ueberhaupt wußte man dazumal zu
leben. Schon zum Fruͤhmal ſchlachten die Genoſſen dem
Achilleus ein Schaf, dickwollig und groß, und es iſt der
Muͤhe werth, wenn man ſich zu Tiſche ſetzt.
„Viele der muthigen Stier’ umroͤchelten blutend das Eiſen,
Abgewuͤrgt, auch viele der Schaf’ und meckernden Ziegen,
Viel weißzahnige Schweine zugleich, voll bluͤhenden Fettes,
Sengeten ſie ausſtreckend in lodernder Gluth des Hefaͤſtos.
— — —
Alſo den ganzen Tag bis ſpaͤt zur ſinkenden Sonne
Schmauſten ſie.“ —
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