drängt; er wiegt ein Kilogramm, wenn er ein Litre Wasser verdrängt, und 1000 Kilogramme, wenn er 1000 Litres oder ein Cubikmeter verdrängt, weil 1 Litre reines Wasser 1 Kilo- gramm wiegt. -- Dieß Alles bedenke man wohl; erwäge noch, daß Wein, den man zu oder (wie man zu sagen pflegt) auf den Fisch trinkt, viel leicher ist, als Wasser, Burgunder z. B. sich zu Fischwasser verhält wie 0,953 zu 1,030, -- und man wird einsehen, was es sagen will, einen Fisch schwimmen zu machen. Allerdings würde der Fisch um so leichter werden, je schwerer die genossene Flüssigkeit und der Kopf des Experimen- tators. O solche Metaphern (Metaphern überhaupt) sind nur zu oft das größte Unglück der Menschheit, wenn sie nicht mit der Fackel der Naturwissenschaft beleuchtet werden, welches zu thun ich mich nicht enthalten konnte.
Man soll also über (oder, um es nochmals zu bemerken, in den Zwischenpausen; am besten nach) Tisch Wein trinken; aber mit Diskretion und innerhalb gewisser Schranken.
Das über die Wahl der einzelnen Weinsorten zu Tisch- weinen Gesagte ist zunächst vom gewöhnlichen, täglichen Genuß gemeint. Bei extra Gastmählern bindet man sich natürlich nicht an jene Regel, sondern giebt vielmehr keine alltäglichen, son- dern extra gute und exquisite Weine.
Wo mehrere Sorten aufgetragen werden, geschieht dieß am passendsten in der Climax adscendens, leichtere, unschul- digere, schwächere voran, und stärkere, kräftigere, feurigere darauf! -- Zum Dessert passen die im mitgetheilten Wein- verzeichnisse zuletzt genannten Französischen, Spanischen, Ita- lienischen etc. Sekte, Ungarische Ausbrüche und dergleichen.
Sehr Viele sind der Meinung, man solle, besonders bei Tisch, den Wein mit Wasser vermischen. Es ist noch nicht ent- schieden, welchem Sterblichen oder Unsterblichen die Menschheit diese große Erfindung verdankt. Athenaeus sagt, daß Amphictyon, König von Athen, die Menschen gelehrt habe,
draͤngt; er wiegt ein Kilogramm, wenn er ein Litre Waſſer verdraͤngt, und 1000 Kilogramme, wenn er 1000 Litres oder ein Cubikmeter verdraͤngt, weil 1 Litre reines Waſſer 1 Kilo- gramm wiegt. — Dieß Alles bedenke man wohl; erwaͤge noch, daß Wein, den man zu oder (wie man zu ſagen pflegt) auf den Fiſch trinkt, viel leicher iſt, als Waſſer, Burgunder z. B. ſich zu Fiſchwaſſer verhaͤlt wie 0,953 zu 1,030, — und man wird einſehen, was es ſagen will, einen Fiſch ſchwimmen zu machen. Allerdings wuͤrde der Fiſch um ſo leichter werden, je ſchwerer die genoſſene Fluͤſſigkeit und der Kopf des Experimen- tators. O ſolche Metaphern (Metaphern uͤberhaupt) ſind nur zu oft das groͤßte Ungluͤck der Menſchheit, wenn ſie nicht mit der Fackel der Naturwiſſenſchaft beleuchtet werden, welches zu thun ich mich nicht enthalten konnte.
Man ſoll alſo uͤber (oder, um es nochmals zu bemerken, in den Zwiſchenpauſen; am beſten nach) Tiſch Wein trinken; aber mit Diskretion und innerhalb gewiſſer Schranken.
Das uͤber die Wahl der einzelnen Weinſorten zu Tiſch- weinen Geſagte iſt zunaͤchſt vom gewoͤhnlichen, taͤglichen Genuß gemeint. Bei extra Gaſtmaͤhlern bindet man ſich natuͤrlich nicht an jene Regel, ſondern giebt vielmehr keine alltaͤglichen, ſon- dern extra gute und exquiſite Weine.
Wo mehrere Sorten aufgetragen werden, geſchieht dieß am paſſendſten in der Climax adscendens, leichtere, unſchul- digere, ſchwaͤchere voran, und ſtaͤrkere, kraͤftigere, feurigere darauf! — Zum Deſſert paſſen die im mitgetheilten Wein- verzeichniſſe zuletzt genannten Franzoͤſiſchen, Spaniſchen, Ita- lieniſchen ꝛc. Sekte, Ungariſche Ausbruͤche und dergleichen.
Sehr Viele ſind der Meinung, man ſolle, beſonders bei Tiſch, den Wein mit Waſſer vermiſchen. Es iſt noch nicht ent- ſchieden, welchem Sterblichen oder Unſterblichen die Menſchheit dieſe große Erfindung verdankt. Athenaeus ſagt, daß Amphictyon, Koͤnig von Athen, die Menſchen gelehrt habe,
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draͤngt; er wiegt ein Kilogramm, wenn er ein Litre Waſſer
verdraͤngt, und 1000 Kilogramme, wenn er 1000 Litres oder
ein Cubikmeter verdraͤngt, weil 1 Litre reines Waſſer 1 Kilo-
gramm wiegt. — Dieß Alles bedenke man wohl; erwaͤge noch,
daß Wein, den man zu oder (wie man zu ſagen pflegt) auf
den Fiſch trinkt, viel leicher iſt, als Waſſer, Burgunder z. B.
ſich zu Fiſchwaſſer verhaͤlt wie 0,953 zu 1,030, — und man
wird einſehen, was es ſagen will, einen Fiſch ſchwimmen zu
machen. Allerdings wuͤrde der Fiſch um ſo leichter werden, je
ſchwerer die genoſſene Fluͤſſigkeit und der Kopf des Experimen-
tators. O ſolche Metaphern (Metaphern uͤberhaupt) ſind nur
zu oft das groͤßte Ungluͤck der Menſchheit, wenn ſie nicht mit der
Fackel der Naturwiſſenſchaft beleuchtet werden, welches zu thun
ich mich nicht enthalten konnte.
Man ſoll alſo uͤber (oder, um es nochmals zu bemerken,
in den Zwiſchenpauſen; am beſten nach) Tiſch Wein trinken;
aber mit Diskretion und innerhalb gewiſſer Schranken.
Das uͤber die Wahl der einzelnen Weinſorten zu Tiſch-
weinen Geſagte iſt zunaͤchſt vom gewoͤhnlichen, taͤglichen Genuß
gemeint. Bei extra Gaſtmaͤhlern bindet man ſich natuͤrlich nicht
an jene Regel, ſondern giebt vielmehr keine alltaͤglichen, ſon-
dern extra gute und exquiſite Weine.
Wo mehrere Sorten aufgetragen werden, geſchieht dieß
am paſſendſten in der Climax adscendens, leichtere, unſchul-
digere, ſchwaͤchere voran, und ſtaͤrkere, kraͤftigere, feurigere
darauf! — Zum Deſſert paſſen die im mitgetheilten Wein-
verzeichniſſe zuletzt genannten Franzoͤſiſchen, Spaniſchen, Ita-
lieniſchen ꝛc. Sekte, Ungariſche Ausbruͤche und dergleichen.
Sehr Viele ſind der Meinung, man ſolle, beſonders bei
Tiſch, den Wein mit Waſſer vermiſchen. Es iſt noch nicht ent-
ſchieden, welchem Sterblichen oder Unſterblichen die Menſchheit
dieſe große Erfindung verdankt. Athenaeus ſagt, daß
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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/270>, abgerufen am 16.02.2025.
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