Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Lacrymae Christi, Monte Somma, Alliatico, Monte pul-
ciano, Marzala, Syrakuser, Vino santo.

Tokayer, die Ausbrüche von St. Georg, Menesch, Ratsdorf.

Malvasier von Morea und Creta, Muskat von Skio,
Cyprier.

Canarien-Sekt von Palma und Teneriffa, Drakenstein,
Constantia- und Steen-Wein! --

Alle diese, und noch mehr, so wie den rothen und weißen
Schiraz in Persien, und den Wein der Provinz Kacheti in
Georgien kann man in Tiedemann's Physiologie beschrieben
lesen, und bei günstigen Außen- und Innenverhältnissen auch
trinken, durch welches letztere Verfahren man einen noch viel
klareren Begriff davon bekommt. -- O Himmel, wie viel
Begriffe giebt's auf Erden, wovon man keine Idee hat! --
Alle diese nun, -- und man denke noch an die Verschiedenheit
der verschiedenen Jahrgänge, um die ganze Wonne dieser über-
reichen Mannigfaltigkeit zu fassen! -- "o wunderschön ist Gottes
Erde, und werth, darauf vergnügt zu sein!" -- alle diese nun
kann man wählen, wenn man kann.

Welche davon aber soll man wählen, welche eignen sich zu
Tischweinen?

Nach Unzer sind die Gujennischen rothen Weine, Bor-
deaux, Medoc, Pontack, von allen Europäischen Weinen die
besten Tischweine. Weiße Weine überhaupt eignen sich weniger
zu Tischweinen. Alter Rheinwein wäre zum gewöhnlichen
Tischwein zu feurig, junger zu sauer, Mosler zu kühlend,
Eremitage für Viele zu stark. Eben so alle gefrornen Weine.
Auch Champagner und Burgunder ist kein convenirender Tisch-
wein. Süße Weine passen blos zum Dessert.

Nach Tiedemann geben die leichten säuerlichen Weine,
gehörig abgelegen und mäßig genossen, ein passendes Getränk
bei der Mahlzeit ab. Sie löschen den Durst gut, erregen den
Magen gelinde, steigern die Nerventhätigkeit und beschleunigen

Lacrymae Chriſti, Monte Somma, Alliatico, Monte pul-
ciano, Marzala, Syrakuſer, Vino ſanto.

Tokayer, die Ausbruͤche von St. Georg, Meneſch, Ratsdorf.

Malvaſier von Morea und Creta, Muskat von Skio,
Cyprier.

Canarien-Sekt von Palma und Teneriffa, Drakenſtein,
Conſtantia- und Steen-Wein! —

Alle dieſe, und noch mehr, ſo wie den rothen und weißen
Schiraz in Perſien, und den Wein der Provinz Kacheti in
Georgien kann man in Tiedemann’s Phyſiologie beſchrieben
leſen, und bei guͤnſtigen Außen- und Innenverhaͤltniſſen auch
trinken, durch welches letztere Verfahren man einen noch viel
klareren Begriff davon bekommt. — O Himmel, wie viel
Begriffe giebt’s auf Erden, wovon man keine Idee hat! —
Alle dieſe nun, — und man denke noch an die Verſchiedenheit
der verſchiedenen Jahrgaͤnge, um die ganze Wonne dieſer uͤber-
reichen Mannigfaltigkeit zu faſſen! — „o wunderſchoͤn iſt Gottes
Erde, und werth, darauf vergnuͤgt zu ſein!“ — alle dieſe nun
kann man waͤhlen, wenn man kann.

Welche davon aber ſoll man waͤhlen, welche eignen ſich zu
Tiſchweinen?

Nach Unzer ſind die Gujenniſchen rothen Weine, Bor-
deaux, Medoc, Pontack, von allen Europaͤiſchen Weinen die
beſten Tiſchweine. Weiße Weine uͤberhaupt eignen ſich weniger
zu Tiſchweinen. Alter Rheinwein waͤre zum gewoͤhnlichen
Tiſchwein zu feurig, junger zu ſauer, Mosler zu kuͤhlend,
Eremitage fuͤr Viele zu ſtark. Eben ſo alle gefrornen Weine.
Auch Champagner und Burgunder iſt kein convenirender Tiſch-
wein. Suͤße Weine paſſen blos zum Deſſert.

Nach Tiedemann geben die leichten ſaͤuerlichen Weine,
gehoͤrig abgelegen und maͤßig genoſſen, ein paſſendes Getraͤnk
bei der Mahlzeit ab. Sie loͤſchen den Durſt gut, erregen den
Magen gelinde, ſteigern die Nerventhaͤtigkeit und beſchleunigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0267" n="253"/>
        <p>Lacrymae Chri&#x017F;ti, Monte Somma, Alliatico, Monte pul-<lb/>
ciano, Marzala, Syraku&#x017F;er, Vino &#x017F;anto.</p><lb/>
        <p>Tokayer, die Ausbru&#x0364;che von St. Georg, Mene&#x017F;ch, Ratsdorf.</p><lb/>
        <p>Malva&#x017F;ier von Morea und Creta, Muskat von Skio,<lb/>
Cyprier.</p><lb/>
        <p>Canarien-Sekt von Palma und Teneriffa, Draken&#x017F;tein,<lb/>
Con&#x017F;tantia- und Steen-Wein! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Alle die&#x017F;e, und noch mehr, &#x017F;o wie den rothen und weißen<lb/>
Schiraz in Per&#x017F;ien, und den Wein der Provinz Kacheti in<lb/>
Georgien kann man in <hi rendition="#g">Tiedemann&#x2019;s</hi> Phy&#x017F;iologie be&#x017F;chrieben<lb/>
le&#x017F;en, und bei gu&#x0364;n&#x017F;tigen Außen- und Innenverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en auch<lb/>
trinken, durch welches letztere Verfahren man einen noch viel<lb/>
klareren Begriff davon bekommt. &#x2014; O Himmel, wie viel<lb/>
Begriffe giebt&#x2019;s auf Erden, wovon man keine Idee hat! &#x2014;<lb/>
Alle die&#x017F;e nun, &#x2014; und man denke noch an die Ver&#x017F;chiedenheit<lb/>
der ver&#x017F;chiedenen Jahrga&#x0364;nge, um die ganze Wonne die&#x017F;er u&#x0364;ber-<lb/>
reichen Mannigfaltigkeit zu fa&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; &#x201E;o wunder&#x017F;cho&#x0364;n i&#x017F;t Gottes<lb/>
Erde, und werth, darauf vergnu&#x0364;gt zu &#x017F;ein!&#x201C; &#x2014; alle die&#x017F;e nun<lb/>
kann man wa&#x0364;hlen, wenn man kann.</p><lb/>
        <p>Welche davon aber &#x017F;oll man wa&#x0364;hlen, welche eignen &#x017F;ich zu<lb/>
Ti&#x017F;chweinen?</p><lb/>
        <p>Nach <hi rendition="#g">Unzer</hi> &#x017F;ind die Gujenni&#x017F;chen rothen Weine, Bor-<lb/>
deaux, Medoc, Pontack, von allen Europa&#x0364;i&#x017F;chen Weinen die<lb/>
be&#x017F;ten Ti&#x017F;chweine. Weiße Weine u&#x0364;berhaupt eignen &#x017F;ich weniger<lb/>
zu Ti&#x017F;chweinen. Alter Rheinwein wa&#x0364;re zum gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Ti&#x017F;chwein zu feurig, junger zu &#x017F;auer, Mosler zu ku&#x0364;hlend,<lb/>
Eremitage fu&#x0364;r Viele zu &#x017F;tark. Eben &#x017F;o alle gefrornen Weine.<lb/>
Auch Champagner und Burgunder i&#x017F;t kein convenirender Ti&#x017F;ch-<lb/>
wein. Su&#x0364;ße Weine pa&#x017F;&#x017F;en blos zum De&#x017F;&#x017F;ert.</p><lb/>
        <p>Nach <hi rendition="#g">Tiedemann</hi> geben die leichten &#x017F;a&#x0364;uerlichen Weine,<lb/>
geho&#x0364;rig abgelegen und ma&#x0364;ßig geno&#x017F;&#x017F;en, ein pa&#x017F;&#x017F;endes Getra&#x0364;nk<lb/>
bei der Mahlzeit ab. Sie lo&#x0364;&#x017F;chen den Dur&#x017F;t gut, erregen den<lb/>
Magen gelinde, &#x017F;teigern die Nerventha&#x0364;tigkeit und be&#x017F;chleunigen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0267] Lacrymae Chriſti, Monte Somma, Alliatico, Monte pul- ciano, Marzala, Syrakuſer, Vino ſanto. Tokayer, die Ausbruͤche von St. Georg, Meneſch, Ratsdorf. Malvaſier von Morea und Creta, Muskat von Skio, Cyprier. Canarien-Sekt von Palma und Teneriffa, Drakenſtein, Conſtantia- und Steen-Wein! — Alle dieſe, und noch mehr, ſo wie den rothen und weißen Schiraz in Perſien, und den Wein der Provinz Kacheti in Georgien kann man in Tiedemann’s Phyſiologie beſchrieben leſen, und bei guͤnſtigen Außen- und Innenverhaͤltniſſen auch trinken, durch welches letztere Verfahren man einen noch viel klareren Begriff davon bekommt. — O Himmel, wie viel Begriffe giebt’s auf Erden, wovon man keine Idee hat! — Alle dieſe nun, — und man denke noch an die Verſchiedenheit der verſchiedenen Jahrgaͤnge, um die ganze Wonne dieſer uͤber- reichen Mannigfaltigkeit zu faſſen! — „o wunderſchoͤn iſt Gottes Erde, und werth, darauf vergnuͤgt zu ſein!“ — alle dieſe nun kann man waͤhlen, wenn man kann. Welche davon aber ſoll man waͤhlen, welche eignen ſich zu Tiſchweinen? Nach Unzer ſind die Gujenniſchen rothen Weine, Bor- deaux, Medoc, Pontack, von allen Europaͤiſchen Weinen die beſten Tiſchweine. Weiße Weine uͤberhaupt eignen ſich weniger zu Tiſchweinen. Alter Rheinwein waͤre zum gewoͤhnlichen Tiſchwein zu feurig, junger zu ſauer, Mosler zu kuͤhlend, Eremitage fuͤr Viele zu ſtark. Eben ſo alle gefrornen Weine. Auch Champagner und Burgunder iſt kein convenirender Tiſch- wein. Suͤße Weine paſſen blos zum Deſſert. Nach Tiedemann geben die leichten ſaͤuerlichen Weine, gehoͤrig abgelegen und maͤßig genoſſen, ein paſſendes Getraͤnk bei der Mahlzeit ab. Sie loͤſchen den Durſt gut, erregen den Magen gelinde, ſteigern die Nerventhaͤtigkeit und beſchleunigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/267
Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/267>, abgerufen am 28.11.2024.