Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.weckte und zugleich in das tiefste Entsetzen, in die trostloseste Er floh, um sich zunächst auf seinem Schlafkämmerlein Er hatte sich, den Tod erwartend, zu Bette gelegt. Das Wuthentbrannt, mit dem Prügel in der Hand, stürzte Viele Eltern und Erzieher fehlen nun auch darin, daß sie weckte und zugleich in das tiefſte Entſetzen, in die troſtloſeſte Er floh, um ſich zunaͤchſt auf ſeinem Schlafkaͤmmerlein Er hatte ſich, den Tod erwartend, zu Bette gelegt. Das Wuthentbrannt, mit dem Pruͤgel in der Hand, ſtuͤrzte Viele Eltern und Erzieher fehlen nun auch darin, daß ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="180"/> weckte und zugleich in das tiefſte Entſetzen, in die troſtloſeſte<lb/> Angſt ſtuͤrzte.</p><lb/> <p>Er floh, um ſich zunaͤchſt auf ſeinem Schlafkaͤmmerlein<lb/> der Pruͤgelpein, die ſeiner wartete, zu entziehen. Um dahin<lb/> zu gelangen, mußte er vor der Materialkammer vorbei. Sein<lb/> Entſchluß war gefaßt. Der ſo oft und ſchwer Mißhandelte,<lb/> dießmal das Qualvollſte fuͤrchtend, gleich maͤchtig niedergedruͤckt<lb/> von Gewiſſensbiſſen und Furcht, ergriff ein großes Glas, deſſen<lb/> Inhalt ihm ſein Herr warnend als ein neues, erſt aus Braſi-<lb/> lien angekommenes, Gift bezeichnet hatte, nahm es mit in ſein<lb/> Kaͤmmerlein, und genoß die toͤdtliche Speiſe.</p><lb/> <p>Er hatte ſich, den Tod erwartend, zu Bette gelegt. Das<lb/> Gift aber wirkte langſam, ſo daß er, um ſein Ende zu be-<lb/> ſchleunigen, den ganzen Inhalt des Glaſes, welcher nichts<lb/> weniger als bitter ſchmeckte, zu ſich zu nehmen veranlaßt wird.</p><lb/> <p>Wuthentbrannt, mit dem Pruͤgel in der Hand, ſtuͤrzte<lb/> nun der Herr herein. — Um Gotteswillen, winſelte der ge-<lb/> aͤngſtigte Lehrling, laſſen Sie mich ruhig ſterben, ich habe mich<lb/> vergiftet. — Jetzt kehrte ſich der Schreck ploͤtzlich dem Apo-<lb/> theker zu. In Nu ſtanden alle die Giftarten ihm vor Augen,<lb/> die er zu Nutz und Frommen der leidenden Menſchheit und<lb/> Viehheit vorraͤthig hatte und, ſtatt loszuſchlagen, fragte er<lb/> aͤngſtlich theilnehmend nach dem Namen des gewaͤhlten Giftes.<lb/> Weinend deutete der Lehrling auf das leere Zuckerglas. Es<lb/> waren eingezuckerte Nuͤſſe geweſen, die der Herr dem Lehrling<lb/> als Gift angegeben hatte, um ſie um ſo ſicherer vor deſſen<lb/> Naſchhaftigkeit zu ſchuͤtzen. — So ſind denn Nuͤſſe und Ferkel<lb/> zum Teufel, ſchrie der Apotheker, und zerplatzte vor Lachen.<lb/> „Handwerker trugen ihn. Kein Geiſtlicher hat ihn begleitet.“</p><lb/> <p>Viele Eltern und Erzieher fehlen nun auch darin, daß ſie<lb/> der Jugend das Brodeſſen uͤber Tiſch und zu allen und mit<lb/> allen Speiſen zu ſehr einſchaͤrfen. Es iſt gar nicht ſelten, daß<lb/> man Brod zur Suppe eſſen ſieht, welches einem beobachtenden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [180/0194]
weckte und zugleich in das tiefſte Entſetzen, in die troſtloſeſte
Angſt ſtuͤrzte.
Er floh, um ſich zunaͤchſt auf ſeinem Schlafkaͤmmerlein
der Pruͤgelpein, die ſeiner wartete, zu entziehen. Um dahin
zu gelangen, mußte er vor der Materialkammer vorbei. Sein
Entſchluß war gefaßt. Der ſo oft und ſchwer Mißhandelte,
dießmal das Qualvollſte fuͤrchtend, gleich maͤchtig niedergedruͤckt
von Gewiſſensbiſſen und Furcht, ergriff ein großes Glas, deſſen
Inhalt ihm ſein Herr warnend als ein neues, erſt aus Braſi-
lien angekommenes, Gift bezeichnet hatte, nahm es mit in ſein
Kaͤmmerlein, und genoß die toͤdtliche Speiſe.
Er hatte ſich, den Tod erwartend, zu Bette gelegt. Das
Gift aber wirkte langſam, ſo daß er, um ſein Ende zu be-
ſchleunigen, den ganzen Inhalt des Glaſes, welcher nichts
weniger als bitter ſchmeckte, zu ſich zu nehmen veranlaßt wird.
Wuthentbrannt, mit dem Pruͤgel in der Hand, ſtuͤrzte
nun der Herr herein. — Um Gotteswillen, winſelte der ge-
aͤngſtigte Lehrling, laſſen Sie mich ruhig ſterben, ich habe mich
vergiftet. — Jetzt kehrte ſich der Schreck ploͤtzlich dem Apo-
theker zu. In Nu ſtanden alle die Giftarten ihm vor Augen,
die er zu Nutz und Frommen der leidenden Menſchheit und
Viehheit vorraͤthig hatte und, ſtatt loszuſchlagen, fragte er
aͤngſtlich theilnehmend nach dem Namen des gewaͤhlten Giftes.
Weinend deutete der Lehrling auf das leere Zuckerglas. Es
waren eingezuckerte Nuͤſſe geweſen, die der Herr dem Lehrling
als Gift angegeben hatte, um ſie um ſo ſicherer vor deſſen
Naſchhaftigkeit zu ſchuͤtzen. — So ſind denn Nuͤſſe und Ferkel
zum Teufel, ſchrie der Apotheker, und zerplatzte vor Lachen.
„Handwerker trugen ihn. Kein Geiſtlicher hat ihn begleitet.“
Viele Eltern und Erzieher fehlen nun auch darin, daß ſie
der Jugend das Brodeſſen uͤber Tiſch und zu allen und mit
allen Speiſen zu ſehr einſchaͤrfen. Es iſt gar nicht ſelten, daß
man Brod zur Suppe eſſen ſieht, welches einem beobachtenden
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