Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.Mit Recht sind die Naturwissenschaften und Realia in un- Der kluge Sirach ist meines Wissens der erste Schrift- Niemand wird von Jemand, der nicht essen kann, sagen, Als Vorbereitungsregel mag in Erinnerung gebracht sein, Zobel ermahnt: "Mache im Hinunterschlingen keinen lau- Mit Recht ſind die Naturwiſſenſchaften und Realia in un- Der kluge Sirach iſt meines Wiſſens der erſte Schrift- Niemand wird von Jemand, der nicht eſſen kann, ſagen, Als Vorbereitungsregel mag in Erinnerung gebracht ſein, Zobel ermahnt: „Mache im Hinunterſchlingen keinen lau- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0179" n="165"/> <p>Mit Recht ſind die Naturwiſſenſchaften und Realia in un-<lb/> ſeren gelehrten Schulplanen ganz unbeachtet geblieben, indem<lb/> Natur und Gelehrſamkeit ſich durchaus widerſprechen. Um ſo<lb/> ergaͤnzender und nothwendiger duͤrfte die heutige Vorleſung den-<lb/> kender Paͤdagogen ſich anbieten.</p><lb/> <p>Der kluge <hi rendition="#g">Sirach</hi> iſt meines Wiſſens der erſte Schrift-<lb/> ſteller, welcher paͤdagogiſche Eßregeln gegeben. Spaͤtere Aukto-<lb/> ren haben dieſelben nur erweitert. Wer z. B. <hi rendition="#g">Hager</hi>’s Ju-<lb/> gendſpiegel (Hamburg 1643), des Magiſter <hi rendition="#g">Graf</hi> hoͤflichen Schuͤ-<lb/> ler (Augsburg 1750), <hi rendition="#g">Zobel</hi>’s Hand- und Reiſebuch (Altdorf<lb/> 1755) u. a. vergleicht, wird eine merkwuͤrdige Uebereinſtimmung<lb/> auch der Form und Ausdrucksweiſe finden. Syſtematiſche Ord-<lb/> nung fehlt aber durchaus. Ich werde beſtrebt ſein, etwas da-<lb/> von hinein zu bringen.</p><lb/> <p>Niemand wird von Jemand, der nicht eſſen kann, ſagen,<lb/> er wiſſe zu leben. Was aber in dieſer Abſicht ſchon in den fruͤ-<lb/> heren Vorleſungen Artiſtiſches, Moraliſches und Diaͤtetiſches<lb/> bemerkt iſt, ſoll hier nicht noch einmal bemerkt werden. Nun<lb/> gilt das Beſondere, ja Beſonderſte.</p><lb/> <p>Als Vorbereitungsregel mag in Erinnerung gebracht ſein,<lb/> daß es Alt und Jung fein laͤßt, wenn man gekaͤmmt und ge-<lb/> waſchen iſt, und die Naͤgel huͤbſch abgeſchnitten ſind, ehe man<lb/> zu Tiſche geht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zobel</hi> ermahnt: „Mache im Hinunterſchlingen keinen lau-<lb/> ten Ton. Wenn das Halstuch zu enge zugezogen waͤre, welches<lb/> dergleichen Geraͤuſch verurſacht, ſo kann man ſolches ein wenig<lb/> oͤffnen.“ — Raͤthlicher iſt’s jedenfalls, ſchon vorher das Hals-<lb/> tuch nicht zu feſt zu binden. Ueberhaupt ſind die unpaſſenden,<lb/> ungeſunden und unbequemen, unſchoͤnen und hoͤchſt zweckwidri-<lb/> gen engen Kleider gaͤnzlich zu verwerfen. Der Eßkuͤnſtler traͤgt<lb/> durchaus weite Gewaͤnder, denn er hat Geſchmack, und liebt<lb/> eine ſchoͤne Drapperie.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [165/0179]
Mit Recht ſind die Naturwiſſenſchaften und Realia in un-
ſeren gelehrten Schulplanen ganz unbeachtet geblieben, indem
Natur und Gelehrſamkeit ſich durchaus widerſprechen. Um ſo
ergaͤnzender und nothwendiger duͤrfte die heutige Vorleſung den-
kender Paͤdagogen ſich anbieten.
Der kluge Sirach iſt meines Wiſſens der erſte Schrift-
ſteller, welcher paͤdagogiſche Eßregeln gegeben. Spaͤtere Aukto-
ren haben dieſelben nur erweitert. Wer z. B. Hager’s Ju-
gendſpiegel (Hamburg 1643), des Magiſter Graf hoͤflichen Schuͤ-
ler (Augsburg 1750), Zobel’s Hand- und Reiſebuch (Altdorf
1755) u. a. vergleicht, wird eine merkwuͤrdige Uebereinſtimmung
auch der Form und Ausdrucksweiſe finden. Syſtematiſche Ord-
nung fehlt aber durchaus. Ich werde beſtrebt ſein, etwas da-
von hinein zu bringen.
Niemand wird von Jemand, der nicht eſſen kann, ſagen,
er wiſſe zu leben. Was aber in dieſer Abſicht ſchon in den fruͤ-
heren Vorleſungen Artiſtiſches, Moraliſches und Diaͤtetiſches
bemerkt iſt, ſoll hier nicht noch einmal bemerkt werden. Nun
gilt das Beſondere, ja Beſonderſte.
Als Vorbereitungsregel mag in Erinnerung gebracht ſein,
daß es Alt und Jung fein laͤßt, wenn man gekaͤmmt und ge-
waſchen iſt, und die Naͤgel huͤbſch abgeſchnitten ſind, ehe man
zu Tiſche geht.
Zobel ermahnt: „Mache im Hinunterſchlingen keinen lau-
ten Ton. Wenn das Halstuch zu enge zugezogen waͤre, welches
dergleichen Geraͤuſch verurſacht, ſo kann man ſolches ein wenig
oͤffnen.“ — Raͤthlicher iſt’s jedenfalls, ſchon vorher das Hals-
tuch nicht zu feſt zu binden. Ueberhaupt ſind die unpaſſenden,
ungeſunden und unbequemen, unſchoͤnen und hoͤchſt zweckwidri-
gen engen Kleider gaͤnzlich zu verwerfen. Der Eßkuͤnſtler traͤgt
durchaus weite Gewaͤnder, denn er hat Geſchmack, und liebt
eine ſchoͤne Drapperie.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |