Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.Ferner 6 bis 8 Borsdorferäpfel, eben so viele feste, abgekochte Doch ich fühle, daß ich hiermit von dem Gebiete der Eß- Ich kann mich aber eines nochmaligen Hinblickes auf die 11
Ferner 6 bis 8 Borsdorferaͤpfel, eben ſo viele feſte, abgekochte Doch ich fuͤhle, daß ich hiermit von dem Gebiete der Eß- Ich kann mich aber eines nochmaligen Hinblickes auf die 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0175" n="161"/> Ferner 6 bis 8 Borsdorferaͤpfel, eben ſo viele feſte, abgekochte<lb/> Kartoffeln, einige ebenfalls gekochte (?) Sellerieſtauden, einige<lb/> Scheiben eingemachte rothe Ruͤben, Aſiagurken oder kleine Eſſig-<lb/> gurken und ein tuͤchtiges Stuͤck kalten Kalbsbraten. Dieſes<lb/> Alles in demſelben Format geſchnitten, und nach Belieben etwas<lb/> gehackte Zwiebel und Peterſilie dazu. Hierrauf verruͤhrt man<lb/> ein paar hartgeſottene Eidotter mit einem Loͤffel Senf und der<lb/> gehackten Haͤringsmilch klar, gießt Eſſig, Oel und Kapern daran,<lb/> miſcht hierauf die geſchnittenen Ingredienzen hinzu und ſtreut<lb/> geſtoßenen Pfeffer daruͤber. Auch dieſer Salat iſt durch die Zu-<lb/> that einiger in Stuͤcken geſchnittener Bricken ſehr zu veredeln. —</p><lb/> <p>Doch ich fuͤhle, daß ich hiermit von dem Gebiete der Eß-<lb/> kunſt mich zu ſehr in das der Kochkunſt verſteige, wollte aber<lb/> dieſe Formeln, deren ſinnige Anordnung ich zwar nicht verkenne,<lb/> ohngefaͤhr als die aͤußerſten Grenzen gehaͤufter Gegenſaͤtze dar-<lb/> legen, wenn anders nicht dieſe Grenzen dadurch ſchon uͤber-<lb/> ſchritten ſind. Jedenfalls ſind dieſe Salate ſchon ſehr gekuͤnſtelt,<lb/> uͤberpikant, und daher wohl dem durch Schlemmerei verdorbenen<lb/> Magen eines unkuͤnſtleriſchen Eſſers zuſagender, als dem eines<lb/> geſunden wahrhaften Eßkuͤnſtlers; aber gut ſchmecken ſie doch.</p><lb/> <p>Ich kann mich aber eines nochmaligen Hinblickes auf die<lb/> Kochkunſt aus dem Grunde nicht wohl entſchlagen, weil ja der<lb/> Eßkuͤnſtler, ohne daß ihm der Koch in die Haͤnde arbeitet,<lb/> uͤberhaupt nichts zu leiſten vermag. Was helfen die Grund-<lb/> ſaͤtze: je zu animaliſchen Gegenſaͤtzen entſprechende vegetabiliſche<lb/> zu waͤhlen, wenn dieſe ſelbſt nicht gegeben ſind? — Ich beſitze<lb/> viele alte und neue Kochbuͤcher mit, auf Extrabeilagen, fuͤr<lb/> runde ſowohl als oblonge Tafeln, genau verſinnlichten Anga-<lb/> ben, wie die einzelnen Speiſen und Trachten, welche ſpeziell<lb/> benannt ſind, aufzutragen und zu ſtellen ſeien. Alle laſſen je-<lb/> doch beklagen, daß die Lehre von den Gegenſaͤtzen auf bedauer-<lb/> liche Art verkannt und hintangeſetzt, ja in einigen kaum be-<lb/> achtet iſt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">11</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [161/0175]
Ferner 6 bis 8 Borsdorferaͤpfel, eben ſo viele feſte, abgekochte
Kartoffeln, einige ebenfalls gekochte (?) Sellerieſtauden, einige
Scheiben eingemachte rothe Ruͤben, Aſiagurken oder kleine Eſſig-
gurken und ein tuͤchtiges Stuͤck kalten Kalbsbraten. Dieſes
Alles in demſelben Format geſchnitten, und nach Belieben etwas
gehackte Zwiebel und Peterſilie dazu. Hierrauf verruͤhrt man
ein paar hartgeſottene Eidotter mit einem Loͤffel Senf und der
gehackten Haͤringsmilch klar, gießt Eſſig, Oel und Kapern daran,
miſcht hierauf die geſchnittenen Ingredienzen hinzu und ſtreut
geſtoßenen Pfeffer daruͤber. Auch dieſer Salat iſt durch die Zu-
that einiger in Stuͤcken geſchnittener Bricken ſehr zu veredeln. —
Doch ich fuͤhle, daß ich hiermit von dem Gebiete der Eß-
kunſt mich zu ſehr in das der Kochkunſt verſteige, wollte aber
dieſe Formeln, deren ſinnige Anordnung ich zwar nicht verkenne,
ohngefaͤhr als die aͤußerſten Grenzen gehaͤufter Gegenſaͤtze dar-
legen, wenn anders nicht dieſe Grenzen dadurch ſchon uͤber-
ſchritten ſind. Jedenfalls ſind dieſe Salate ſchon ſehr gekuͤnſtelt,
uͤberpikant, und daher wohl dem durch Schlemmerei verdorbenen
Magen eines unkuͤnſtleriſchen Eſſers zuſagender, als dem eines
geſunden wahrhaften Eßkuͤnſtlers; aber gut ſchmecken ſie doch.
Ich kann mich aber eines nochmaligen Hinblickes auf die
Kochkunſt aus dem Grunde nicht wohl entſchlagen, weil ja der
Eßkuͤnſtler, ohne daß ihm der Koch in die Haͤnde arbeitet,
uͤberhaupt nichts zu leiſten vermag. Was helfen die Grund-
ſaͤtze: je zu animaliſchen Gegenſaͤtzen entſprechende vegetabiliſche
zu waͤhlen, wenn dieſe ſelbſt nicht gegeben ſind? — Ich beſitze
viele alte und neue Kochbuͤcher mit, auf Extrabeilagen, fuͤr
runde ſowohl als oblonge Tafeln, genau verſinnlichten Anga-
ben, wie die einzelnen Speiſen und Trachten, welche ſpeziell
benannt ſind, aufzutragen und zu ſtellen ſeien. Alle laſſen je-
doch beklagen, daß die Lehre von den Gegenſaͤtzen auf bedauer-
liche Art verkannt und hintangeſetzt, ja in einigen kaum be-
achtet iſt.
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