keines der Eßkunst gegeben. Er sagt zwar: Gewiß soll der Mensch aus Gesundheit freudig, aus Ueberzeugung mäßig, aus Verständigkeit gut essen. -- Es kann aber dieser, allerdings wahre Satz dennoch nicht als Prinzip gelten. Ueberhaupt be- trifft die von Herrn von Rumohr gegebene Erziehung zum Essen etwas ganz Anderes als das Essen, ist allegorischer Be- deutung, und macht die Ermittlung eines Eßprinzips sowohl, als diese Vorlesungen über Eßkunst überhaupt nichts weniger als entbehrlich.
Die Gemeinsprüche zum Lobe der Mittelmäßigkeit und Mäßigkeit, wie man sie so oft hört und liest, können eben so wenig als Prinzip angesprochen werden. Auch die allgemeinen Hinweisungen auf den Instinkt als Richter hierüber entbehren wissenschaftlicher Apodiktik, und bezeichnen einen zu tiefen Stand- punkt, auf welchem das Essen noch gar nicht als Kunst erkannt und begriffen ist.
Die bereits kritisirte Maxime: höre auf, wenn es dir am besten schmeckt, -- schreckt Gebildete schon durch ihre stoische Rauhheit ab; könnte aber auch schon deßhalb nicht genügen, weil dadurch über Was und Wie durchaus nichts ausgesagt ist. Es verhält sich damit, wie mit einer Dramaturgie, welche blos vom fünften Akt handelte, oder denjenigen Moralisten, welche in dem Satze: "Lebe, wie du, wenn du stirbst, wünschen wirst, gelebt zu haben" auch ein Prinzip gefunden zu haben glauben. Abgesehen von der objektiven Inhaltlosigkeit solcher Maximen, wird dadurch obendrein der ganze Spaß verdorben. Wenn ich aufhören soll, wenn es mir am besten schmeckt, schmeckt es mir überhaupt nicht. Dieser dumpfe Aegyptische Styl paßt offenbar nicht mehr für eine höher und heiter gebildete Menschheit, und man möchte mit Fallstaff zur Mamsell Dortchen Lockenreißer sagen: Sprich doch nicht wie ein Todenkopf, erinnere mich nicht an's Ende!
keines der Eßkunſt gegeben. Er ſagt zwar: Gewiß ſoll der Menſch aus Geſundheit freudig, aus Ueberzeugung maͤßig, aus Verſtaͤndigkeit gut eſſen. — Es kann aber dieſer, allerdings wahre Satz dennoch nicht als Prinzip gelten. Ueberhaupt be- trifft die von Herrn von Rumohr gegebene Erziehung zum Eſſen etwas ganz Anderes als das Eſſen, iſt allegoriſcher Be- deutung, und macht die Ermittlung eines Eßprinzips ſowohl, als dieſe Vorleſungen uͤber Eßkunſt uͤberhaupt nichts weniger als entbehrlich.
Die Gemeinſpruͤche zum Lobe der Mittelmaͤßigkeit und Maͤßigkeit, wie man ſie ſo oft hoͤrt und lieſt, koͤnnen eben ſo wenig als Prinzip angeſprochen werden. Auch die allgemeinen Hinweiſungen auf den Inſtinkt als Richter hieruͤber entbehren wiſſenſchaftlicher Apodiktik, und bezeichnen einen zu tiefen Stand- punkt, auf welchem das Eſſen noch gar nicht als Kunſt erkannt und begriffen iſt.
Die bereits kritiſirte Maxime: hoͤre auf, wenn es dir am beſten ſchmeckt, — ſchreckt Gebildete ſchon durch ihre ſtoiſche Rauhheit ab; koͤnnte aber auch ſchon deßhalb nicht genuͤgen, weil dadurch uͤber Was und Wie durchaus nichts ausgeſagt iſt. Es verhaͤlt ſich damit, wie mit einer Dramaturgie, welche blos vom fuͤnften Akt handelte, oder denjenigen Moraliſten, welche in dem Satze: „Lebe, wie du, wenn du ſtirbſt, wuͤnſchen wirſt, gelebt zu haben“ auch ein Prinzip gefunden zu haben glauben. Abgeſehen von der objektiven Inhaltloſigkeit ſolcher Maximen, wird dadurch obendrein der ganze Spaß verdorben. Wenn ich aufhoͤren ſoll, wenn es mir am beſten ſchmeckt, ſchmeckt es mir uͤberhaupt nicht. Dieſer dumpfe Aegyptiſche Styl paßt offenbar nicht mehr fuͤr eine hoͤher und heiter gebildete Menſchheit, und man moͤchte mit Fallſtaff zur Mamſell Dortchen Lockenreißer ſagen: Sprich doch nicht wie ein Todenkopf, erinnere mich nicht an’s Ende!
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Verſtaͤndigkeit gut eſſen. — Es kann aber dieſer, allerdings
wahre Satz dennoch nicht als Prinzip gelten. Ueberhaupt be-
trifft die von Herrn von Rumohr gegebene Erziehung zum
Eſſen etwas ganz Anderes als das Eſſen, iſt allegoriſcher Be-
deutung, und macht die Ermittlung eines Eßprinzips ſowohl,
als dieſe Vorleſungen uͤber Eßkunſt uͤberhaupt nichts weniger
als entbehrlich.
Die Gemeinſpruͤche zum Lobe der Mittelmaͤßigkeit und
Maͤßigkeit, wie man ſie ſo oft hoͤrt und lieſt, koͤnnen eben ſo
wenig als Prinzip angeſprochen werden. Auch die allgemeinen
Hinweiſungen auf den Inſtinkt als Richter hieruͤber entbehren
wiſſenſchaftlicher Apodiktik, und bezeichnen einen zu tiefen Stand-
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und begriffen iſt.
Die bereits kritiſirte Maxime: hoͤre auf, wenn es dir am
beſten ſchmeckt, — ſchreckt Gebildete ſchon durch ihre ſtoiſche
Rauhheit ab; koͤnnte aber auch ſchon deßhalb nicht genuͤgen,
weil dadurch uͤber Was und Wie durchaus nichts ausgeſagt iſt.
Es verhaͤlt ſich damit, wie mit einer Dramaturgie, welche blos
vom fuͤnften Akt handelte, oder denjenigen Moraliſten, welche
in dem Satze:
„Lebe, wie du, wenn du ſtirbſt, wuͤnſchen wirſt, gelebt zu haben“
auch ein Prinzip gefunden zu haben glauben. Abgeſehen von
der objektiven Inhaltloſigkeit ſolcher Maximen, wird dadurch
obendrein der ganze Spaß verdorben. Wenn ich aufhoͤren ſoll,
wenn es mir am beſten ſchmeckt, ſchmeckt es mir uͤberhaupt
nicht. Dieſer dumpfe Aegyptiſche Styl paßt offenbar nicht mehr
fuͤr eine hoͤher und heiter gebildete Menſchheit, und man moͤchte
mit Fallſtaff zur Mamſell Dortchen Lockenreißer ſagen:
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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/158>, abgerufen am 23.07.2024.
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