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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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"Ist er tot, -- -- -- untreu?" fuhr es ihm durch
den Kopf, und er konnte seine eignen Gefühle dabei
nicht recht deutlich unterscheiden.

"Nein, -- nein!" widersprach sie hastig, "-- es ist
nur, -- ja, etwas Schlimmes."

"Kann ich es nicht wissen? -- -- Nein, natürlich
nicht, wenn du nicht magst." --

"Doch, -- warum denn nicht? -- -- Es ist ja,"
-- sie stockte, und setzte dann leise, fast scheu hinzu:

"Er will, daß wir uns heiraten sollen."

"Heiraten!"

Er rief es zuerst ganz konsterniert; gleich darauf
bemerkte er aber selbst: "Ja, lieber Gott, warum auch
nicht? Das ist doch eigentlich ganz natürlich? Hast du
denn nicht selber schon an dieses Ende gedacht?"

"-- Ich? -- Nein, -- ich, -- es schien ja aus äu¬
ßern Gründen zunächst so ganz unmöglich, -- ich meine:
es ging eben noch nicht, -- so daß man nicht daran
denken konnte, -- -- nicht zu denken brauchte," er¬
widerte sie, noch ebenso scheu und verwirrt, -- bedrückt.

"Nun -- und jetzt?"

"-- Er hat irgend eine Anstellung im Süden er¬
halten, -- was weiß ich, ach, ich weiß nicht. --
-- Mir ist so furchtbar zu Mut," sagte sie hilflos, und
sah aus, als ob sie gleich anfangen wollte loszuweinen.

Max Werner bog in eine kurze breite Nebenstraße
ein, wo sie vor der Menschenmenge auf dem Newskij¬
prospekt sicher waren. Nur ein paar Kinder rutschten
spielend und schreiend auf einem schneefreien Eisstreifen
längs dem Damm umher.

„Iſt er tot, — — — untreu?“ fuhr es ihm durch
den Kopf, und er konnte ſeine eignen Gefühle dabei
nicht recht deutlich unterſcheiden.

„Nein, — nein!“ widerſprach ſie haſtig, „— es iſt
nur, — ja, etwas Schlimmes.“

„Kann ich es nicht wiſſen? — — Nein, natürlich
nicht, wenn du nicht magſt.“ —

„Doch, — warum denn nicht? — — Es iſt ja,“
— ſie ſtockte, und ſetzte dann leiſe, faſt ſcheu hinzu:

„Er will, daß wir uns heiraten ſollen.“

„Heiraten!“

Er rief es zuerſt ganz konſterniert; gleich darauf
bemerkte er aber ſelbſt: „Ja, lieber Gott, warum auch
nicht? Das iſt doch eigentlich ganz natürlich? Haſt du
denn nicht ſelber ſchon an dieſes Ende gedacht?“

„— Ich? — Nein, — ich, — es ſchien ja aus äu¬
ßern Gründen zunächſt ſo ganz unmöglich, — ich meine:
es ging eben noch nicht, — ſo daß man nicht daran
denken konnte, — — nicht zu denken brauchte,“ er¬
widerte ſie, noch ebenſo ſcheu und verwirrt, — bedrückt.

„Nun — und jetzt?“

„— Er hat irgend eine Anſtellung im Süden er¬
halten, — was weiß ich, ach, ich weiß nicht. —
— Mir iſt ſo furchtbar zu Mut,“ ſagte ſie hilflos, und
ſah aus, als ob ſie gleich anfangen wollte loszuweinen.

Max Werner bog in eine kurze breite Nebenſtraße
ein, wo ſie vor der Menſchenmenge auf dem Newskij¬
proſpekt ſicher waren. Nur ein paar Kinder rutſchten
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[79/0083] — 79 — „Iſt er tot, — — — untreu?“ fuhr es ihm durch den Kopf, und er konnte ſeine eignen Gefühle dabei nicht recht deutlich unterſcheiden. „Nein, — nein!“ widerſprach ſie haſtig, „— es iſt nur, — ja, etwas Schlimmes.“ „Kann ich es nicht wiſſen? — — Nein, natürlich nicht, wenn du nicht magſt.“ — „Doch, — warum denn nicht? — — Es iſt ja,“ — ſie ſtockte, und ſetzte dann leiſe, faſt ſcheu hinzu: „Er will, daß wir uns heiraten ſollen.“ „Heiraten!“ Er rief es zuerſt ganz konſterniert; gleich darauf bemerkte er aber ſelbſt: „Ja, lieber Gott, warum auch nicht? Das iſt doch eigentlich ganz natürlich? Haſt du denn nicht ſelber ſchon an dieſes Ende gedacht?“ „— Ich? — Nein, — ich, — es ſchien ja aus äu¬ ßern Gründen zunächſt ſo ganz unmöglich, — ich meine: es ging eben noch nicht, — ſo daß man nicht daran denken konnte, — — nicht zu denken brauchte,“ er¬ widerte ſie, noch ebenſo ſcheu und verwirrt, — bedrückt. „Nun — und jetzt?“ „— Er hat irgend eine Anſtellung im Süden er¬ halten, — was weiß ich, ach, ich weiß nicht. — — Mir iſt ſo furchtbar zu Mut,“ ſagte ſie hilflos, und ſah aus, als ob ſie gleich anfangen wollte loszuweinen. Max Werner bog in eine kurze breite Nebenſtraße ein, wo ſie vor der Menſchenmenge auf dem Newskij¬ proſpekt ſicher waren. Nur ein paar Kinder rutſchten ſpielend und ſchreiend auf einem ſchneefreien Eisſtreifen längs dem Damm umher.

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/83>, abgerufen am 24.11.2024.