Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Sie hatte die Thür geöffnet, und der Portier mit Fenia blieb auf der Schwelle stehn, besah die Brief¬ "Ich beabsichtigte eigentlich noch nicht, hinaufzugehn, Er ließ sie lesen, während sie die Straße lang¬ Als Fenia aber den Brief eingesteckt hatte und, wie Der Ausdruck ihres Gesichtes hatte sich ganz ver¬ "Fenia!" sagte er halblaut, "-- was ist dir? was Sie hatte die Thür geöffnet, und der Portier mit Fenia blieb auf der Schwelle ſtehn, beſah die Brief¬ „Ich beabſichtigte eigentlich noch nicht, hinaufzugehn, Er ließ ſie leſen, während ſie die Straße lang¬ Als Fenia aber den Brief eingeſteckt hatte und, wie Der Ausdruck ihres Geſichtes hatte ſich ganz ver¬ „Fenia!“ ſagte er halblaut, „— was iſt dir? was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="78"/> <fw type="pageNum" place="top">— 78 —<lb/></fw> <p>Sie hatte die Thür geöffnet, und der Portier mit<lb/> den Silberlitzen kam dienſtbefliſſen herbei, wollte hinter<lb/> ihr ſchließen, und händigte ihr zugleich zwei inzwiſchen<lb/> eingelaufene Briefe ein.</p><lb/> <p>Fenia blieb auf der Schwelle ſtehn, beſah die Brief¬<lb/> adreſſen und bemerkte dabei zu Max:</p><lb/> <p>„Ich beabſichtigte eigentlich noch nicht, hinaufzugehn,<lb/> wir können alſo gern noch ein wenig draußen bleiben,<lb/> — aber ich erwartete Nachrichten, und deshalb“ — ſie<lb/> warf einen ſchalkhaften Seitenblick auf ihn und fügte<lb/> hinzu: „— Dieſen einen, ſiehſt du, der ohne Marke her¬<lb/> gebracht worden iſt, den muß ich gleich leſen. Es han¬<lb/> delt ſich um die Verabredung einer Stunde zu heute —<lb/> oder morgen.“</p><lb/> <p>Er ließ ſie leſen, während ſie die Straße lang¬<lb/> ſam entlang ſchritten, und muſterte dabei ungeduldig<lb/> den Sand und Schnee auf dem Trottoir zu ſeinen Füßen.<lb/> Heute morgen kam ihm Fenias Auserwählter etwas in<lb/> die Quere.</p><lb/> <p>Als Fenia aber den Brief eingeſteckt hatte und, wie<lb/> ihm ſchien, Minuten vergingen, ohne daß ſie ſprach,<lb/> ſah er ſcharf nach ihr hin.</p><lb/> <p>Der Ausdruck ihres Geſichtes hatte ſich ganz ver¬<lb/> wandelt, — zum Erſchrecken verwandelt hatte er ſich.<lb/> Sie war erblaßt, um den Mund ein geſpannter, ner¬<lb/> vöſer Zug, ihre Augen blickten mit einer gewiſſen ver¬<lb/> wirrten Anſtrengung grade vor ſich hin.</p><lb/> <p>„Fenia!“ ſagte er halblaut, „— was iſt dir? was<lb/> iſt denn geſchehen? Steht im Brief irgend etwas<lb/> Schlimmes?“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [78/0082]
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Sie hatte die Thür geöffnet, und der Portier mit
den Silberlitzen kam dienſtbefliſſen herbei, wollte hinter
ihr ſchließen, und händigte ihr zugleich zwei inzwiſchen
eingelaufene Briefe ein.
Fenia blieb auf der Schwelle ſtehn, beſah die Brief¬
adreſſen und bemerkte dabei zu Max:
„Ich beabſichtigte eigentlich noch nicht, hinaufzugehn,
wir können alſo gern noch ein wenig draußen bleiben,
— aber ich erwartete Nachrichten, und deshalb“ — ſie
warf einen ſchalkhaften Seitenblick auf ihn und fügte
hinzu: „— Dieſen einen, ſiehſt du, der ohne Marke her¬
gebracht worden iſt, den muß ich gleich leſen. Es han¬
delt ſich um die Verabredung einer Stunde zu heute —
oder morgen.“
Er ließ ſie leſen, während ſie die Straße lang¬
ſam entlang ſchritten, und muſterte dabei ungeduldig
den Sand und Schnee auf dem Trottoir zu ſeinen Füßen.
Heute morgen kam ihm Fenias Auserwählter etwas in
die Quere.
Als Fenia aber den Brief eingeſteckt hatte und, wie
ihm ſchien, Minuten vergingen, ohne daß ſie ſprach,
ſah er ſcharf nach ihr hin.
Der Ausdruck ihres Geſichtes hatte ſich ganz ver¬
wandelt, — zum Erſchrecken verwandelt hatte er ſich.
Sie war erblaßt, um den Mund ein geſpannter, ner¬
vöſer Zug, ihre Augen blickten mit einer gewiſſen ver¬
wirrten Anſtrengung grade vor ſich hin.
„Fenia!“ ſagte er halblaut, „— was iſt dir? was
iſt denn geſchehen? Steht im Brief irgend etwas
Schlimmes?“
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