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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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dir, -- vielleicht kann ich ,ihn' nur noch wenige Male
wiedersehen."

Er blieb stehn.

"Wie das, -- warum?!"

"Es hat sich so zugespitzt -- all das mit den Heim¬
lichkeiten. Wir sind nicht mehr sicher, -- nirgends mehr.
Es geht einfach nicht mehr. Es geht absolut nicht,"

"-- Und gar kein Ausweg? man findet ihn ja doch
schließlich in solchen Fällen."

Fenia schüttelte den Kopf.

"Im Auslande zu leben wäre einer, -- ja. Aber
ich bin hier durch meine Stellung gebunden, und habe
keine andern Existenzmittel. Und im Ausland wär
es dasselbe -- in einer Stellung. Es scheint, man muß
reich sein dazu. Lehrerinnen sind, scheint es, davon aus¬
geschlossen."

"Aber deshalb könnt ihr doch nicht auseinander¬
gehn?!"

Fenia lachte dazu unwillkürlich. Ihr ganzer froher
Unglaube an irgend ein Auseinandergehn lachte aus
ihren Augen. Aber die Augen waren gerötet wie vom
Weinen.

"Wir haben eben die Wahl zwischen zwei Unmög¬
lichkeiten," sagte sie, noch lächelnd, und ging langsam
weiter, "-- ich war so tief im Glück und Frieden, weißt
du, daß ich noch ganz dumm bin: ich begreif's noch gar
nicht, daß es Sorgen giebt -- im Himmel."

Sie standen an ihrer Hausthür.

"Höre, Fenia," bat er, "laß uns doch noch ein
wenig zusammen bleiben, -- kann ich nicht hinein?" --

dir, — vielleicht kann ich ‚ihn‘ nur noch wenige Male
wiederſehen.“

Er blieb ſtehn.

„Wie das, — warum?!“

„Es hat ſich ſo zugeſpitzt — all das mit den Heim¬
lichkeiten. Wir ſind nicht mehr ſicher, — nirgends mehr.
Es geht einfach nicht mehr. Es geht abſolut nicht,“

„— Und gar kein Ausweg? man findet ihn ja doch
ſchließlich in ſolchen Fällen.“

Fenia ſchüttelte den Kopf.

„Im Auslande zu leben wäre einer, — ja. Aber
ich bin hier durch meine Stellung gebunden, und habe
keine andern Exiſtenzmittel. Und im Ausland wär
es dasſelbe — in einer Stellung. Es ſcheint, man muß
reich ſein dazu. Lehrerinnen ſind, ſcheint es, davon aus¬
geſchloſſen.“

„Aber deshalb könnt ihr doch nicht auseinander¬
gehn?!“

Fenia lachte dazu unwillkürlich. Ihr ganzer froher
Unglaube an irgend ein Auseinandergehn lachte aus
ihren Augen. Aber die Augen waren gerötet wie vom
Weinen.

„Wir haben eben die Wahl zwiſchen zwei Unmög¬
lichkeiten,“ ſagte ſie, noch lächelnd, und ging langſam
weiter, „— ich war ſo tief im Glück und Frieden, weißt
du, daß ich noch ganz dumm bin: ich begreif’s noch gar
nicht, daß es Sorgen giebt — im Himmel.“

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[77/0081] –77– dir, — vielleicht kann ich ‚ihn‘ nur noch wenige Male wiederſehen.“ Er blieb ſtehn. „Wie das, — warum?!“ „Es hat ſich ſo zugeſpitzt — all das mit den Heim¬ lichkeiten. Wir ſind nicht mehr ſicher, — nirgends mehr. Es geht einfach nicht mehr. Es geht abſolut nicht,“ „— Und gar kein Ausweg? man findet ihn ja doch ſchließlich in ſolchen Fällen.“ Fenia ſchüttelte den Kopf. „Im Auslande zu leben wäre einer, — ja. Aber ich bin hier durch meine Stellung gebunden, und habe keine andern Exiſtenzmittel. Und im Ausland wär es dasſelbe — in einer Stellung. Es ſcheint, man muß reich ſein dazu. Lehrerinnen ſind, ſcheint es, davon aus¬ geſchloſſen.“ „Aber deshalb könnt ihr doch nicht auseinander¬ gehn?!“ Fenia lachte dazu unwillkürlich. Ihr ganzer froher Unglaube an irgend ein Auseinandergehn lachte aus ihren Augen. Aber die Augen waren gerötet wie vom Weinen. „Wir haben eben die Wahl zwiſchen zwei Unmög¬ lichkeiten,“ ſagte ſie, noch lächelnd, und ging langſam weiter, „— ich war ſo tief im Glück und Frieden, weißt du, daß ich noch ganz dumm bin: ich begreif’s noch gar nicht, daß es Sorgen giebt — im Himmel.“ Sie ſtanden an ihrer Hausthür. „Höre, Fenia,“ bat er, „laß uns doch noch ein wenig zuſammen bleiben, — kann ich nicht hinein?“ —

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/81>, abgerufen am 24.11.2024.