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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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nach seinem Hotel zurück. Es schneite schwach, in win¬
zigen, harten Körnchen, die an Hagelgraupen erinnerten
und auf dem Sand, womit die Trottoirs bestreut
waren, weiß und rund liegen blieben wie Perlen. Der
Himmel hing tief, tief herab, grau und lichtlos, und
unter seinem gleichförmigen Schiefergrau ballten und
stopften sich noch große weiße Wolken gleich Federkissen;
es sah wahrhaftig aus, als habe der Himmel droben sich
gut auswattiert, um sich vor der Kälte bei den Men¬
schenkindern unten zu schützen.

Unterwegs traf er Fenia. Er sah sie auf der an¬
dern Seite des Trottoirs und ging über den Straßen¬
damm auf sie zu; sie bemerkte es, blieb stehn und war¬
tete auf ihn.

"Ich hatte dir einen Besuch zugedacht," sagte er,
während sie sich die Hand schüttelten, "fand dich aber nicht,
und fürchtete schon, dich heute nicht mehr zu sehen. Da¬
her bin ich dem Zufall jetzt doppelt dankbar."

Sie sah ihn lächelnd und nachdenklich an.

"Ich bin ihm auch dankbar!" entgegnete sie, --
"deinen Besuch hätt ich nämlich nicht angenommen --.
Keinen Besuch, der heute kommt. -- Und nun, wo ich dich
unerwartet treffe, merk ich, daß ich mich drüber freue,
mit dir zu gehn und zu plaudern. -- -- So wenig
kennen wir uns selbst."

"Woher kommst du denn?" fragte er im Weiter¬
gehn.

"Von einem zwecklosen Hin- und Hergehn. Ich
ertrug's in der Stube nicht. Ertrag's aber auch draußen
nicht. Ich habe entsetzliche Sorgen, Max. -- -- Denke

nach ſeinem Hotel zurück. Es ſchneite ſchwach, in win¬
zigen, harten Körnchen, die an Hagelgraupen erinnerten
und auf dem Sand, womit die Trottoirs beſtreut
waren, weiß und rund liegen blieben wie Perlen. Der
Himmel hing tief, tief herab, grau und lichtlos, und
unter ſeinem gleichförmigen Schiefergrau ballten und
ſtopften ſich noch große weiße Wolken gleich Federkiſſen;
es ſah wahrhaftig aus, als habe der Himmel droben ſich
gut auswattiert, um ſich vor der Kälte bei den Men¬
ſchenkindern unten zu ſchützen.

Unterwegs traf er Fenia. Er ſah ſie auf der an¬
dern Seite des Trottoirs und ging über den Straßen¬
damm auf ſie zu; ſie bemerkte es, blieb ſtehn und war¬
tete auf ihn.

„Ich hatte dir einen Beſuch zugedacht,“ ſagte er,
während ſie ſich die Hand ſchüttelten, „fand dich aber nicht,
und fürchtete ſchon, dich heute nicht mehr zu ſehen. Da¬
her bin ich dem Zufall jetzt doppelt dankbar.“

Sie ſah ihn lächelnd und nachdenklich an.

„Ich bin ihm auch dankbar!“ entgegnete ſie, —
„deinen Beſuch hätt ich nämlich nicht angenommen —.
Keinen Beſuch, der heute kommt. — Und nun, wo ich dich
unerwartet treffe, merk ich, daß ich mich drüber freue,
mit dir zu gehn und zu plaudern. — — So wenig
kennen wir uns ſelbſt.“

„Woher kommſt du denn?“ fragte er im Weiter¬
gehn.

„Von einem zweckloſen Hin- und Hergehn. Ich
ertrug's in der Stube nicht. Ertrag's aber auch draußen
nicht. Ich habe entſetzliche Sorgen, Max. — — Denke

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[76/0080] —76 — nach ſeinem Hotel zurück. Es ſchneite ſchwach, in win¬ zigen, harten Körnchen, die an Hagelgraupen erinnerten und auf dem Sand, womit die Trottoirs beſtreut waren, weiß und rund liegen blieben wie Perlen. Der Himmel hing tief, tief herab, grau und lichtlos, und unter ſeinem gleichförmigen Schiefergrau ballten und ſtopften ſich noch große weiße Wolken gleich Federkiſſen; es ſah wahrhaftig aus, als habe der Himmel droben ſich gut auswattiert, um ſich vor der Kälte bei den Men¬ ſchenkindern unten zu ſchützen. Unterwegs traf er Fenia. Er ſah ſie auf der an¬ dern Seite des Trottoirs und ging über den Straßen¬ damm auf ſie zu; ſie bemerkte es, blieb ſtehn und war¬ tete auf ihn. „Ich hatte dir einen Beſuch zugedacht,“ ſagte er, während ſie ſich die Hand ſchüttelten, „fand dich aber nicht, und fürchtete ſchon, dich heute nicht mehr zu ſehen. Da¬ her bin ich dem Zufall jetzt doppelt dankbar.“ Sie ſah ihn lächelnd und nachdenklich an. „Ich bin ihm auch dankbar!“ entgegnete ſie, — „deinen Beſuch hätt ich nämlich nicht angenommen —. Keinen Beſuch, der heute kommt. — Und nun, wo ich dich unerwartet treffe, merk ich, daß ich mich drüber freue, mit dir zu gehn und zu plaudern. — — So wenig kennen wir uns ſelbſt.“ „Woher kommſt du denn?“ fragte er im Weiter¬ gehn. „Von einem zweckloſen Hin- und Hergehn. Ich ertrug's in der Stube nicht. Ertrag's aber auch draußen nicht. Ich habe entſetzliche Sorgen, Max. — — Denke

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/80>, abgerufen am 24.11.2024.