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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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"Ja, weißt du, für mich ist es ja eigentlich wieder
anders als für ihn," erwiderte sie darauf zögernd, "-- ich
kann nicht recht sagen, woran das liegen mag. Aber
jedenfalls wär es ja für mich nichts so Seltenes und
Neues, mit einem Manne alle möglichen Interessen
und Beschäftigungen zu teilen, -- alle Stunden des
Tages in anregender und geistig fördernder Weise zu ver¬
bringen. Ihm ist das neu. -- -- Ich -- ja, ich sehne
mich lange nicht so stark danach. -- -- Würdest du
es thun?

"Ich?!" fragte er etwas unsicher und dachte an
Irmgard, "-- ich glaube, das würde außerordentlich
nach meinen Stimmungen wechseln. -- -- Aber ver¬
gleiche mich doch nicht mit deinem -- -- deinem -- --.
Er ist vielleicht fürchterlich konsequent und ernsthaft?"

Sie lachte leise auf, voll Schalkhaftigkeit.

"Nein, das ist er nun doch nicht. Jung und lieb ist
er, -- von allen meinen Bekannten und Freunden der am
wenigsten ernste. -- Wir fingen nicht grade mit der Philo¬
sophie an, -- er hatte keine Ahnung, daß ich mit der
was zu thun gehabt hatte. Im Gegenteil, er hielt mich
ursprünglich für recht leichtlebig, -- weil ich so frei zu
leben schien. -- -- Ihr seid eben rechte Menschenkenner!"
fügte sie mit einer kleinen verächtlichen Grimasse hinzu.

"Was sagte er denn, als es ihm allmählich auf¬
ging, daß er einen promovierten Doktor vor sich hatte?"

"Ach, das ist ihm ja niemals aufgegangen. Davon
hat er nicht viel zu sehen bekommen. -- -- Aber doch
sagt er jetzt, er habe früher nicht gewußt, daß, man mit
einer Frau geistig so stark verschmelzen könne, -- und

„Ja, weißt du, für mich iſt es ja eigentlich wieder
anders als für ihn,“ erwiderte ſie darauf zögernd, „— ich
kann nicht recht ſagen, woran das liegen mag. Aber
jedenfalls wär es ja für mich nichts ſo Seltenes und
Neues, mit einem Manne alle möglichen Intereſſen
und Beſchäftigungen zu teilen, — alle Stunden des
Tages in anregender und geiſtig fördernder Weiſe zu ver¬
bringen. Ihm iſt das neu. — — Ich — ja, ich ſehne
mich lange nicht ſo ſtark danach. — — Würdeſt du
es thun?

„Ich?!“ fragte er etwas unſicher und dachte an
Irmgard, „— ich glaube, das würde außerordentlich
nach meinen Stimmungen wechſeln. — — Aber ver¬
gleiche mich doch nicht mit deinem — — deinem — —.
Er iſt vielleicht fürchterlich konſequent und ernſthaft?“

Sie lachte leiſe auf, voll Schalkhaftigkeit.

„Nein, das iſt er nun doch nicht. Jung und lieb iſt
er, — von allen meinen Bekannten und Freunden der am
wenigſten ernſte. — Wir fingen nicht grade mit der Philo¬
ſophie an, — er hatte keine Ahnung, daß ich mit der
was zu thun gehabt hatte. Im Gegenteil, er hielt mich
urſprünglich für recht leichtlebig, — weil ich ſo frei zu
leben ſchien. — — Ihr ſeid eben rechte Menſchenkenner!“
fügte ſie mit einer kleinen verächtlichen Grimaſſe hinzu.

„Was ſagte er denn, als es ihm allmählich auf¬
ging, daß er einen promovierten Doktor vor ſich hatte?“

„Ach, das iſt ihm ja niemals aufgegangen. Davon
hat er nicht viel zu ſehen bekommen. — — Aber doch
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[73/0077] — 73 — „Ja, weißt du, für mich iſt es ja eigentlich wieder anders als für ihn,“ erwiderte ſie darauf zögernd, „— ich kann nicht recht ſagen, woran das liegen mag. Aber jedenfalls wär es ja für mich nichts ſo Seltenes und Neues, mit einem Manne alle möglichen Intereſſen und Beſchäftigungen zu teilen, — alle Stunden des Tages in anregender und geiſtig fördernder Weiſe zu ver¬ bringen. Ihm iſt das neu. — — Ich — ja, ich ſehne mich lange nicht ſo ſtark danach. — — Würdeſt du es thun? „Ich?!“ fragte er etwas unſicher und dachte an Irmgard, „— ich glaube, das würde außerordentlich nach meinen Stimmungen wechſeln. — — Aber ver¬ gleiche mich doch nicht mit deinem — — deinem — —. Er iſt vielleicht fürchterlich konſequent und ernſthaft?“ Sie lachte leiſe auf, voll Schalkhaftigkeit. „Nein, das iſt er nun doch nicht. Jung und lieb iſt er, — von allen meinen Bekannten und Freunden der am wenigſten ernſte. — Wir fingen nicht grade mit der Philo¬ ſophie an, — er hatte keine Ahnung, daß ich mit der was zu thun gehabt hatte. Im Gegenteil, er hielt mich urſprünglich für recht leichtlebig, — weil ich ſo frei zu leben ſchien. — — Ihr ſeid eben rechte Menſchenkenner!“ fügte ſie mit einer kleinen verächtlichen Grimaſſe hinzu. „Was ſagte er denn, als es ihm allmählich auf¬ ging, daß er einen promovierten Doktor vor ſich hatte?“ „Ach, das iſt ihm ja niemals aufgegangen. Davon hat er nicht viel zu ſehen bekommen. — — Aber doch ſagt er jetzt, er habe früher nicht gewußt, daß, man mit einer Frau geiſtig ſo ſtark verſchmelzen könne, — und

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/77>, abgerufen am 25.11.2024.