Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898."Aber doch nicht allein? Soll ich Sie nicht nach Sie nickte. "Ja. Mag's nun kommen, wie es Lust hat. Ich "Wie Sie wünschen. Aber zum mindesten gehen "Ja gewiß. Du -- und Bruder -- von heute "Danke, -- und die Bundesbesiegelung?" fragte er Aber ihre Lippen brannten noch von den leiden¬ „Aber doch nicht allein? Soll ich Sie nicht nach Sie nickte. „Ja. Mag's nun kommen, wie es Luſt hat. Ich „Wie Sie wünſchen. Aber zum mindeſten gehen „Ja gewiß. Du — und Bruder — von heute „Danke, — und die Bundesbeſiegelung?“ fragte er Aber ihre Lippen brannten noch von den leiden¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0072" n="68"/> <fw type="pageNum" place="top">— 68 —<lb/></fw> <p>„Aber doch nicht allein? Soll ich Sie nicht nach<lb/> Hauſe begleiten? Sie ſind jetzt doch in ganz beruhigter<lb/> und fröhlicher Stimmung, nicht wahr, Fenia, — ich<lb/> kann mich darauf verlaſſen?“</p><lb/> <p>Sie nickte.</p><lb/> <p>„Ja. Mag's nun kommen, wie es Luſt hat. Ich<lb/> kann nicht lange ſo gequält leben. Ich muß ſorglos<lb/> leben, oder gar nicht. Darum ſind Heimlichkeiten mir<lb/> ſo unſäglich wider die Natur. — — Froh bin ich, daß<lb/> ich jetzt wenigſtens zu Ihnen offen ſprechen kann. — —<lb/> Aber bitte, begleiten Sie mich nicht. Der Portier unten<lb/> wird mich in den Schlitten ſetzen. Ich möchte lieber<lb/> allein ſein.“</p><lb/> <p>„Wie Sie wünſchen. Aber zum mindeſten gehen<lb/> Sie nicht ſo fort, Fenia, — möchten Sie ſich nicht er¬<lb/> innern — nach allem, was wir nun gemeinſam haben, —<lb/> daß wir ſchon einmal Brüderſchaft getrunken haben?<lb/> Möchteſt du nicht, wenn du nun zu mir ſprichſt, mich<lb/> ein bißchen weniger ſteif anreden?“</p><lb/> <p>„Ja gewiß. Du — und Bruder — von heute<lb/> an!“ entgegnete ſie herzlich und ernſt. „Ich werd es<lb/> nicht vergeſſen. Ich nehm es als einen feſten Bund.“</p><lb/> <p>„Danke, — und die Bundesbeſiegelung?“ fragte er<lb/> und hielt ihre Hand noch feſt, als ſie auf die Thür<lb/> zuging. Da hob ſie den Kopf und gab ihm einen Kuß<lb/> auf den Mund, — einen herzlichen, unbefangenen Kuß.</p><lb/> <p>Aber ihre Lippen brannten noch von den leiden¬<lb/> ſchaftlichen Worten, die ſie vorher geſprochen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [68/0072]
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„Aber doch nicht allein? Soll ich Sie nicht nach
Hauſe begleiten? Sie ſind jetzt doch in ganz beruhigter
und fröhlicher Stimmung, nicht wahr, Fenia, — ich
kann mich darauf verlaſſen?“
Sie nickte.
„Ja. Mag's nun kommen, wie es Luſt hat. Ich
kann nicht lange ſo gequält leben. Ich muß ſorglos
leben, oder gar nicht. Darum ſind Heimlichkeiten mir
ſo unſäglich wider die Natur. — — Froh bin ich, daß
ich jetzt wenigſtens zu Ihnen offen ſprechen kann. — —
Aber bitte, begleiten Sie mich nicht. Der Portier unten
wird mich in den Schlitten ſetzen. Ich möchte lieber
allein ſein.“
„Wie Sie wünſchen. Aber zum mindeſten gehen
Sie nicht ſo fort, Fenia, — möchten Sie ſich nicht er¬
innern — nach allem, was wir nun gemeinſam haben, —
daß wir ſchon einmal Brüderſchaft getrunken haben?
Möchteſt du nicht, wenn du nun zu mir ſprichſt, mich
ein bißchen weniger ſteif anreden?“
„Ja gewiß. Du — und Bruder — von heute
an!“ entgegnete ſie herzlich und ernſt. „Ich werd es
nicht vergeſſen. Ich nehm es als einen feſten Bund.“
„Danke, — und die Bundesbeſiegelung?“ fragte er
und hielt ihre Hand noch feſt, als ſie auf die Thür
zuging. Da hob ſie den Kopf und gab ihm einen Kuß
auf den Mund, — einen herzlichen, unbefangenen Kuß.
Aber ihre Lippen brannten noch von den leiden¬
ſchaftlichen Worten, die ſie vorher geſprochen.
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