ich bin ebenso dumm gewesen wie Sie, indem ich Ihnen folgte, ohne Sie und Ihren Speisesaal auch nur ein bi߬ chen zu kennen. Ja, das war sehr dumm, und so sind wir quitt, denn Sie sind auch nur so dumm gewesen, weil Sie mich nicht kannten. -- Wir haben beide die¬ selbe Entschuldigung dafür, daß wir es nicht besser wu߬ ten. -- Denn obgleich ich so viel unter Männern ge¬ wesen bin, sehen Sie, so hat es sich für mich immer so glücklich getroffen, daß es immer die anständigsten Män¬ ner von der Welt waren. Ja wahrhaftig. Sie sind der erste unanständige -- Mann, den ich --"
Sie brach ab, wie selbst erschrocken über das belei¬ digende Wort, womit ihre lange Rede abschloß. Der Kutscher war auf den Bock gestiegen, der Gaul zog an, und Fenia drückte sich errötend ins Dunkel des Verdecks, während der Fiaker mit ihr davonrasselte.
Max Werner stand auf dem Straßendamm und fuhr mechanisch, mit düsterm Gesicht, nach seinem Kopf, um den Hut zu lüften, -- der nicht darauf saß.
ich bin ebenſo dumm geweſen wie Sie, indem ich Ihnen folgte, ohne Sie und Ihren Speiſeſaal auch nur ein bi߬ chen zu kennen. Ja, das war ſehr dumm, und ſo ſind wir quitt, denn Sie ſind auch nur ſo dumm geweſen, weil Sie mich nicht kannten. — Wir haben beide die¬ ſelbe Entſchuldigung dafür, daß wir es nicht beſſer wu߬ ten. — Denn obgleich ich ſo viel unter Männern ge¬ weſen bin, ſehen Sie, ſo hat es ſich für mich immer ſo glücklich getroffen, daß es immer die anſtändigſten Män¬ ner von der Welt waren. Ja wahrhaftig. Sie ſind der erſte unanſtändige — Mann, den ich —“
Sie brach ab, wie ſelbſt erſchrocken über das belei¬ digende Wort, womit ihre lange Rede abſchloß. Der Kutſcher war auf den Bock geſtiegen, der Gaul zog an, und Fenia drückte ſich errötend ins Dunkel des Verdecks, während der Fiaker mit ihr davonraſſelte.
Max Werner ſtand auf dem Straßendamm und fuhr mechaniſch, mit düſterm Geſicht, nach ſeinem Kopf, um den Hut zu lüften, — der nicht darauf ſaß.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0030"n="26"/><fwtype="pageNum"place="top">— 26 —<lb/></fw>ich bin ebenſo dumm geweſen wie Sie, indem ich Ihnen<lb/>
folgte, ohne Sie und Ihren Speiſeſaal auch nur ein bi߬<lb/>
chen zu kennen. Ja, das war ſehr dumm, und ſo ſind<lb/>
wir quitt, denn Sie ſind auch nur ſo dumm geweſen,<lb/>
weil Sie mich nicht kannten. — Wir haben beide die¬<lb/>ſelbe Entſchuldigung dafür, daß wir es nicht beſſer wu߬<lb/>
ten. — Denn obgleich ich ſo viel unter Männern ge¬<lb/>
weſen bin, ſehen Sie, ſo hat es ſich für mich immer ſo<lb/>
glücklich getroffen, daß es immer die anſtändigſten Män¬<lb/>
ner von der Welt waren. Ja wahrhaftig. Sie ſind<lb/>
der erſte unanſtändige — Mann, den ich —“</p><lb/><p>Sie brach ab, wie ſelbſt erſchrocken über das belei¬<lb/>
digende Wort, womit ihre lange Rede abſchloß. Der<lb/>
Kutſcher war auf den Bock geſtiegen, der Gaul zog an,<lb/>
und Fenia drückte ſich errötend ins Dunkel des Verdecks,<lb/>
während der Fiaker mit ihr davonraſſelte.</p><lb/><p>Max Werner ſtand auf dem Straßendamm und fuhr<lb/>
mechaniſch, mit düſterm Geſicht, nach ſeinem Kopf, um<lb/>
den Hut zu lüften, — der nicht darauf ſaß.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[26/0030]
— 26 —
ich bin ebenſo dumm geweſen wie Sie, indem ich Ihnen
folgte, ohne Sie und Ihren Speiſeſaal auch nur ein bi߬
chen zu kennen. Ja, das war ſehr dumm, und ſo ſind
wir quitt, denn Sie ſind auch nur ſo dumm geweſen,
weil Sie mich nicht kannten. — Wir haben beide die¬
ſelbe Entſchuldigung dafür, daß wir es nicht beſſer wu߬
ten. — Denn obgleich ich ſo viel unter Männern ge¬
weſen bin, ſehen Sie, ſo hat es ſich für mich immer ſo
glücklich getroffen, daß es immer die anſtändigſten Män¬
ner von der Welt waren. Ja wahrhaftig. Sie ſind
der erſte unanſtändige — Mann, den ich —“
Sie brach ab, wie ſelbſt erſchrocken über das belei¬
digende Wort, womit ihre lange Rede abſchloß. Der
Kutſcher war auf den Bock geſtiegen, der Gaul zog an,
und Fenia drückte ſich errötend ins Dunkel des Verdecks,
während der Fiaker mit ihr davonraſſelte.
Max Werner ſtand auf dem Straßendamm und fuhr
mechaniſch, mit düſterm Geſicht, nach ſeinem Kopf, um
den Hut zu lüften, — der nicht darauf ſaß.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/30>, abgerufen am 13.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.