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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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Die ledernen Verdecke waren herabgelassen, ein feiner
Regen fing an, vom Himmel niederzurieseln. Im ein¬
förmig grauen Morgenlicht hasteten ein paar Zeitungs¬
verkäufer, ein verschlafener Bäckerjunge vorüber. Die
Straße entlang klapperte ein Gemüsekarren.

Ehe es Fenia noch gelang, den Kutscher auf seinem
Bock wachzurufen und in den Fiaker einzusteigen, waren
sie schon zur Stelle, Max Werner und der Spitz, letz¬
terer in höchster Aufregung dazwischen bellend.

"Hören Sie mich an!" sagte er atemlos zu Fenia
und half ihr unter das Verdeck zu gelangen, "hören Sie
mich an! sehen Sie mich an! Nein, -- sehen Sie mich
nicht an," verbesserte er sich, seines verwirrten Aus¬
sehens, seines hutlosen Kopfes gedenkend, -- "aber Sie
sehen ja, daß ich über meine eigne, wahnsinnige Dumm¬
heit außer mir bin! Sagen Sie mir, daß Sie mir ver¬
zeihen, -- sagen Sie mir ein Wort, -- gehen Sie nicht
so, -- ich meine: fahren Sie nicht so."

Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich
sagte.

Der Kutscher war schwerfällig vom Bock geklettert,
hatte seinem Pferde den Futtereimer abgehängt, nahm
dem Tier die Schutzdecke vom Rücken und faltete sie be¬
dächtig.

Fenia schaute indessen unter dem Schirmdach des
Verdeckes hervor, in sich zusammengeschmiegt wie eine
weiche Katze, und sah Max Werner ganz groß und
ernst an.

"Verzeihen?" wiederholte sie, -- "ich will Ihnen
noch mehr sagen: da ist gar nichts zu verzeihen. Denn

Die ledernen Verdecke waren herabgelaſſen, ein feiner
Regen fing an, vom Himmel niederzurieſeln. Im ein¬
förmig grauen Morgenlicht haſteten ein paar Zeitungs¬
verkäufer, ein verſchlafener Bäckerjunge vorüber. Die
Straße entlang klapperte ein Gemüſekarren.

Ehe es Fenia noch gelang, den Kutſcher auf ſeinem
Bock wachzurufen und in den Fiaker einzuſteigen, waren
ſie ſchon zur Stelle, Max Werner und der Spitz, letz¬
terer in höchſter Aufregung dazwiſchen bellend.

„Hören Sie mich an!“ ſagte er atemlos zu Fenia
und half ihr unter das Verdeck zu gelangen, „hören Sie
mich an! ſehen Sie mich an! Nein, — ſehen Sie mich
nicht an,“ verbeſſerte er ſich, ſeines verwirrten Aus¬
ſehens, ſeines hutloſen Kopfes gedenkend, — „aber Sie
ſehen ja, daß ich über meine eigne, wahnſinnige Dumm¬
heit außer mir bin! Sagen Sie mir, daß Sie mir ver¬
zeihen, — ſagen Sie mir ein Wort, — gehen Sie nicht
ſo, — ich meine: fahren Sie nicht ſo.“

Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich
ſagte.

Der Kutſcher war ſchwerfällig vom Bock geklettert,
hatte ſeinem Pferde den Futtereimer abgehängt, nahm
dem Tier die Schutzdecke vom Rücken und faltete ſie be¬
dächtig.

Fenia ſchaute indeſſen unter dem Schirmdach des
Verdeckes hervor, in ſich zuſammengeſchmiegt wie eine
weiche Katze, und ſah Max Werner ganz groß und
ernſt an.

„Verzeihen?“ wiederholte ſie, — „ich will Ihnen
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[25/0029] — 25 — Die ledernen Verdecke waren herabgelaſſen, ein feiner Regen fing an, vom Himmel niederzurieſeln. Im ein¬ förmig grauen Morgenlicht haſteten ein paar Zeitungs¬ verkäufer, ein verſchlafener Bäckerjunge vorüber. Die Straße entlang klapperte ein Gemüſekarren. Ehe es Fenia noch gelang, den Kutſcher auf ſeinem Bock wachzurufen und in den Fiaker einzuſteigen, waren ſie ſchon zur Stelle, Max Werner und der Spitz, letz¬ terer in höchſter Aufregung dazwiſchen bellend. „Hören Sie mich an!“ ſagte er atemlos zu Fenia und half ihr unter das Verdeck zu gelangen, „hören Sie mich an! ſehen Sie mich an! Nein, — ſehen Sie mich nicht an,“ verbeſſerte er ſich, ſeines verwirrten Aus¬ ſehens, ſeines hutloſen Kopfes gedenkend, — „aber Sie ſehen ja, daß ich über meine eigne, wahnſinnige Dumm¬ heit außer mir bin! Sagen Sie mir, daß Sie mir ver¬ zeihen, — ſagen Sie mir ein Wort, — gehen Sie nicht ſo, — ich meine: fahren Sie nicht ſo.“ Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich ſagte. Der Kutſcher war ſchwerfällig vom Bock geklettert, hatte ſeinem Pferde den Futtereimer abgehängt, nahm dem Tier die Schutzdecke vom Rücken und faltete ſie be¬ dächtig. Fenia ſchaute indeſſen unter dem Schirmdach des Verdeckes hervor, in ſich zuſammengeſchmiegt wie eine weiche Katze, und ſah Max Werner ganz groß und ernſt an. „Verzeihen?“ wiederholte ſie, — „ich will Ihnen noch mehr ſagen: da iſt gar nichts zu verzeihen. Denn

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/29>, abgerufen am 25.11.2024.