Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898."Dir?! Aber Gabriele, dann machst du es ja grade Sie schüttelte den Kopf. "Ich thu's für ein Versprechen: daß ich dann später "Bin ja verlobt, Gabriele," sagte ich leise und selig. "Man soll nicht verlobt sein," meinte Gabriele "Ich möchte gern ganz so werden, wie er will," Gabriele bemerkte halblaut und dringend: "Mal du doch auch heimlich! Zeichne heimlich. Hat "Nein, nein!" rief ich heftig, "er hat mir sogar "Nun?" unterbrach Gabriele mich gespannt. "-- Ich glaube, ich liebe die ganze Kunst nicht „Dir?! Aber Gabriele, dann machſt du es ja grade Sie ſchüttelte den Kopf. „Ich thu's für ein Verſprechen: daß ich dann ſpäter „Bin ja verlobt, Gabriele,“ ſagte ich leiſe und ſelig. „Man ſoll nicht verlobt ſein,“ meinte Gabriele „Ich möchte gern ganz ſo werden, wie er will,“ Gabriele bemerkte halblaut und dringend: „Mal du doch auch heimlich! Zeichne heimlich. Hat „Nein, nein!“ rief ich heftig, „er hat mir ſogar „Nun?“ unterbrach Gabriele mich geſpannt. „— Ich glaube, ich liebe die ganze Kunſt nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0116" n="112"/> <fw type="pageNum" place="top">— 112 —<lb/></fw> <p>„Dir?! Aber Gabriele, dann machſt du es ja grade<lb/> wie ich!“ bemerkte ich voll Sympathie mit dem uner¬<lb/> warteten Leidensgefährten.</p><lb/> <p>Sie ſchüttelte den Kopf.</p><lb/> <p>„Ich thu's für ein Verſprechen: daß ich dann ſpäter<lb/> zum Oberlehrerinnenexamen lernen darf — in Berlin,“<lb/> verſetzte ſie, und konnte ein Lächeln der Genugthuung<lb/> nicht zurückhalten. „Manchmal lerne ich jetzt ſchon heim¬<lb/> lich des Nachts dafür vor — oder in Freiſtunden. Siehſt<lb/> du, das hat einen Sinn! Aber du — du willſt ja nur<lb/> heiraten.“</p><lb/> <p>„Bin ja verlobt, Gabriele,“ ſagte ich leiſe und ſelig.</p><lb/> <p>„Man ſoll nicht verlobt ſein,“ meinte Gabriele<lb/> geringſchätzig, und betrachtete ihre langen rötlichen Hände,<lb/> „— ein Mann, huh! ich könnte davonlaufen. Warum<lb/> du nur alles thuſt, was er will?“</p><lb/> <p>„Ich möchte gern ganz ſo werden, wie er will,“<lb/> entgegnete ich unruhig, und fühlte plötzlich deutlich, daß<lb/> ich gar nicht ſo war, wie er wollte, und daß Gabriele<lb/> mir gewaltig imponierte. Sie that ja nur zum Schein<lb/> Frondienſte, in Wirklichkeit hatte ſie ihr eignes Ziel<lb/> dabei.</p><lb/> <p>Gabriele bemerkte halblaut und dringend:</p><lb/> <p>„Mal du doch auch heimlich! Zeichne heimlich. Hat<lb/> er's verboten?“</p><lb/> <p>„Nein, nein!“ rief ich heftig, „er hat mir ſogar<lb/> vorgeſchlagen, Stunden zu nehmen. Aber ich —“</p><lb/> <p>„Nun?“ unterbrach Gabriele mich geſpannt.</p><lb/> <p>„— Ich glaube, ich liebe die ganze Kunſt nicht<lb/> mehr, — nur ihn,“ ſagte ich, faſt zitternd während ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [112/0116]
— 112 —
„Dir?! Aber Gabriele, dann machſt du es ja grade
wie ich!“ bemerkte ich voll Sympathie mit dem uner¬
warteten Leidensgefährten.
Sie ſchüttelte den Kopf.
„Ich thu's für ein Verſprechen: daß ich dann ſpäter
zum Oberlehrerinnenexamen lernen darf — in Berlin,“
verſetzte ſie, und konnte ein Lächeln der Genugthuung
nicht zurückhalten. „Manchmal lerne ich jetzt ſchon heim¬
lich des Nachts dafür vor — oder in Freiſtunden. Siehſt
du, das hat einen Sinn! Aber du — du willſt ja nur
heiraten.“
„Bin ja verlobt, Gabriele,“ ſagte ich leiſe und ſelig.
„Man ſoll nicht verlobt ſein,“ meinte Gabriele
geringſchätzig, und betrachtete ihre langen rötlichen Hände,
„— ein Mann, huh! ich könnte davonlaufen. Warum
du nur alles thuſt, was er will?“
„Ich möchte gern ganz ſo werden, wie er will,“
entgegnete ich unruhig, und fühlte plötzlich deutlich, daß
ich gar nicht ſo war, wie er wollte, und daß Gabriele
mir gewaltig imponierte. Sie that ja nur zum Schein
Frondienſte, in Wirklichkeit hatte ſie ihr eignes Ziel
dabei.
Gabriele bemerkte halblaut und dringend:
„Mal du doch auch heimlich! Zeichne heimlich. Hat
er's verboten?“
„Nein, nein!“ rief ich heftig, „er hat mir ſogar
vorgeſchlagen, Stunden zu nehmen. Aber ich —“
„Nun?“ unterbrach Gabriele mich geſpannt.
„— Ich glaube, ich liebe die ganze Kunſt nicht
mehr, — nur ihn,“ ſagte ich, faſt zitternd während ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |