Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Hof aus, wo der Kampf noch fortdauerte, ein Schus durch das Fenster, welcher mich in den rechten Arm verwundete. Ich fühlte meine Besinnung schwinden und sank zu Boden, das Bild mit letzter Kraft fest an mich drückend. Als ich aus meiner Betäubung erwachte, begegneten meine Blicke dem zarten Antlitz des Fräuleins, welche mit zarter Hand meinem verwundeten Arm einen Verband anlegte. Ich befand mich auf einem Sopha ausgestreckt im Zimmer des Amtmanns, welches noch die Spuren der Verheerung trug. Ueber mich gebeugt stand die Mamsell, die mir die Stirn mit Spiritus rieb. Bei meinem Erwachen that das Fräulein einen Freudenschrei; ich sah, daß an ihren Wimpern Thränen hingen. Von den Fragen über mein Befinden, Danksagungen, zärtlichen Vorwürfen und Selbstanklagen, die nun folgten, will ich schweigen; ich fühlte mich als der glücklichste Sterbliche; der geringe Schmerz meiner Wunde diente nur, meine Seligkeit zu erhöhen. Das gerettete Bild lag unbeschädigt neben mir auf dem Tische. Durch den Ueberfall der Husaren waren die Marodeurs verhindert, die Gebäude in Brand zu stecken, was sie sonst wohl aus Rache gegen den Besitzer, welcher seine Werthgegenstande so wohl verborgen hatte, nicht versäumt haben würden. Der Amtmann tröstete sich über seine zerschlagenen Möbel mit seinen -- er allein wußte, wo -- vorsorglich vergrabenen Schätzen. Die Preußen waren zu seiner Freude nach einigen Erfrischungen aus Küche und Keller abgezogen; nur ein blessirter Husar blieb zurück. Gegen Abend erschien der aus dem nächsten Flecken herbeigeholte Wundarzt; er erklärte meine Wunde für nicht gefährlich, verordnete aber die größte Vorsicht und Schonung. Meine kriegerischen Plane mußt ich also einstweilen aufgeben. Die Söhne des Amtmanns betrachteten die Ferien, welche Hof aus, wo der Kampf noch fortdauerte, ein Schus durch das Fenster, welcher mich in den rechten Arm verwundete. Ich fühlte meine Besinnung schwinden und sank zu Boden, das Bild mit letzter Kraft fest an mich drückend. Als ich aus meiner Betäubung erwachte, begegneten meine Blicke dem zarten Antlitz des Fräuleins, welche mit zarter Hand meinem verwundeten Arm einen Verband anlegte. Ich befand mich auf einem Sopha ausgestreckt im Zimmer des Amtmanns, welches noch die Spuren der Verheerung trug. Ueber mich gebeugt stand die Mamsell, die mir die Stirn mit Spiritus rieb. Bei meinem Erwachen that das Fräulein einen Freudenschrei; ich sah, daß an ihren Wimpern Thränen hingen. Von den Fragen über mein Befinden, Danksagungen, zärtlichen Vorwürfen und Selbstanklagen, die nun folgten, will ich schweigen; ich fühlte mich als der glücklichste Sterbliche; der geringe Schmerz meiner Wunde diente nur, meine Seligkeit zu erhöhen. Das gerettete Bild lag unbeschädigt neben mir auf dem Tische. Durch den Ueberfall der Husaren waren die Marodeurs verhindert, die Gebäude in Brand zu stecken, was sie sonst wohl aus Rache gegen den Besitzer, welcher seine Werthgegenstande so wohl verborgen hatte, nicht versäumt haben würden. Der Amtmann tröstete sich über seine zerschlagenen Möbel mit seinen — er allein wußte, wo — vorsorglich vergrabenen Schätzen. Die Preußen waren zu seiner Freude nach einigen Erfrischungen aus Küche und Keller abgezogen; nur ein blessirter Husar blieb zurück. Gegen Abend erschien der aus dem nächsten Flecken herbeigeholte Wundarzt; er erklärte meine Wunde für nicht gefährlich, verordnete aber die größte Vorsicht und Schonung. 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Die Preußen waren zu seiner Freude nach einigen Erfrischungen aus Küche und Keller abgezogen; nur ein blessirter Husar blieb zurück. Gegen Abend erschien der aus dem nächsten Flecken herbeigeholte Wundarzt; er erklärte meine Wunde für nicht gefährlich, verordnete aber die größte Vorsicht und Schonung. Meine kriegerischen Plane mußt ich also einstweilen aufgeben. Die Söhne des Amtmanns betrachteten die Ferien, welche<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
Hof aus, wo der Kampf noch fortdauerte, ein Schus durch das Fenster, welcher mich in den rechten Arm verwundete. Ich fühlte meine Besinnung schwinden und sank zu Boden, das Bild mit letzter Kraft fest an mich drückend.
Als ich aus meiner Betäubung erwachte, begegneten meine Blicke dem zarten Antlitz des Fräuleins, welche mit zarter Hand meinem verwundeten Arm einen Verband anlegte. Ich befand mich auf einem Sopha ausgestreckt im Zimmer des Amtmanns, welches noch die Spuren der Verheerung trug. Ueber mich gebeugt stand die Mamsell, die mir die Stirn mit Spiritus rieb.
Bei meinem Erwachen that das Fräulein einen Freudenschrei; ich sah, daß an ihren Wimpern Thränen hingen.
Von den Fragen über mein Befinden, Danksagungen, zärtlichen Vorwürfen und Selbstanklagen, die nun folgten, will ich schweigen; ich fühlte mich als der glücklichste Sterbliche; der geringe Schmerz meiner Wunde diente nur, meine Seligkeit zu erhöhen. Das gerettete Bild lag unbeschädigt neben mir auf dem Tische.
Durch den Ueberfall der Husaren waren die Marodeurs verhindert, die Gebäude in Brand zu stecken, was sie sonst wohl aus Rache gegen den Besitzer, welcher seine Werthgegenstande so wohl verborgen hatte, nicht versäumt haben würden. Der Amtmann tröstete sich über seine zerschlagenen Möbel mit seinen — er allein wußte, wo — vorsorglich vergrabenen Schätzen. Die Preußen waren zu seiner Freude nach einigen Erfrischungen aus Küche und Keller abgezogen; nur ein blessirter Husar blieb zurück. Gegen Abend erschien der aus dem nächsten Flecken herbeigeholte Wundarzt; er erklärte meine Wunde für nicht gefährlich, verordnete aber die größte Vorsicht und Schonung. Meine kriegerischen Plane mußt ich also einstweilen aufgeben. Die Söhne des Amtmanns betrachteten die Ferien, welche
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Zitationshilfe: | Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andolt_nacht_1910/60>, abgerufen am 16.07.2024. |