Gegenüber den Bemühungen, die Elementartheile der leben¬ den Substanz durch künstliche Differenzen sichtbar zu machen, stellen die direkten natürlichen Beobachtungen in ihrer Wirkung weit zurück.
Man hat den Werth dieser Beobachtungen vielfach in den Vordergrund gestellt, indem man ihre Zuverlässigkeit rühmte, während man gleichzeitig darauf hinwies, dass künstlich er¬ zeugte Bilder gar leicht Kunstprodukte sein können, die mit der Natur nichts gemein haben. Noch heute scheint die An¬ sicht weit verbreitet zu sein, dass, wenn man an einem frischen oder lebenden Object Theile desselben durch stärkere Licht¬ brechung hervortreten sieht, dieses Bild zugleich die Structur des Objectes bedeuten müsse, dass dagegen, was etwa durch künstliche Behandlung sichtbar wird, nur dann einen Werth er¬ hält, wenn es sich durch die Beobachtung des natürlichen Zu¬ standes bestätigen lässt.
Es liegt hierin mancherlei Wahres, aber auch mancherlei Falsches. Vor Allem ist es ein grosser Mangel der natürlichen Objecte, dass man an ihnen überhaupt nur relativ wenig sieht, dass man dazu auf eine kleine Zahl günstiger Objecte ange¬ wiesen ist, und dass das Wenige, was man an diesen wenigen Objecten erkennt, oft sehr zart und unbestimmt in Erscheinung tritt, besonders wenn es sich um die kleinsten Formelemente handelt. Der Werth und die Wichtigkeit solcher Beobachtungen kann nicht in Abrede gestellt werden, aber sie haben bisher nicht hingereicht, um das Wesen des protoplasmatischen Baues aufzudecken, ja dort, wo man aus diesen Beobachtungen prin¬ cipielle Folgerungen hergeleitet hat, sind diese in irrthümliche Wege gegangen, wie das oben erwähnte Beispiel von der durch Heitzmann und Frommann angenommenen primären Netzstruc¬ tur des Protoplasmas zeigt, und wie die noch heute allgemein verbreitete Anschauung von der doch nur scheinbaren Gleich¬ artigkeit und Homogenität der Sarkode beweist.
Die Methoden der Granulauntersuchung.
Gegenüber den Bemühungen, die Elementartheile der leben¬ den Substanz durch künstliche Differenzen sichtbar zu machen, stellen die direkten natürlichen Beobachtungen in ihrer Wirkung weit zurück.
Man hat den Werth dieser Beobachtungen vielfach in den Vordergrund gestellt, indem man ihre Zuverlässigkeit rühmte, während man gleichzeitig darauf hinwies, dass künstlich er¬ zeugte Bilder gar leicht Kunstprodukte sein können, die mit der Natur nichts gemein haben. Noch heute scheint die An¬ sicht weit verbreitet zu sein, dass, wenn man an einem frischen oder lebenden Object Theile desselben durch stärkere Licht¬ brechung hervortreten sieht, dieses Bild zugleich die Structur des Objectes bedeuten müsse, dass dagegen, was etwa durch künstliche Behandlung sichtbar wird, nur dann einen Werth er¬ hält, wenn es sich durch die Beobachtung des natürlichen Zu¬ standes bestätigen lässt.
Es liegt hierin mancherlei Wahres, aber auch mancherlei Falsches. Vor Allem ist es ein grosser Mangel der natürlichen Objecte, dass man an ihnen überhaupt nur relativ wenig sieht, dass man dazu auf eine kleine Zahl günstiger Objecte ange¬ wiesen ist, und dass das Wenige, was man an diesen wenigen Objecten erkennt, oft sehr zart und unbestimmt in Erscheinung tritt, besonders wenn es sich um die kleinsten Formelemente handelt. Der Werth und die Wichtigkeit solcher Beobachtungen kann nicht in Abrede gestellt werden, aber sie haben bisher nicht hingereicht, um das Wesen des protoplasmatischen Baues aufzudecken, ja dort, wo man aus diesen Beobachtungen prin¬ cipielle Folgerungen hergeleitet hat, sind diese in irrthümliche Wege gegangen, wie das oben erwähnte Beispiel von der durch Heitzmann und Frommann angenommenen primären Netzstruc¬ tur des Protoplasmas zeigt, und wie die noch heute allgemein verbreitete Anschauung von der doch nur scheinbaren Gleich¬ artigkeit und Homogenität der Sarkode beweist.
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Die Methoden der Granulauntersuchung.
Gegenüber den Bemühungen, die Elementartheile der leben¬
den Substanz durch künstliche Differenzen sichtbar zu machen,
stellen die direkten natürlichen Beobachtungen in ihrer Wirkung
weit zurück.
Man hat den Werth dieser Beobachtungen vielfach in den
Vordergrund gestellt, indem man ihre Zuverlässigkeit rühmte,
während man gleichzeitig darauf hinwies, dass künstlich er¬
zeugte Bilder gar leicht Kunstprodukte sein können, die mit
der Natur nichts gemein haben. Noch heute scheint die An¬
sicht weit verbreitet zu sein, dass, wenn man an einem frischen
oder lebenden Object Theile desselben durch stärkere Licht¬
brechung hervortreten sieht, dieses Bild zugleich die Structur
des Objectes bedeuten müsse, dass dagegen, was etwa durch
künstliche Behandlung sichtbar wird, nur dann einen Werth er¬
hält, wenn es sich durch die Beobachtung des natürlichen Zu¬
standes bestätigen lässt.
Es liegt hierin mancherlei Wahres, aber auch mancherlei
Falsches. Vor Allem ist es ein grosser Mangel der natürlichen
Objecte, dass man an ihnen überhaupt nur relativ wenig sieht,
dass man dazu auf eine kleine Zahl günstiger Objecte ange¬
wiesen ist, und dass das Wenige, was man an diesen wenigen
Objecten erkennt, oft sehr zart und unbestimmt in Erscheinung
tritt, besonders wenn es sich um die kleinsten Formelemente
handelt. Der Werth und die Wichtigkeit solcher Beobachtungen
kann nicht in Abrede gestellt werden, aber sie haben bisher
nicht hingereicht, um das Wesen des protoplasmatischen Baues
aufzudecken, ja dort, wo man aus diesen Beobachtungen prin¬
cipielle Folgerungen hergeleitet hat, sind diese in irrthümliche
Wege gegangen, wie das oben erwähnte Beispiel von der durch
Heitzmann und Frommann angenommenen primären Netzstruc¬
tur des Protoplasmas zeigt, und wie die noch heute allgemein
verbreitete Anschauung von der doch nur scheinbaren Gleich¬
artigkeit und Homogenität der Sarkode beweist.
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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/54>, abgerufen am 23.07.2024.
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