Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906.oder Selbst-Erziehung ein "ästhetisches Zeugnis der Reife und Vollendung" vor dem Throne der Natur niederzulegen imstande bist! Riemen-Sandalen an nacktem Fusse sind die ideale Fussbekleidung! Aber möge dieser durch seine Form-Vollendung erst es versuchen, mit seiner ungewohnten Nacktheit die Mitmenschen zu versöhnen! [Abbildung]Fünf Kreuzer-Tanz. In einem Prater-Wirtshaus. 5 Kreuzer-Tanz. Nachts. Sie und er an einem Tische. Sie, spöttisch, aufreizend: "No also, jetzt sein mer alsdann da - - -." Stille. Er: "No, hab' i Ihna g'hindert zu tanzen?!? Na also. Was woll'ns?!?" Sie: "Wer red't von Tanzen?!?" Es kommt jemand, sie zum Tanze aufzufordern. "Ich danke, ich tanze nicht - - -." "Gib doch dem Herrn keinen Korb - - -." Sie blickt ihn an, blickt ihn an, fühlt: "Du Falscher, du Feiger - - -." 3 Uhr morgens. Er lauert ihr und ihren beiden Tänzern auf, schleicht nach, verschwindet. Ein Morgen, ein Vormittag, ein Nachmittag des Irrsinns, der Herzens-Not. Krebs der Seele. Es frisst an, zehrt, untergräbt, höhlt aus, vernichtet. Kanaille! oder Selbst-Erziehung ein „ästhetisches Zeugnis der Reife und Vollendung“ vor dem Throne der Natur niederzulegen imstande bist! Riemen-Sandalen an nacktem Fusse sind die ideale Fussbekleidung! Aber möge dieser durch seine Form-Vollendung erst es versuchen, mit seiner ungewohnten Nacktheit die Mitmenschen zu versöhnen! [Abbildung]Fünf Kreuzer-Tanz. In einem Prater-Wirtshaus. 5 Kreuzer-Tanz. Nachts. Sie und er an einem Tische. Sie, spöttisch, aufreizend: „No also, jetzt sein mer alsdann da – – –.“ Stille. Er: „No, hab’ i Ihna g’hindert zu tanzen?!? Na also. Was woll’ns?!?“ Sie: „Wer red’t von Tanzen?!?“ Es kommt jemand, sie zum Tanze aufzufordern. „Ich danke, ich tanze nicht – – –.“ „Gib doch dem Herrn keinen Korb – – –.“ Sie blickt ihn an, blickt ihn an, fühlt: „Du Falscher, du Feiger – – –.“ 3 Uhr morgens. Er lauert ihr und ihren beiden Tänzern auf, schleicht nach, verschwindet. Ein Morgen, ein Vormittag, ein Nachmittag des Irrsinns, der Herzens-Not. Krebs der Seele. Es frisst an, zehrt, untergräbt, höhlt aus, vernichtet. Kanaille! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0196" n="196"/> oder <hi rendition="#g">Selbst-Erziehung</hi> ein „ästhetisches Zeugnis der Reife und Vollendung“ vor dem Throne der Natur niederzulegen imstande bist!</p> <p>Riemen-Sandalen an nacktem Fusse sind die ideale Fussbekleidung!</p> <p>Aber möge dieser durch seine <hi rendition="#g">Form-Vollendung</hi> erst es versuchen, mit seiner ungewohnten Nacktheit die Mitmenschen zu <hi rendition="#g">versöhnen</hi>!</p> <figure/><lb/> <p> <hi rendition="#g">Fünf Kreuzer-Tanz.</hi> </p> <p>In einem Prater-Wirtshaus. 5 Kreuzer-Tanz. Nachts.</p> <p>Sie und er an einem Tische.</p> <p>Sie, spöttisch, aufreizend: „No also, jetzt sein mer alsdann da – – –.“</p> <p>Stille.</p> <p>Er: „No, hab’ i Ihna g’hindert zu tanzen?!? Na also. Was woll’ns?!?“</p> <p>Sie: „Wer red’t von Tanzen?!?“</p> <p>Es kommt jemand, sie zum Tanze aufzufordern.</p> <p>„Ich danke, ich tanze nicht – – –.“</p> <p>„Gib doch dem Herrn keinen Korb – – –.“</p> <p>Sie blickt ihn an, blickt ihn an, fühlt: „Du Falscher, du Feiger – – –.“</p> <p>3 Uhr morgens. Er lauert ihr und ihren beiden Tänzern auf, schleicht nach, verschwindet.</p> <p>Ein Morgen, ein Vormittag, ein Nachmittag des Irrsinns, der Herzens-Not. Krebs der Seele. Es frisst an, zehrt, untergräbt, höhlt aus, vernichtet. Kanaille!</p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0196]
oder Selbst-Erziehung ein „ästhetisches Zeugnis der Reife und Vollendung“ vor dem Throne der Natur niederzulegen imstande bist!
Riemen-Sandalen an nacktem Fusse sind die ideale Fussbekleidung!
Aber möge dieser durch seine Form-Vollendung erst es versuchen, mit seiner ungewohnten Nacktheit die Mitmenschen zu versöhnen!
[Abbildung]
Fünf Kreuzer-Tanz.
In einem Prater-Wirtshaus. 5 Kreuzer-Tanz. Nachts.
Sie und er an einem Tische.
Sie, spöttisch, aufreizend: „No also, jetzt sein mer alsdann da – – –.“
Stille.
Er: „No, hab’ i Ihna g’hindert zu tanzen?!? Na also. Was woll’ns?!?“
Sie: „Wer red’t von Tanzen?!?“
Es kommt jemand, sie zum Tanze aufzufordern.
„Ich danke, ich tanze nicht – – –.“
„Gib doch dem Herrn keinen Korb – – –.“
Sie blickt ihn an, blickt ihn an, fühlt: „Du Falscher, du Feiger – – –.“
3 Uhr morgens. Er lauert ihr und ihren beiden Tänzern auf, schleicht nach, verschwindet.
Ein Morgen, ein Vormittag, ein Nachmittag des Irrsinns, der Herzens-Not. Krebs der Seele. Es frisst an, zehrt, untergräbt, höhlt aus, vernichtet. Kanaille!
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Zitationshilfe: | Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altenberg_prodromos_1906/196>, abgerufen am 08.07.2024. |