Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.demselben Auge lag auch das bleierne Gefühl der Sättigung, und um die aufgeworfenen Lippen spielte ein Hohn, der wenig zu dem Schaugepränge und dem Schmettern der Pauken und Trompeten stimmte. Der Advocat Behrend antwortete seinem Nachbar, der ihn darauf aufmerksam gemacht: Was wundert uns dies, mein werther Herr Lauson? Unser Starostensohn sieht nunmehr anderem Schaugepränge, anderen Kämpfen und Ehren entgegen, die ihn vielleicht bis neben, wo nicht auf den Thron setzen, daß ihm die Auszeichnungen, so unsere akademische Jugend ihm erweis't, dagegen unbedeutend dünken mögen. Was hindert den polnischen Edelmann, sein Auge bis zum Diadem zu erheben, zumal in diesen Tagen der Republik? Wenn unser Prinz die Goldrollen dort so geschickt springen läßt, wie er sie hier leichtsinnig verstreute, hat er darauf bessere Anwartschaft als der arme Stanislaw Leszinski, der wohl noch auf dem Throne säße, wenn er, statt mit schwedischem Eisen, mit eigenem Golde Stimmen geworben hätte. Einige meinten, wenn der glückliche Fall sich ereigne, werde es der Stadt zu Ehre und Vortheil gereichen. Der Advocat lächelte: Was kann ein König von Polen der Stadt unseres allergnädigsten Monarchen Nutzen bringen! Und wenn er es könnte, meine verehrten Nachbarn, so würde der dereinstige König es Königsberg's Bürgern wenig Dank wissen, daß sie Zeugen seiner Jugendthorheiten waren. Wenn Niemand gern daran er- demselben Auge lag auch das bleierne Gefühl der Sättigung, und um die aufgeworfenen Lippen spielte ein Hohn, der wenig zu dem Schaugepränge und dem Schmettern der Pauken und Trompeten stimmte. Der Advocat Behrend antwortete seinem Nachbar, der ihn darauf aufmerksam gemacht: Was wundert uns dies, mein werther Herr Lauson? Unser Starostensohn sieht nunmehr anderem Schaugepränge, anderen Kämpfen und Ehren entgegen, die ihn vielleicht bis neben, wo nicht auf den Thron setzen, daß ihm die Auszeichnungen, so unsere akademische Jugend ihm erweis't, dagegen unbedeutend dünken mögen. Was hindert den polnischen Edelmann, sein Auge bis zum Diadem zu erheben, zumal in diesen Tagen der Republik? Wenn unser Prinz die Goldrollen dort so geschickt springen läßt, wie er sie hier leichtsinnig verstreute, hat er darauf bessere Anwartschaft als der arme Stanislaw Leszinski, der wohl noch auf dem Throne säße, wenn er, statt mit schwedischem Eisen, mit eigenem Golde Stimmen geworben hätte. Einige meinten, wenn der glückliche Fall sich ereigne, werde es der Stadt zu Ehre und Vortheil gereichen. Der Advocat lächelte: Was kann ein König von Polen der Stadt unseres allergnädigsten Monarchen Nutzen bringen! Und wenn er es könnte, meine verehrten Nachbarn, so würde der dereinstige König es Königsberg's Bürgern wenig Dank wissen, daß sie Zeugen seiner Jugendthorheiten waren. Wenn Niemand gern daran er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008"/> demselben Auge lag auch das bleierne Gefühl der Sättigung, und um die aufgeworfenen Lippen spielte ein Hohn, der wenig zu dem Schaugepränge und dem Schmettern der Pauken und Trompeten stimmte.</p><lb/> <p>Der <choice><sic>Advokat</sic><corr>Advocat</corr></choice> <hi rendition="#g">Behrend</hi> antwortete seinem Nachbar, der ihn darauf aufmerksam gemacht: Was wundert uns dies, mein werther Herr <hi rendition="#g">Lauson</hi>? Unser Starostensohn sieht nunmehr anderem Schaugepränge, anderen Kämpfen und Ehren entgegen, die ihn vielleicht bis neben, wo nicht auf den Thron setzen, daß ihm die Auszeichnungen, so unsere akademische Jugend ihm erweis't, dagegen unbedeutend dünken mögen. Was hindert den polnischen Edelmann, sein Auge bis zum Diadem zu erheben, zumal in diesen Tagen der Republik? Wenn unser Prinz die Goldrollen dort so geschickt springen läßt, wie er sie hier leichtsinnig verstreute, hat er darauf bessere Anwartschaft als der arme Stanislaw Leszinski, der wohl noch auf dem Throne säße, wenn er, statt mit schwedischem Eisen, mit eigenem Golde Stimmen geworben hätte.</p><lb/> <p>Einige meinten, wenn der glückliche Fall sich ereigne, werde es der Stadt zu Ehre und Vortheil gereichen. Der Advocat lächelte: Was kann ein König von Polen der Stadt unseres allergnädigsten Monarchen Nutzen bringen! Und wenn er es könnte, meine verehrten Nachbarn, so würde der dereinstige König es Königsberg's Bürgern wenig Dank wissen, daß sie Zeugen seiner Jugendthorheiten waren. Wenn Niemand gern daran er-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0008]
demselben Auge lag auch das bleierne Gefühl der Sättigung, und um die aufgeworfenen Lippen spielte ein Hohn, der wenig zu dem Schaugepränge und dem Schmettern der Pauken und Trompeten stimmte.
Der Advocat Behrend antwortete seinem Nachbar, der ihn darauf aufmerksam gemacht: Was wundert uns dies, mein werther Herr Lauson? Unser Starostensohn sieht nunmehr anderem Schaugepränge, anderen Kämpfen und Ehren entgegen, die ihn vielleicht bis neben, wo nicht auf den Thron setzen, daß ihm die Auszeichnungen, so unsere akademische Jugend ihm erweis't, dagegen unbedeutend dünken mögen. Was hindert den polnischen Edelmann, sein Auge bis zum Diadem zu erheben, zumal in diesen Tagen der Republik? Wenn unser Prinz die Goldrollen dort so geschickt springen läßt, wie er sie hier leichtsinnig verstreute, hat er darauf bessere Anwartschaft als der arme Stanislaw Leszinski, der wohl noch auf dem Throne säße, wenn er, statt mit schwedischem Eisen, mit eigenem Golde Stimmen geworben hätte.
Einige meinten, wenn der glückliche Fall sich ereigne, werde es der Stadt zu Ehre und Vortheil gereichen. Der Advocat lächelte: Was kann ein König von Polen der Stadt unseres allergnädigsten Monarchen Nutzen bringen! Und wenn er es könnte, meine verehrten Nachbarn, so würde der dereinstige König es Königsberg's Bürgern wenig Dank wissen, daß sie Zeugen seiner Jugendthorheiten waren. Wenn Niemand gern daran er-
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Zitationshilfe: | Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/8>, abgerufen am 16.02.2025. |