Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wie es ging zu bereiten und erklärte dem Andern, er wolle schlafen. Vortrefflich! sagte dieser, das will ich auch, und schwang ebenfalls die Beine auf seine Bank. Obwohl diese schmaler und kürzer war, hatte doch Sacken den Verdruß, seinen Gegenfüßler nach wenigen Augenblicken fest eingeschlafen zu sehen, und sein Schnarchen störte ihn so, daß er selbst kein Auge zuthun konnte und wieder zur Lectüre greifen mußte. Dieser Antritt einer Reise, welche in jenen Zeiten eine langwierige war, eignete sich nicht, sie für Theosophus Sacken zu einer angenehmen zu machen. Fast Alles, was der junge Mensch vornahm und sprach, gereichte zu seinem Verdruß. Seine Zunge ahmte dem Vögelgesange nach, wenn sie im Walde fuhren, dem Knarren der Räder, wenn der Wagen sich erhitzt hatte, dem Blöken des Viehes, dem sie begegneten. Das that er freilich um sich zu unterhalten, weil sein Reisegefährte seinerseits nichts dazu that. Aber wo sich nur Gelegenheit fand, mußte er Gespräche anknüpfen, mit des Weges ziehenden Bauerfrauen und Handwerksburschen, mit den Fährleuten oder den Schmieden, wo die Pferde beschlagen oder der Wagen reparirt wurde. Ueberall benahm er sich, als sei er der Reisende. In den Wirthshäusern warf er, wenn Sacken die Rechnung abgemacht, den Mädchen und Knechten Trinkgelder zu, welche selbst über dessen Verhältnisse gingen, und erntete durch diese Freigebigkeit Achtungsbezeugungen, während er es nicht für nöthig hielt, auch nur ein Wort des Dankes gegen wie es ging zu bereiten und erklärte dem Andern, er wolle schlafen. Vortrefflich! sagte dieser, das will ich auch, und schwang ebenfalls die Beine auf seine Bank. Obwohl diese schmaler und kürzer war, hatte doch Sacken den Verdruß, seinen Gegenfüßler nach wenigen Augenblicken fest eingeschlafen zu sehen, und sein Schnarchen störte ihn so, daß er selbst kein Auge zuthun konnte und wieder zur Lectüre greifen mußte. Dieser Antritt einer Reise, welche in jenen Zeiten eine langwierige war, eignete sich nicht, sie für Theosophus Sacken zu einer angenehmen zu machen. Fast Alles, was der junge Mensch vornahm und sprach, gereichte zu seinem Verdruß. Seine Zunge ahmte dem Vögelgesange nach, wenn sie im Walde fuhren, dem Knarren der Räder, wenn der Wagen sich erhitzt hatte, dem Blöken des Viehes, dem sie begegneten. Das that er freilich um sich zu unterhalten, weil sein Reisegefährte seinerseits nichts dazu that. Aber wo sich nur Gelegenheit fand, mußte er Gespräche anknüpfen, mit des Weges ziehenden Bauerfrauen und Handwerksburschen, mit den Fährleuten oder den Schmieden, wo die Pferde beschlagen oder der Wagen reparirt wurde. Ueberall benahm er sich, als sei er der Reisende. In den Wirthshäusern warf er, wenn Sacken die Rechnung abgemacht, den Mädchen und Knechten Trinkgelder zu, welche selbst über dessen Verhältnisse gingen, und erntete durch diese Freigebigkeit Achtungsbezeugungen, während er es nicht für nöthig hielt, auch nur ein Wort des Dankes gegen <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0040"/> wie es ging zu bereiten und erklärte dem Andern, er wolle schlafen. Vortrefflich! sagte dieser, das will ich auch, und schwang ebenfalls die Beine auf seine Bank. Obwohl diese schmaler und kürzer war, hatte doch Sacken den Verdruß, seinen Gegenfüßler nach wenigen Augenblicken fest eingeschlafen zu sehen, und sein Schnarchen störte ihn so, daß er selbst kein Auge zuthun konnte und wieder zur Lectüre greifen mußte.</p><lb/> <p>Dieser Antritt einer Reise, welche in jenen Zeiten eine langwierige war, eignete sich nicht, sie für Theosophus Sacken zu einer angenehmen zu machen. Fast Alles, was der junge Mensch vornahm und sprach, gereichte zu seinem Verdruß. Seine Zunge ahmte dem Vögelgesange nach, wenn sie im Walde fuhren, dem Knarren der Räder, wenn der Wagen sich erhitzt hatte, dem Blöken des Viehes, dem sie begegneten. Das that er freilich um sich zu unterhalten, weil sein Reisegefährte seinerseits nichts dazu that. Aber wo sich nur Gelegenheit fand, mußte er Gespräche anknüpfen, mit des Weges ziehenden Bauerfrauen und Handwerksburschen, mit den Fährleuten oder den Schmieden, wo die Pferde beschlagen oder der Wagen reparirt wurde. Ueberall benahm er sich, als sei er der Reisende. In den Wirthshäusern warf er, wenn Sacken die Rechnung abgemacht, den Mädchen und Knechten Trinkgelder zu, welche selbst über dessen Verhältnisse gingen, und erntete durch diese Freigebigkeit Achtungsbezeugungen, während er es nicht für nöthig hielt, auch nur ein Wort des Dankes gegen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
wie es ging zu bereiten und erklärte dem Andern, er wolle schlafen. Vortrefflich! sagte dieser, das will ich auch, und schwang ebenfalls die Beine auf seine Bank. Obwohl diese schmaler und kürzer war, hatte doch Sacken den Verdruß, seinen Gegenfüßler nach wenigen Augenblicken fest eingeschlafen zu sehen, und sein Schnarchen störte ihn so, daß er selbst kein Auge zuthun konnte und wieder zur Lectüre greifen mußte.
Dieser Antritt einer Reise, welche in jenen Zeiten eine langwierige war, eignete sich nicht, sie für Theosophus Sacken zu einer angenehmen zu machen. Fast Alles, was der junge Mensch vornahm und sprach, gereichte zu seinem Verdruß. Seine Zunge ahmte dem Vögelgesange nach, wenn sie im Walde fuhren, dem Knarren der Räder, wenn der Wagen sich erhitzt hatte, dem Blöken des Viehes, dem sie begegneten. Das that er freilich um sich zu unterhalten, weil sein Reisegefährte seinerseits nichts dazu that. Aber wo sich nur Gelegenheit fand, mußte er Gespräche anknüpfen, mit des Weges ziehenden Bauerfrauen und Handwerksburschen, mit den Fährleuten oder den Schmieden, wo die Pferde beschlagen oder der Wagen reparirt wurde. Ueberall benahm er sich, als sei er der Reisende. In den Wirthshäusern warf er, wenn Sacken die Rechnung abgemacht, den Mädchen und Knechten Trinkgelder zu, welche selbst über dessen Verhältnisse gingen, und erntete durch diese Freigebigkeit Achtungsbezeugungen, während er es nicht für nöthig hielt, auch nur ein Wort des Dankes gegen
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Zitationshilfe: | Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/40>, abgerufen am 16.02.2025. |