Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.bis dir der Geist eingab, daß man Meinesgleichen nicht in solch Mäusenest quartiren darf. Accordire mit meinen Gläubigern, das erlaube ich dir, aber vergieb nichts meinen Rechten, das sage ich dir auch. Außerdem kannst du die schönsten Grüße bestellen an die schmucke Käthe, an das allerliebste Jettchen und die hübsche adlige Wittwe drüben, du weißt doch? -- Sie sollen nicht zu viel weinen, denn ich liebe keine rothe Augen. Nun führt mich fort, ihr Diener der Gerechtigkeit, die da blind ist. Lauson wischte eine Thräne aus dem Auge, als der Student fortgeführt war: Sagt nun selbst, Gevatter, ist es nicht ein prächtiger Junge, eine Munterkeit und eine Keckheit, die einem das Herz im Leibe umdreht, und ein Vertrauen zu mir, das Felsen des Unglaubens erschüttern könnte. Was bin ich ihm, was habe ich für ihn gethan, daß er mit einer solchen Ergebenheit mir lohnt! Ein alter Narr, würde ich sagen, entgegnete Behrend, wüßte ich nicht, daß Ihr mein Gevatter und Vetter und außerdem die kreuzbravste Seele in allen Landen meines allergnädigsten Königs seid. Der Bursch aber ist ein Prahlhans, ein leichtsinniger Geck, der im Augenblick, wo eine Blutschuld auf seiner Seele lastet, der Eitelkeit noch fröhnen kann und eine unwürdige Komödie aufführt, wann es um Kopf und Kragen geht. Das darf es nicht, das darf es nicht! rief eifrig der Bürger Lauson. Ihr habt recht, Vetter, ich bin manchmal bis dir der Geist eingab, daß man Meinesgleichen nicht in solch Mäusenest quartiren darf. Accordire mit meinen Gläubigern, das erlaube ich dir, aber vergieb nichts meinen Rechten, das sage ich dir auch. Außerdem kannst du die schönsten Grüße bestellen an die schmucke Käthe, an das allerliebste Jettchen und die hübsche adlige Wittwe drüben, du weißt doch? — Sie sollen nicht zu viel weinen, denn ich liebe keine rothe Augen. Nun führt mich fort, ihr Diener der Gerechtigkeit, die da blind ist. Lauson wischte eine Thräne aus dem Auge, als der Student fortgeführt war: Sagt nun selbst, Gevatter, ist es nicht ein prächtiger Junge, eine Munterkeit und eine Keckheit, die einem das Herz im Leibe umdreht, und ein Vertrauen zu mir, das Felsen des Unglaubens erschüttern könnte. Was bin ich ihm, was habe ich für ihn gethan, daß er mit einer solchen Ergebenheit mir lohnt! Ein alter Narr, würde ich sagen, entgegnete Behrend, wüßte ich nicht, daß Ihr mein Gevatter und Vetter und außerdem die kreuzbravste Seele in allen Landen meines allergnädigsten Königs seid. Der Bursch aber ist ein Prahlhans, ein leichtsinniger Geck, der im Augenblick, wo eine Blutschuld auf seiner Seele lastet, der Eitelkeit noch fröhnen kann und eine unwürdige Komödie aufführt, wann es um Kopf und Kragen geht. Das darf es nicht, das darf es nicht! rief eifrig der Bürger Lauson. Ihr habt recht, Vetter, ich bin manchmal <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0029"/> bis dir der Geist eingab, daß man Meinesgleichen nicht in solch Mäusenest quartiren darf. Accordire mit meinen Gläubigern, das erlaube ich dir, aber vergieb nichts meinen Rechten, das sage ich dir auch. Außerdem kannst du die schönsten Grüße bestellen an die schmucke Käthe, an das allerliebste Jettchen und die hübsche adlige Wittwe drüben, du weißt doch? — Sie sollen nicht zu viel weinen, denn ich liebe keine rothe Augen. Nun führt mich fort, ihr Diener der Gerechtigkeit, die da blind ist.</p><lb/> <p>Lauson wischte eine Thräne aus dem Auge, als der Student fortgeführt war: Sagt nun selbst, Gevatter, ist es nicht ein prächtiger Junge, eine Munterkeit und eine Keckheit, die einem das Herz im Leibe umdreht, und ein Vertrauen zu mir, das Felsen des Unglaubens erschüttern könnte. Was bin ich ihm, was habe ich für ihn gethan, daß er mit einer solchen Ergebenheit mir lohnt!</p><lb/> <p>Ein alter Narr, würde ich sagen, entgegnete Behrend, wüßte ich nicht, daß Ihr mein Gevatter und Vetter und außerdem die kreuzbravste Seele in allen Landen meines allergnädigsten Königs seid. Der Bursch aber ist ein Prahlhans, ein leichtsinniger Geck, der im Augenblick, wo eine Blutschuld auf seiner Seele lastet, der Eitelkeit noch fröhnen kann und eine unwürdige Komödie aufführt, wann es um Kopf und Kragen geht.</p><lb/> <p>Das darf es nicht, das darf es nicht! rief eifrig der Bürger Lauson. Ihr habt recht, Vetter, ich bin manchmal<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
bis dir der Geist eingab, daß man Meinesgleichen nicht in solch Mäusenest quartiren darf. Accordire mit meinen Gläubigern, das erlaube ich dir, aber vergieb nichts meinen Rechten, das sage ich dir auch. Außerdem kannst du die schönsten Grüße bestellen an die schmucke Käthe, an das allerliebste Jettchen und die hübsche adlige Wittwe drüben, du weißt doch? — Sie sollen nicht zu viel weinen, denn ich liebe keine rothe Augen. Nun führt mich fort, ihr Diener der Gerechtigkeit, die da blind ist.
Lauson wischte eine Thräne aus dem Auge, als der Student fortgeführt war: Sagt nun selbst, Gevatter, ist es nicht ein prächtiger Junge, eine Munterkeit und eine Keckheit, die einem das Herz im Leibe umdreht, und ein Vertrauen zu mir, das Felsen des Unglaubens erschüttern könnte. Was bin ich ihm, was habe ich für ihn gethan, daß er mit einer solchen Ergebenheit mir lohnt!
Ein alter Narr, würde ich sagen, entgegnete Behrend, wüßte ich nicht, daß Ihr mein Gevatter und Vetter und außerdem die kreuzbravste Seele in allen Landen meines allergnädigsten Königs seid. Der Bursch aber ist ein Prahlhans, ein leichtsinniger Geck, der im Augenblick, wo eine Blutschuld auf seiner Seele lastet, der Eitelkeit noch fröhnen kann und eine unwürdige Komödie aufführt, wann es um Kopf und Kragen geht.
Das darf es nicht, das darf es nicht! rief eifrig der Bürger Lauson. Ihr habt recht, Vetter, ich bin manchmal
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/29 |
Zitationshilfe: | Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/29>, abgerufen am 16.07.2024. |