Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Kutscher, sich zu ihm herüber lehnend. Pur ausgetauscht. Sie hätten nur sehen sollen, wie er sich Mühe gab, ein menschliches Wort mit einer Menschenseele zu sprechen, und wie zuletzt er aufjauchzte, wenn er nur ein paar tungusische oder karaibische Silben hörte, oder wie die Race da heißt. Reden mußte er nun durchaus, und da's mit Menschen nicht ging, parlirte er mit den Vögeln, brummte mit den Bären und heulte mit den Wölfen. Lieber Gott, er fing sogar mit einem Maikäfer, der um den Wagen summte, Conversation an. Durchlaucht kamen mir immer da in den Sinn, als wir bei Tauroggen fuhren, und Sie nicht sprechen sollten mit ihm, und dafür pfiffen und grunzten und quiekten. Ja, so bleibt Alles in der Welt beim Alten. Es heißt nur: heut mir, morgen dir. Aber wahrhaftig, das Herz blutete mir bisweilen im Leibe, daß ich ihn nicht anstoßen und ihm sagen konnte, was für ein Esel er gewesen. Du hast deinem Herrn treu gedient, auch als sein Gefangenwärter. Und entschädigt, denk' ich, bist du durch deinen neuen Dienst. Durchlaucht, fuhr der Kutscher auf, das bin ich. Und ich wünschte nichts, als daß ich es Ihnen auch mal so vergelten könnte. Wenn Sie einmal nach Sibirien müßten, den Weg kenne ich jetzt. Unverschämter! rief der Herzog und riß das Fenster herunter. Der Kutscher murmelte: Na, na, nur nicht ungebärdig. Ich weiß auch, was mein kleiner Finger mir sagt. Das Sibirien ist ein Land, wo noch Kutscher, sich zu ihm herüber lehnend. Pur ausgetauscht. Sie hätten nur sehen sollen, wie er sich Mühe gab, ein menschliches Wort mit einer Menschenseele zu sprechen, und wie zuletzt er aufjauchzte, wenn er nur ein paar tungusische oder karaibische Silben hörte, oder wie die Race da heißt. Reden mußte er nun durchaus, und da's mit Menschen nicht ging, parlirte er mit den Vögeln, brummte mit den Bären und heulte mit den Wölfen. Lieber Gott, er fing sogar mit einem Maikäfer, der um den Wagen summte, Conversation an. Durchlaucht kamen mir immer da in den Sinn, als wir bei Tauroggen fuhren, und Sie nicht sprechen sollten mit ihm, und dafür pfiffen und grunzten und quiekten. Ja, so bleibt Alles in der Welt beim Alten. Es heißt nur: heut mir, morgen dir. Aber wahrhaftig, das Herz blutete mir bisweilen im Leibe, daß ich ihn nicht anstoßen und ihm sagen konnte, was für ein Esel er gewesen. Du hast deinem Herrn treu gedient, auch als sein Gefangenwärter. Und entschädigt, denk' ich, bist du durch deinen neuen Dienst. Durchlaucht, fuhr der Kutscher auf, das bin ich. Und ich wünschte nichts, als daß ich es Ihnen auch mal so vergelten könnte. Wenn Sie einmal nach Sibirien müßten, den Weg kenne ich jetzt. Unverschämter! rief der Herzog und riß das Fenster herunter. Der Kutscher murmelte: Na, na, nur nicht ungebärdig. Ich weiß auch, was mein kleiner Finger mir sagt. Das Sibirien ist ein Land, wo noch <TEI> <text> <body> <div n="7"> <p><pb facs="#f0108"/> Kutscher, sich zu ihm herüber lehnend. Pur ausgetauscht. Sie hätten nur sehen sollen, wie er sich Mühe gab, ein menschliches Wort mit einer Menschenseele zu sprechen, und wie zuletzt er aufjauchzte, wenn er nur ein paar tungusische oder karaibische Silben hörte, oder wie die Race da heißt. Reden mußte er nun durchaus, und da's mit Menschen nicht ging, parlirte er mit den Vögeln, brummte mit den Bären und heulte mit den Wölfen. Lieber Gott, er fing sogar mit einem Maikäfer, der um den Wagen summte, Conversation an. Durchlaucht kamen mir immer da in den Sinn, als wir bei Tauroggen fuhren, und Sie nicht sprechen sollten mit ihm, und dafür pfiffen und grunzten und quiekten. Ja, so bleibt Alles in der Welt beim Alten. Es heißt nur: heut mir, morgen dir. Aber wahrhaftig, das Herz blutete mir bisweilen im Leibe, daß ich ihn nicht anstoßen und ihm sagen konnte, was für ein Esel er gewesen.</p><lb/> <p>Du hast deinem Herrn treu gedient, auch als sein Gefangenwärter. Und entschädigt, denk' ich, bist du durch deinen neuen Dienst.</p><lb/> <p>Durchlaucht, fuhr der Kutscher auf, das bin ich. Und ich wünschte nichts, als daß ich es Ihnen auch mal so vergelten könnte. Wenn Sie einmal nach Sibirien müßten, den Weg kenne ich jetzt.</p><lb/> <p>Unverschämter! rief der Herzog und riß das Fenster herunter. Der Kutscher murmelte: Na, na, nur nicht ungebärdig. Ich weiß auch, was mein kleiner Finger mir sagt. Das Sibirien ist ein Land, wo noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0108]
Kutscher, sich zu ihm herüber lehnend. Pur ausgetauscht. Sie hätten nur sehen sollen, wie er sich Mühe gab, ein menschliches Wort mit einer Menschenseele zu sprechen, und wie zuletzt er aufjauchzte, wenn er nur ein paar tungusische oder karaibische Silben hörte, oder wie die Race da heißt. Reden mußte er nun durchaus, und da's mit Menschen nicht ging, parlirte er mit den Vögeln, brummte mit den Bären und heulte mit den Wölfen. Lieber Gott, er fing sogar mit einem Maikäfer, der um den Wagen summte, Conversation an. Durchlaucht kamen mir immer da in den Sinn, als wir bei Tauroggen fuhren, und Sie nicht sprechen sollten mit ihm, und dafür pfiffen und grunzten und quiekten. Ja, so bleibt Alles in der Welt beim Alten. Es heißt nur: heut mir, morgen dir. Aber wahrhaftig, das Herz blutete mir bisweilen im Leibe, daß ich ihn nicht anstoßen und ihm sagen konnte, was für ein Esel er gewesen.
Du hast deinem Herrn treu gedient, auch als sein Gefangenwärter. Und entschädigt, denk' ich, bist du durch deinen neuen Dienst.
Durchlaucht, fuhr der Kutscher auf, das bin ich. Und ich wünschte nichts, als daß ich es Ihnen auch mal so vergelten könnte. Wenn Sie einmal nach Sibirien müßten, den Weg kenne ich jetzt.
Unverschämter! rief der Herzog und riß das Fenster herunter. Der Kutscher murmelte: Na, na, nur nicht ungebärdig. Ich weiß auch, was mein kleiner Finger mir sagt. Das Sibirien ist ein Land, wo noch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-14T12:11:53Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-14T12:11:53Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |