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Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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diesen jetzt abermals viel behutsamer. Nur in dunkeln Nächten, in Waldesschatten ward er auf Augenblicke herausgelassen. Auf den Frühling folgte der Sommer, aber noch immer nicht das Ziel seiner Reise. Er meinte nach seiner Berechnung jetzt in der Nähe des chinesischen Reiches zu sein. Damit stimmten mehrere Anzeichen: ein kräftiger, aromatischer Thee, ein Lieblingsgetränk, welches er lange entbehren müssen, wurde ihm häufiger gereicht; er hörte wieder Glocken läuten, ein Ton, der ihm fast wie eine Menschenstimme willkommen klang. Ja man nöthigte ihn eines Morgens sich die Augen verbinden zu lassen, und während dessen ward eine Operation an ihm vollzogen, welche ein ganzes Jahr lang unterblieben war: man nahm ihm den Bart ab, und die Scheere wühlte auch in seinen langen Haaren. Das war das Symbol der Verdammung; so wußte er sich denn am Ziele seiner mühseligen Fahrt. Er glaubte auf eine menschliche Behandlung hoffen zu dürfen, vielleicht nur auf den anständigen Bann innerhalb bestimmter Grenzen; denn man hatte ihm weder Ketten noch den gewöhnlichen Verbrecherkittel angelegt, im Gegentheil war er wieder in den europäischen Kleidern, welche er halb zu seiner eigenen Bequemlichkeit während der Reise abgelegt. Und doch fühlte er eine Bangigkeit, daß diese nun aufhören sollte. Wie lästig auch, es war doch nun ein alter Bekannter, eine Gewöhnung, von der kein Wesen von Gefühl ohne eine gewisse Wehmuth sich trennt.

Die Sonne brannte heiß auf das Kutschenleder.

diesen jetzt abermals viel behutsamer. Nur in dunkeln Nächten, in Waldesschatten ward er auf Augenblicke herausgelassen. Auf den Frühling folgte der Sommer, aber noch immer nicht das Ziel seiner Reise. Er meinte nach seiner Berechnung jetzt in der Nähe des chinesischen Reiches zu sein. Damit stimmten mehrere Anzeichen: ein kräftiger, aromatischer Thee, ein Lieblingsgetränk, welches er lange entbehren müssen, wurde ihm häufiger gereicht; er hörte wieder Glocken läuten, ein Ton, der ihm fast wie eine Menschenstimme willkommen klang. Ja man nöthigte ihn eines Morgens sich die Augen verbinden zu lassen, und während dessen ward eine Operation an ihm vollzogen, welche ein ganzes Jahr lang unterblieben war: man nahm ihm den Bart ab, und die Scheere wühlte auch in seinen langen Haaren. Das war das Symbol der Verdammung; so wußte er sich denn am Ziele seiner mühseligen Fahrt. Er glaubte auf eine menschliche Behandlung hoffen zu dürfen, vielleicht nur auf den anständigen Bann innerhalb bestimmter Grenzen; denn man hatte ihm weder Ketten noch den gewöhnlichen Verbrecherkittel angelegt, im Gegentheil war er wieder in den europäischen Kleidern, welche er halb zu seiner eigenen Bequemlichkeit während der Reise abgelegt. Und doch fühlte er eine Bangigkeit, daß diese nun aufhören sollte. Wie lästig auch, es war doch nun ein alter Bekannter, eine Gewöhnung, von der kein Wesen von Gefühl ohne eine gewisse Wehmuth sich trennt.

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[0101] diesen jetzt abermals viel behutsamer. Nur in dunkeln Nächten, in Waldesschatten ward er auf Augenblicke herausgelassen. Auf den Frühling folgte der Sommer, aber noch immer nicht das Ziel seiner Reise. Er meinte nach seiner Berechnung jetzt in der Nähe des chinesischen Reiches zu sein. Damit stimmten mehrere Anzeichen: ein kräftiger, aromatischer Thee, ein Lieblingsgetränk, welches er lange entbehren müssen, wurde ihm häufiger gereicht; er hörte wieder Glocken läuten, ein Ton, der ihm fast wie eine Menschenstimme willkommen klang. Ja man nöthigte ihn eines Morgens sich die Augen verbinden zu lassen, und während dessen ward eine Operation an ihm vollzogen, welche ein ganzes Jahr lang unterblieben war: man nahm ihm den Bart ab, und die Scheere wühlte auch in seinen langen Haaren. Das war das Symbol der Verdammung; so wußte er sich denn am Ziele seiner mühseligen Fahrt. Er glaubte auf eine menschliche Behandlung hoffen zu dürfen, vielleicht nur auf den anständigen Bann innerhalb bestimmter Grenzen; denn man hatte ihm weder Ketten noch den gewöhnlichen Verbrecherkittel angelegt, im Gegentheil war er wieder in den europäischen Kleidern, welche er halb zu seiner eigenen Bequemlichkeit während der Reise abgelegt. Und doch fühlte er eine Bangigkeit, daß diese nun aufhören sollte. Wie lästig auch, es war doch nun ein alter Bekannter, eine Gewöhnung, von der kein Wesen von Gefühl ohne eine gewisse Wehmuth sich trennt. Die Sonne brannte heiß auf das Kutschenleder.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:11:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:11:53Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/101>, abgerufen am 24.11.2024.