"Ich wollte Sie nur um einen kleinen Dienst bitten, klein für Sie, groß für mich. Es liegt mir viel, sehr viel daran, daß Bovillard Zutritt bei Hofe erhält. Grade jetzt, wenn das Memorial eingeht. -- Er wird eigensinnig bleiben. -- Thun Sie mir da den Gefallen und gehn zu dem schönen Mädchen, ich meine seine Braut. Stellen Sie ihr die Sache ernstlich vor, daß ihr eigen Glück davon abhängt, seine definitive Placirung. Wenn sie um Audienz bei der Königin bittet, wenn sie das Sentiment, ihre eigne Herzenslage schildert, wird es ihr nicht schwer werden, auch Louisens Herz zu rühren. Die La¬ fontaineschen Romane spuken da noch immer. Ein Familienjammer ist außerordentlich wirksam. Sie kann ja auch einfließen lassen, daß nur auf diese Weise die Abneigung des alten Bovillard zu be¬ wältigen ist."
Walter schwieg: "Liegt denn Euer Excellenz so -- überaus viel an --"
"An Kleinigkeiten, fiel ihm der Freiherr in's Wort. "Die Kieselsteine, die in ein Räderwerk, der Staub, der in eine Taschenuhr fällt, soll der Müller und der Uhrmacher sie liegen lassen, weil er der Vor¬ trefflichkeit seiner Maschinen vertraut? Ja, Lieber, der Staatsmann, der auf die Kleinigkeiten nicht zu achten brauchte, wäre größer, als je einer in der Welt es war. Sie sind da, um unsern Scharf¬ sinn wach zu halten, und der sie nicht ergreift, wo sie ihm günstig sind, versündigt sich vor dem,
„Ich wollte Sie nur um einen kleinen Dienſt bitten, klein für Sie, groß für mich. Es liegt mir viel, ſehr viel daran, daß Bovillard Zutritt bei Hofe erhält. Grade jetzt, wenn das Memorial eingeht. — Er wird eigenſinnig bleiben. — Thun Sie mir da den Gefallen und gehn zu dem ſchönen Mädchen, ich meine ſeine Braut. Stellen Sie ihr die Sache ernſtlich vor, daß ihr eigen Glück davon abhängt, ſeine definitive Placirung. Wenn ſie um Audienz bei der Königin bittet, wenn ſie das Sentiment, ihre eigne Herzenslage ſchildert, wird es ihr nicht ſchwer werden, auch Louiſens Herz zu rühren. Die La¬ fontaineſchen Romane ſpuken da noch immer. Ein Familienjammer iſt außerordentlich wirkſam. Sie kann ja auch einfließen laſſen, daß nur auf dieſe Weiſe die Abneigung des alten Bovillard zu be¬ wältigen iſt.“
Walter ſchwieg: „Liegt denn Euer Excellenz ſo — überaus viel an —“
„An Kleinigkeiten, fiel ihm der Freiherr in's Wort. „Die Kieſelſteine, die in ein Räderwerk, der Staub, der in eine Taſchenuhr fällt, ſoll der Müller und der Uhrmacher ſie liegen laſſen, weil er der Vor¬ trefflichkeit ſeiner Maſchinen vertraut? Ja, Lieber, der Staatsmann, der auf die Kleinigkeiten nicht zu achten brauchte, wäre größer, als je einer in der Welt es war. Sie ſind da, um unſern Scharf¬ ſinn wach zu halten, und der ſie nicht ergreift, wo ſie ihm günſtig ſind, verſündigt ſich vor dem,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0096"n="86"/><p>„Ich wollte Sie nur um einen kleinen Dienſt<lb/>
bitten, klein für Sie, groß für mich. Es liegt mir<lb/>
viel, ſehr viel daran, daß Bovillard Zutritt bei Hofe<lb/>
erhält. Grade jetzt, wenn das Memorial eingeht. —<lb/>
Er wird eigenſinnig bleiben. — Thun <hirendition="#g">Sie</hi> mir da<lb/>
den Gefallen und gehn zu dem ſchönen Mädchen, ich<lb/>
meine ſeine Braut. Stellen Sie ihr die Sache<lb/>
ernſtlich vor, daß ihr eigen Glück davon abhängt,<lb/>ſeine definitive Placirung. Wenn ſie um Audienz<lb/>
bei der Königin bittet, wenn ſie das Sentiment, ihre<lb/>
eigne Herzenslage ſchildert, wird es ihr nicht ſchwer<lb/>
werden, auch Louiſens Herz zu rühren. Die La¬<lb/>
fontaineſchen Romane ſpuken da noch immer. Ein<lb/>
Familienjammer iſt außerordentlich wirkſam. Sie<lb/>
kann ja auch einfließen laſſen, daß nur auf dieſe<lb/>
Weiſe die Abneigung des alten Bovillard zu be¬<lb/>
wältigen iſt.“</p><lb/><p>Walter ſchwieg: „Liegt denn Euer Excellenz ſo<lb/>— überaus viel an —“</p><lb/><p>„An Kleinigkeiten, fiel ihm der Freiherr in's<lb/>
Wort. „Die Kieſelſteine, die in ein Räderwerk, der<lb/>
Staub, der in eine Taſchenuhr fällt, ſoll der Müller<lb/>
und der Uhrmacher ſie liegen laſſen, weil er der Vor¬<lb/>
trefflichkeit ſeiner Maſchinen vertraut? Ja, Lieber,<lb/>
der Staatsmann, der auf die Kleinigkeiten nicht<lb/>
zu achten brauchte, wäre größer, als je einer in der<lb/>
Welt es war. Sie ſind da, um unſern Scharf¬<lb/>ſinn wach zu halten, und der ſie nicht ergreift,<lb/>
wo ſie ihm günſtig ſind, verſündigt ſich vor dem,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0096]
„Ich wollte Sie nur um einen kleinen Dienſt
bitten, klein für Sie, groß für mich. Es liegt mir
viel, ſehr viel daran, daß Bovillard Zutritt bei Hofe
erhält. Grade jetzt, wenn das Memorial eingeht. —
Er wird eigenſinnig bleiben. — Thun Sie mir da
den Gefallen und gehn zu dem ſchönen Mädchen, ich
meine ſeine Braut. Stellen Sie ihr die Sache
ernſtlich vor, daß ihr eigen Glück davon abhängt,
ſeine definitive Placirung. Wenn ſie um Audienz
bei der Königin bittet, wenn ſie das Sentiment, ihre
eigne Herzenslage ſchildert, wird es ihr nicht ſchwer
werden, auch Louiſens Herz zu rühren. Die La¬
fontaineſchen Romane ſpuken da noch immer. Ein
Familienjammer iſt außerordentlich wirkſam. Sie
kann ja auch einfließen laſſen, daß nur auf dieſe
Weiſe die Abneigung des alten Bovillard zu be¬
wältigen iſt.“
Walter ſchwieg: „Liegt denn Euer Excellenz ſo
— überaus viel an —“
„An Kleinigkeiten, fiel ihm der Freiherr in's
Wort. „Die Kieſelſteine, die in ein Räderwerk, der
Staub, der in eine Taſchenuhr fällt, ſoll der Müller
und der Uhrmacher ſie liegen laſſen, weil er der Vor¬
trefflichkeit ſeiner Maſchinen vertraut? Ja, Lieber,
der Staatsmann, der auf die Kleinigkeiten nicht
zu achten brauchte, wäre größer, als je einer in der
Welt es war. Sie ſind da, um unſern Scharf¬
ſinn wach zu halten, und der ſie nicht ergreift,
wo ſie ihm günſtig ſind, verſündigt ſich vor dem,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/96>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.