Stimme wie die Catalani? Sind Sie schön wie Adonis? Können wir's uns geben? Sie würden mich, ich Sie einen Thor nennen, wenn wir danach trachteten. Wohin hat die Gleichmacherei der Ja¬ cobiner geführt! Frankreich seufzt unter einem neuen Marschallsadel; so dünn plattirtes Gold es sei, das Volk muß es von seinem Schweiße hergeben, wie es die Säckel der Directoren füllen, die Guillotinen mit seinem Gelde bauen mußte! Ist der alte Adel darum todt? Er lauert nur, und läßt seine Nägel wachsen, um's wieder an sich zu scharren, wenn die Gelegen¬ heit kommt. Das die Wirkung der Impetuosen."
"Hier liegt aber vor uns die Arbeit eines Jahr¬ hunderts, und darüber. Wir sehen nicht mehr die Arbeit, nur das fertige Werk."
"Ist es fertig? -- Er schüttelte den Kopf. -- Was wäre der schönste Gliederbau werth, dem der Kopf fehlte? -- Man fängt an, auf Friedrich zu schmälen. Man hat Unrecht, auch der wackere Arndt irrt. Was er als Sünde des Individuums züchtigt, war nur der Instinct des Blutes, es war die wun¬ derbare Aufgabe der Dynastie, die Naturen und ihre Summitäten zu ertödten, um aus sich heraus allein das Werk zu erschaffen. Wär's ihnen gelungen, ge¬ lingt es ihnen, dann sind sie im Recht, es war eine Mission, eine Aufgabe von Gott, aber --"
Das plötzliche Verstummen des Ministers war nicht von den Zeichen begleitet, welche den Willen, ein Gespräch abzubrechen, andeuten. Er wollte
Stimme wie die Catalani? Sind Sie ſchön wie Adonis? Können wir's uns geben? Sie würden mich, ich Sie einen Thor nennen, wenn wir danach trachteten. Wohin hat die Gleichmacherei der Ja¬ cobiner geführt! Frankreich ſeufzt unter einem neuen Marſchallsadel; ſo dünn plattirtes Gold es ſei, das Volk muß es von ſeinem Schweiße hergeben, wie es die Säckel der Directoren füllen, die Guillotinen mit ſeinem Gelde bauen mußte! Iſt der alte Adel darum todt? Er lauert nur, und läßt ſeine Nägel wachſen, um's wieder an ſich zu ſcharren, wenn die Gelegen¬ heit kommt. Das die Wirkung der Impetuoſen.“
„Hier liegt aber vor uns die Arbeit eines Jahr¬ hunderts, und darüber. Wir ſehen nicht mehr die Arbeit, nur das fertige Werk.“
„Iſt es fertig? — Er ſchüttelte den Kopf. — Was wäre der ſchönſte Gliederbau werth, dem der Kopf fehlte? — Man fängt an, auf Friedrich zu ſchmälen. Man hat Unrecht, auch der wackere Arndt irrt. Was er als Sünde des Individuums züchtigt, war nur der Inſtinct des Blutes, es war die wun¬ derbare Aufgabe der Dynaſtie, die Naturen und ihre Summitäten zu ertödten, um aus ſich heraus allein das Werk zu erſchaffen. Wär's ihnen gelungen, ge¬ lingt es ihnen, dann ſind ſie im Recht, es war eine Miſſion, eine Aufgabe von Gott, aber —“
Das plötzliche Verſtummen des Miniſters war nicht von den Zeichen begleitet, welche den Willen, ein Geſpräch abzubrechen, andeuten. Er wollte
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Stimme wie die Catalani? Sind Sie ſchön wie
Adonis? Können wir's uns geben? Sie würden
mich, ich Sie einen Thor nennen, wenn wir danach
trachteten. Wohin hat die Gleichmacherei der Ja¬
cobiner geführt! Frankreich ſeufzt unter einem neuen
Marſchallsadel; ſo dünn plattirtes Gold es ſei, das
Volk muß es von ſeinem Schweiße hergeben, wie es
die Säckel der Directoren füllen, die Guillotinen mit
ſeinem Gelde bauen mußte! Iſt der alte Adel darum
todt? Er lauert nur, und läßt ſeine Nägel wachſen,
um's wieder an ſich zu ſcharren, wenn die Gelegen¬
heit kommt. Das die Wirkung der Impetuoſen.“
„Hier liegt aber vor uns die Arbeit eines Jahr¬
hunderts, und darüber. Wir ſehen nicht mehr die
Arbeit, nur das fertige Werk.“
„Iſt es fertig? — Er ſchüttelte den Kopf. —
Was wäre der ſchönſte Gliederbau werth, dem der
Kopf fehlte? — Man fängt an, auf Friedrich zu
ſchmälen. Man hat Unrecht, auch der wackere Arndt
irrt. Was er als Sünde des Individuums züchtigt,
war nur der Inſtinct des Blutes, es war die wun¬
derbare Aufgabe der Dynaſtie, die Naturen und ihre
Summitäten zu ertödten, um aus ſich heraus allein
das Werk zu erſchaffen. Wär's ihnen gelungen, ge¬
lingt es ihnen, dann ſind ſie im Recht, es war eine
Miſſion, eine Aufgabe von Gott, aber —“
Das plötzliche Verſtummen des Miniſters war
nicht von den Zeichen begleitet, welche den Willen,
ein Geſpräch abzubrechen, andeuten. Er wollte
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/88>, abgerufen am 23.11.2024.
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