nur ein Wort, überall wollte man helfen, noch lie¬ ber Rathschläge geben, wie man helfen könne.
In der Gesellschaft der Braunbiegler hatte die Sache noch eine andere Seite. Auf dem Conto Debet stand Patriotismus und Tuch. Was Madame Braunbiegler gezeichnet, konnte man auf ihrem strah¬ lenden Gesichte fast in Zahlen lesen. Die Dame selbst wog mit ihrem treffenden Blicke die Gäste ab; auch sie las auf jedem Gesichte, wie viel ist der Mann werth? Wie viel hätte er zeichnen müssen? Wie viel hat er zu wenig gezeichnet? Wie viel zu viel, um sich höher zu stellen? Endlich -- wie tief stehen sie alle unter dir!
Ihr zunächst mußte der Baron Eitelbach stehen. War er doch ihr Compagnon! -- Aber er stand nicht, er ging, er flankirte mit seinem strahlenden Gesicht durch die Gruppen.
"Was sagen Sie nun dazu, Kapellmeister? Ha¬ ben die Deutschen keinen Patriotismus nicht, Herr Righini?"
"C'est etonnant! erwiderte der Angeredete. Selbst meine Waschfrau präsentirte mir einen Subscriptions- Zettel."
"Pfui! Das finde ich eigentlich abscheulich. Wenn die Populace sich erst mit etwas befaßt, dann, muß ich gestehen, faß ich's ungern noch an!"
"Der Geist der Zeit!" sagte ein Dritter.
"Was ist das?" fragte der Baron.
"Ein Buch, was eben erschienen ist, bemerkte
nur ein Wort, überall wollte man helfen, noch lie¬ ber Rathſchläge geben, wie man helfen könne.
In der Geſellſchaft der Braunbiegler hatte die Sache noch eine andere Seite. Auf dem Conto Debet ſtand Patriotismus und Tuch. Was Madame Braunbiegler gezeichnet, konnte man auf ihrem ſtrah¬ lenden Geſichte faſt in Zahlen leſen. Die Dame ſelbſt wog mit ihrem treffenden Blicke die Gäſte ab; auch ſie las auf jedem Geſichte, wie viel iſt der Mann werth? Wie viel hätte er zeichnen müſſen? Wie viel hat er zu wenig gezeichnet? Wie viel zu viel, um ſich höher zu ſtellen? Endlich — wie tief ſtehen ſie alle unter dir!
Ihr zunächſt mußte der Baron Eitelbach ſtehen. War er doch ihr Compagnon! — Aber er ſtand nicht, er ging, er flankirte mit ſeinem ſtrahlenden Geſicht durch die Gruppen.
„Was ſagen Sie nun dazu, Kapellmeiſter? Ha¬ ben die Deutſchen keinen Patriotismus nicht, Herr Righini?“
„C'est étonnant! erwiderte der Angeredete. Selbſt meine Waſchfrau präſentirte mir einen Subſcriptions- Zettel.“
„Pfui! Das finde ich eigentlich abſcheulich. Wenn die Populace ſich erſt mit etwas befaßt, dann, muß ich geſtehen, faß ich's ungern noch an!“
„Der Geiſt der Zeit!“ ſagte ein Dritter.
„Was iſt das?“ fragte der Baron.
„Ein Buch, was eben erſchienen iſt, bemerkte
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nur ein Wort, überall wollte man helfen, noch lie¬
ber Rathſchläge geben, wie man helfen könne.
In der Geſellſchaft der Braunbiegler hatte die
Sache noch eine andere Seite. Auf dem Conto
Debet ſtand Patriotismus und Tuch. Was Madame
Braunbiegler gezeichnet, konnte man auf ihrem ſtrah¬
lenden Geſichte faſt in Zahlen leſen. Die Dame ſelbſt
wog mit ihrem treffenden Blicke die Gäſte ab; auch
ſie las auf jedem Geſichte, wie viel iſt der Mann
werth? Wie viel hätte er zeichnen müſſen? Wie viel
hat er zu wenig gezeichnet? Wie viel zu viel, um ſich
höher zu ſtellen? Endlich — wie tief ſtehen ſie alle
unter dir!
Ihr zunächſt mußte der Baron Eitelbach ſtehen.
War er doch ihr Compagnon! — Aber er ſtand nicht,
er ging, er flankirte mit ſeinem ſtrahlenden Geſicht
durch die Gruppen.
„Was ſagen Sie nun dazu, Kapellmeiſter? Ha¬
ben die Deutſchen keinen Patriotismus nicht, Herr
Righini?“
„C'est étonnant! erwiderte der Angeredete. Selbſt
meine Waſchfrau präſentirte mir einen Subſcriptions-
Zettel.“
„Pfui! Das finde ich eigentlich abſcheulich. Wenn
die Populace ſich erſt mit etwas befaßt, dann, muß
ich geſtehen, faß ich's ungern noch an!“
„Der Geiſt der Zeit!“ ſagte ein Dritter.
„Was iſt das?“ fragte der Baron.
„Ein Buch, was eben erſchienen iſt, bemerkte
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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