das Schaffot. Was wollen wir wetten? Auf's Schaffot bringen Sie mich nicht. Ich kenne Ihre Gesetze, die Ansichten Ihrer Richter. Höchstens, wenn Alles gut geht, nämlich für Sie, eine außerordent¬ liche Strafe. Zehn, funfzehn, vielleicht zwanzig Jahr Gefängniß. Die ganze Welt ist ein Gefängniß; wie angestrichen, schwarz-weiß, blau, grün, schwarz-gelb, das ist am Ende gleichgültig. Ja, wenn Sie mich nach Frankreich auslieferten, das wäre eine andre Frage, vor den Geschwornen, da hört unsre Logik auf. Aber Sie sind ein zu guter Patriot, und die Sache ist doch wohl auch für Sie zu interessant, um sie aus der Hand zu geben."
"Der Baron Eitelbach ist nicht an der Cholera gestorben," sprach Fuchsius, ihn fixirend.
"Dann wäre es mir doch sehr interessant, zu erfahren, was man bei ihm finden wird! -- Nichts Mineralisches, darauf können Sie sich verlassen," -- sprach Wandel mit höhnisch freundlicher Stimme, in¬ dem er die Frechheit hatte, dem Rath dabei sanft auf die Schulter zu klopfen.
"Scheusal!" rief dieser zurückweichend.
"Warum das? Nur keine Affecte, sie passen nicht für Sie, nicht für mich. Ueberhaupt, sein Sie darauf gefaßt, durch Ueberraschungen, Impulse, Ge¬ fühlsaufwallungen ringen Sie mir nichts ab. Es ist für uns Beide besser, wenn wir uns auf den Standpunkt der Humanität und Courtoisie stellen, wie zwei geschickte Schachspieler, wo Jeder die In¬
das Schaffot. Was wollen wir wetten? Auf's Schaffot bringen Sie mich nicht. Ich kenne Ihre Geſetze, die Anſichten Ihrer Richter. Höchſtens, wenn Alles gut geht, nämlich für Sie, eine außerordent¬ liche Strafe. Zehn, funfzehn, vielleicht zwanzig Jahr Gefängniß. Die ganze Welt iſt ein Gefängniß; wie angeſtrichen, ſchwarz-weiß, blau, grün, ſchwarz-gelb, das iſt am Ende gleichgültig. Ja, wenn Sie mich nach Frankreich auslieferten, das wäre eine andre Frage, vor den Geſchwornen, da hört unſre Logik auf. Aber Sie ſind ein zu guter Patriot, und die Sache iſt doch wohl auch für Sie zu intereſſant, um ſie aus der Hand zu geben.“
„Der Baron Eitelbach iſt nicht an der Cholera geſtorben,“ ſprach Fuchſius, ihn fixirend.
„Dann wäre es mir doch ſehr intereſſant, zu erfahren, was man bei ihm finden wird! — Nichts Mineraliſches, darauf können Sie ſich verlaſſen,“ — ſprach Wandel mit höhniſch freundlicher Stimme, in¬ dem er die Frechheit hatte, dem Rath dabei ſanft auf die Schulter zu klopfen.
„Scheuſal!“ rief dieſer zurückweichend.
„Warum das? Nur keine Affecte, ſie paſſen nicht für Sie, nicht für mich. Ueberhaupt, ſein Sie darauf gefaßt, durch Ueberraſchungen, Impulſe, Ge¬ fühlsaufwallungen ringen Sie mir nichts ab. Es iſt für uns Beide beſſer, wenn wir uns auf den Standpunkt der Humanität und Courtoiſie ſtellen, wie zwei geſchickte Schachſpieler, wo Jeder die In¬
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das Schaffot. Was wollen wir wetten? Auf's
Schaffot bringen Sie mich nicht. Ich kenne Ihre
Geſetze, die Anſichten Ihrer Richter. Höchſtens, wenn
Alles gut geht, nämlich für Sie, eine außerordent¬
liche Strafe. Zehn, funfzehn, vielleicht zwanzig Jahr
Gefängniß. Die ganze Welt iſt ein Gefängniß; wie
angeſtrichen, ſchwarz-weiß, blau, grün, ſchwarz-gelb,
das iſt am Ende gleichgültig. Ja, wenn Sie mich
nach Frankreich auslieferten, das wäre eine andre
Frage, vor den Geſchwornen, da hört unſre Logik auf.
Aber Sie ſind ein zu guter Patriot, und die Sache
iſt doch wohl auch für Sie zu intereſſant, um ſie
aus der Hand zu geben.“
„Der Baron Eitelbach iſt nicht an der Cholera
geſtorben,“ ſprach Fuchſius, ihn fixirend.
„Dann wäre es mir doch ſehr intereſſant, zu
erfahren, was man bei ihm finden wird! — Nichts
Mineraliſches, darauf können Sie ſich verlaſſen,“ —
ſprach Wandel mit höhniſch freundlicher Stimme, in¬
dem er die Frechheit hatte, dem Rath dabei ſanft auf
die Schulter zu klopfen.
„Scheuſal!“ rief dieſer zurückweichend.
„Warum das? Nur keine Affecte, ſie paſſen
nicht für Sie, nicht für mich. Ueberhaupt, ſein Sie
darauf gefaßt, durch Ueberraſchungen, Impulſe, Ge¬
fühlsaufwallungen ringen Sie mir nichts ab. Es
iſt für uns Beide beſſer, wenn wir uns auf den
Standpunkt der Humanität und Courtoiſie ſtellen,
wie zwei geſchickte Schachſpieler, wo Jeder die In¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/380>, abgerufen am 24.11.2024.
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