mir stiehlt. Ich kann mich auch wie jener mit der Spinne vergnügen, mit Mäusen, dem Insect im Stroh. Ich will mit ihnen spielen, mich necken wie mit vernünftigen Wesen. Sie sollen meine Könige, Staatsmänner, Volkstribunen sein und ich werde nicht zu großen Unterschied mit den wirklichen finden. Oder wollen Sie mich an die Mauer ketten, Eisenstangen mir an Hände und Füße legen, ich bleibe doch der freie Mann. Können Sie meinen Geist, meine Phantasie fesseln? Können Sie ihr verbieten, mein Gefängniß zu be¬ völkern mit Wesen, die, ohne Selbstschmeichelei, etwas geistreicher sind, als Ihre erwählten Gesellschaften. Fürchten Sie sich nicht vor dem Nagel in der Wand, gönnen Sie mir ein Strumpfband, ein Halstuch, ich schwöre es Ihnen beim höchsten Eide, bei der Achtung vor mir selbst, den Versucher, der mich auch nur um eine Spanne meines Lebens betrügen wollte, jage ich hohnlachend zum Gitterfenster hinaus."
"Baron Vansitter, es wäre besser für Sie, wenn Sie mit ernsten Dingen sich in der Spanne Zeit be¬ schäftigten, die Ihnen noch gemessen wird."
"Spanne Zeit! Sie täuschen sich. Es wird eine recht lange Zeit werden. Ich gebe Ihnen mein Wort, ich werde mich vertheidigen -- besser als Ihr Staat gegen seinen Ueberwinder. Gewissermaßen soll jetzt mein Leben erst anfangen. Sie kennen mich doch einigermaßen, und wissen, wie ich in die Schran¬ ken trat. Man meinte, ich war ein glücklicher Ad¬ vocat, ich setzte manches durch, noch mehr wandte ich
mir ſtiehlt. Ich kann mich auch wie jener mit der Spinne vergnügen, mit Mäuſen, dem Inſect im Stroh. Ich will mit ihnen ſpielen, mich necken wie mit vernünftigen Weſen. Sie ſollen meine Könige, Staatsmänner, Volkstribunen ſein und ich werde nicht zu großen Unterſchied mit den wirklichen finden. Oder wollen Sie mich an die Mauer ketten, Eiſenſtangen mir an Hände und Füße legen, ich bleibe doch der freie Mann. Können Sie meinen Geiſt, meine Phantaſie feſſeln? Können Sie ihr verbieten, mein Gefängniß zu be¬ völkern mit Weſen, die, ohne Selbſtſchmeichelei, etwas geiſtreicher ſind, als Ihre erwählten Geſellſchaften. Fürchten Sie ſich nicht vor dem Nagel in der Wand, gönnen Sie mir ein Strumpfband, ein Halstuch, ich ſchwöre es Ihnen beim höchſten Eide, bei der Achtung vor mir ſelbſt, den Verſucher, der mich auch nur um eine Spanne meines Lebens betrügen wollte, jage ich hohnlachend zum Gitterfenſter hinaus.“
„Baron Vanſitter, es wäre beſſer für Sie, wenn Sie mit ernſten Dingen ſich in der Spanne Zeit be¬ ſchäftigten, die Ihnen noch gemeſſen wird.“
„Spanne Zeit! Sie täuſchen ſich. Es wird eine recht lange Zeit werden. Ich gebe Ihnen mein Wort, ich werde mich vertheidigen — beſſer als Ihr Staat gegen ſeinen Ueberwinder. Gewiſſermaßen ſoll jetzt mein Leben erſt anfangen. Sie kennen mich doch einigermaßen, und wiſſen, wie ich in die Schran¬ ken trat. Man meinte, ich war ein glücklicher Ad¬ vocat, ich ſetzte manches durch, noch mehr wandte ich
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mir ſtiehlt. Ich kann mich auch wie jener mit der
Spinne vergnügen, mit Mäuſen, dem Inſect im
Stroh. Ich will mit ihnen ſpielen, mich necken wie
mit vernünftigen Weſen. Sie ſollen meine Könige,
Staatsmänner, Volkstribunen ſein und ich werde nicht zu
großen Unterſchied mit den wirklichen finden. Oder wollen
Sie mich an die Mauer ketten, Eiſenſtangen mir an
Hände und Füße legen, ich bleibe doch der freie Mann.
Können Sie meinen Geiſt, meine Phantaſie feſſeln?
Können Sie ihr verbieten, mein Gefängniß zu be¬
völkern mit Weſen, die, ohne Selbſtſchmeichelei, etwas
geiſtreicher ſind, als Ihre erwählten Geſellſchaften.
Fürchten Sie ſich nicht vor dem Nagel in der Wand,
gönnen Sie mir ein Strumpfband, ein Halstuch,
ich ſchwöre es Ihnen beim höchſten Eide, bei der
Achtung vor mir ſelbſt, den Verſucher, der mich auch
nur um eine Spanne meines Lebens betrügen wollte,
jage ich hohnlachend zum Gitterfenſter hinaus.“
„Baron Vanſitter, es wäre beſſer für Sie, wenn
Sie mit ernſten Dingen ſich in der Spanne Zeit be¬
ſchäftigten, die Ihnen noch gemeſſen wird.“
„Spanne Zeit! Sie täuſchen ſich. Es wird
eine recht lange Zeit werden. Ich gebe Ihnen mein
Wort, ich werde mich vertheidigen — beſſer als Ihr
Staat gegen ſeinen Ueberwinder. Gewiſſermaßen ſoll
jetzt mein Leben erſt anfangen. Sie kennen mich
doch einigermaßen, und wiſſen, wie ich in die Schran¬
ken trat. Man meinte, ich war ein glücklicher Ad¬
vocat, ich ſetzte manches durch, noch mehr wandte ich
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/378>, abgerufen am 24.11.2024.
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