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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Plakat an die Thür. Als er das gelesen, zitterte er
zusammen, Eisenhauch fühlte eine Erschütterung in den
Gliedern des Greises. Auf dem Plakate standen die
Worte:

"Der König hat eine Bataille verloren. Seine
Majestät und dessen Brüder, Königliche Hoheit,
sind am Leben und nicht verwundet. Ruhe ist die
erste Bürgerpflicht. Ich bitte darum.
Schulenburg."

"Es wird besser," antwortete Rittgarten auf des
Majors Frage, der Hülfeleistende heranwinkte.

"Ja, es wird besser, es muß besser werden,"
rief Eisenhauch.

"O mein Gott, mein Vaterland!"

"Er kann nicht mehr allein stehen," sagte Jemand.

"Preußen!" athmete der Sterbende, an des Frei¬
herrn Brust sinkend -- es war sein letztes Wort.

"Kann nicht mehr allein stehen, wiederholte
Eisenhauch dumpf. Es hätte nicht allein stehen dür¬
fen ohne Deutschland."

Der Schlag hatte den Invaliden getroffen.


Im Trauerhause, dem Hotel des Ministers ge¬
genüber, hatte auch ein Schlag getroffen. Die Ba¬
ronin lag auf ihren Knieen am Bette, ihr Gesicht
verbergend. Gott verzeih ihrer Seele, wenn sie nicht

Plakat an die Thür. Als er das geleſen, zitterte er
zuſammen, Eiſenhauch fühlte eine Erſchütterung in den
Gliedern des Greiſes. Auf dem Plakate ſtanden die
Worte:

„Der König hat eine Bataille verloren. Seine
Majeſtät und deſſen Brüder, Königliche Hoheit,
ſind am Leben und nicht verwundet. Ruhe iſt die
erſte Bürgerpflicht. Ich bitte darum.
Schulenburg.“

„Es wird beſſer,“ antwortete Rittgarten auf des
Majors Frage, der Hülfeleiſtende heranwinkte.

„Ja, es wird beſſer, es muß beſſer werden,“
rief Eiſenhauch.

„O mein Gott, mein Vaterland!“

„Er kann nicht mehr allein ſtehen,“ ſagte Jemand.

„Preußen!“ athmete der Sterbende, an des Frei¬
herrn Bruſt ſinkend — es war ſein letztes Wort.

„Kann nicht mehr allein ſtehen, wiederholte
Eiſenhauch dumpf. Es hätte nicht allein ſtehen dür¬
fen ohne Deutſchland.“

Der Schlag hatte den Invaliden getroffen.


Im Trauerhauſe, dem Hotel des Miniſters ge¬
genüber, hatte auch ein Schlag getroffen. Die Ba¬
ronin lag auf ihren Knieen am Bette, ihr Geſicht
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[357/0367] Plakat an die Thür. Als er das geleſen, zitterte er zuſammen, Eiſenhauch fühlte eine Erſchütterung in den Gliedern des Greiſes. Auf dem Plakate ſtanden die Worte: „Der König hat eine Bataille verloren. Seine Majeſtät und deſſen Brüder, Königliche Hoheit, ſind am Leben und nicht verwundet. Ruhe iſt die erſte Bürgerpflicht. Ich bitte darum. Schulenburg.“ „Es wird beſſer,“ antwortete Rittgarten auf des Majors Frage, der Hülfeleiſtende heranwinkte. „Ja, es wird beſſer, es muß beſſer werden,“ rief Eiſenhauch. „O mein Gott, mein Vaterland!“ „Er kann nicht mehr allein ſtehen,“ ſagte Jemand. „Preußen!“ athmete der Sterbende, an des Frei¬ herrn Bruſt ſinkend — es war ſein letztes Wort. „Kann nicht mehr allein ſtehen, wiederholte Eiſenhauch dumpf. Es hätte nicht allein ſtehen dür¬ fen ohne Deutſchland.“ Der Schlag hatte den Invaliden getroffen. Im Trauerhauſe, dem Hotel des Miniſters ge¬ genüber, hatte auch ein Schlag getroffen. Die Ba¬ ronin lag auf ihren Knieen am Bette, ihr Geſicht verbergend. Gott verzeih ihrer Seele, wenn ſie nicht

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/367>, abgerufen am 24.11.2024.