Compagnonschaft in der Fabrik, oder ist Madame Braunbieglers Herz grade an's Tuch gewachsen? Wir machen nach der Hochzeit eine Tour durch Eu¬ ropa. Wer weiß, ob wir wiederkommen."
"Es ist nicht das. Denken Sie sich, der Schmecke¬ danz, der Kerl auf dem Mühlendamm -- ein ver¬ fluchter Jude -- "
"Hat doch nicht Wechsel auf Baron Eitelbach?"
"Aber Dohlenecks Wechsel aufgekauft, Gott weiß wie. -- Und nun der todt ist -- "
"Bravo! kann er sich Fidibus davon machen."
"Nein, er schickt sie meiner Frau."
"O, das ist zum Todtlachen."
"Nein, zum Einlösen."
"Ist der Kerl verrückt?"
"Wenn nur nicht ein Brief dabei wäre -- "
"Von wem?"
"Vom todten Rittmeister, ich meine, vom Ma¬ jor Dohleneck."
"Schreiben die Todten wieder Briefe?"
"Nein, eh' er ausmarschirte. Solch ein Gali¬ mathias. Wenn er fiele, sollt' er sich nur an meine Frau wenden, die sei so sterblich in ihn verliebt, daß sie seine Ehre auch nach dem Tode nicht sitzen ließe. Bei Lebzeiten hätte er sie können um den Fin¬ ger wickeln, und sie hätte gehörig blechen müssen. Und wenn sie nach seinem Tode nicht zahlen wollte, so --"
"Schnell noch ein Glas Port. Ich kann mir denken, wie die Niederträchtigkeit Sie afficirt."
V. 22
Compagnonſchaft in der Fabrik, oder iſt Madame Braunbieglers Herz grade an's Tuch gewachſen? Wir machen nach der Hochzeit eine Tour durch Eu¬ ropa. Wer weiß, ob wir wiederkommen.“
„Es iſt nicht das. Denken Sie ſich, der Schmecke¬ danz, der Kerl auf dem Mühlendamm — ein ver¬ fluchter Jude — “
„Hat doch nicht Wechſel auf Baron Eitelbach?“
„Aber Dohlenecks Wechſel aufgekauft, Gott weiß wie. — Und nun der todt iſt — “
„Bravo! kann er ſich Fidibus davon machen.“
„Nein, er ſchickt ſie meiner Frau.“
„O, das iſt zum Todtlachen.“
„Nein, zum Einlöſen.“
„Iſt der Kerl verrückt?“
„Wenn nur nicht ein Brief dabei wäre — “
„Von wem?“
„Vom todten Rittmeiſter, ich meine, vom Ma¬ jor Dohleneck.“
„Schreiben die Todten wieder Briefe?“
„Nein, eh' er ausmarſchirte. Solch ein Gali¬ mathias. Wenn er fiele, ſollt' er ſich nur an meine Frau wenden, die ſei ſo ſterblich in ihn verliebt, daß ſie ſeine Ehre auch nach dem Tode nicht ſitzen ließe. Bei Lebzeiten hätte er ſie können um den Fin¬ ger wickeln, und ſie hätte gehörig blechen müſſen. Und wenn ſie nach ſeinem Tode nicht zahlen wollte, ſo —“
„Schnell noch ein Glas Port. Ich kann mir denken, wie die Niederträchtigkeit Sie afficirt.“
V. 22
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Compagnonſchaft in der Fabrik, oder iſt Madame
Braunbieglers Herz grade an's Tuch gewachſen?
Wir machen nach der Hochzeit eine Tour durch Eu¬
ropa. Wer weiß, ob wir wiederkommen.“
„Es iſt nicht das. Denken Sie ſich, der Schmecke¬
danz, der Kerl auf dem Mühlendamm — ein ver¬
fluchter Jude — “
„Hat doch nicht Wechſel auf Baron Eitelbach?“
„Aber Dohlenecks Wechſel aufgekauft, Gott weiß
wie. — Und nun der todt iſt — “
„Bravo! kann er ſich Fidibus davon machen.“
„Nein, er ſchickt ſie meiner Frau.“
„O, das iſt zum Todtlachen.“
„Nein, zum Einlöſen.“
„Iſt der Kerl verrückt?“
„Wenn nur nicht ein Brief dabei wäre — “
„Von wem?“
„Vom todten Rittmeiſter, ich meine, vom Ma¬
jor Dohleneck.“
„Schreiben die Todten wieder Briefe?“
„Nein, eh' er ausmarſchirte. Solch ein Gali¬
mathias. Wenn er fiele, ſollt' er ſich nur an meine
Frau wenden, die ſei ſo ſterblich in ihn verliebt,
daß ſie ſeine Ehre auch nach dem Tode nicht ſitzen
ließe. Bei Lebzeiten hätte er ſie können um den Fin¬
ger wickeln, und ſie hätte gehörig blechen müſſen. Und
wenn ſie nach ſeinem Tode nicht zahlen wollte, ſo —“
„Schnell noch ein Glas Port. Ich kann mir
denken, wie die Niederträchtigkeit Sie afficirt.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/347>, abgerufen am 16.02.2025.
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