Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.hielt den Kopf des Sterbenden, während der Prediger Der Wagen stand fertig vor der Kirchenthür. Die Fürstin sah fragend auf die Trauernde. Der Geistliche sagte: "Für die Todten sorgt Gott Das fremde Mädchen schrie wie im Irrsinn auf: hielt den Kopf des Sterbenden, während der Prediger Der Wagen ſtand fertig vor der Kirchenthür. Die Fürſtin ſah fragend auf die Trauernde. Der Geiſtliche ſagte: „Für die Todten ſorgt Gott Das fremde Mädchen ſchrie wie im Irrſinn auf: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0320" n="310"/> hielt den Kopf des Sterbenden, während der Prediger<lb/> die Ringe wechſelte. Als er die entſcheidende Frage<lb/> that, antwortete ein Ja ſo wunderbar laut, daß es<lb/> die Orgel übertönte. Es war ſein letztes Wort.<lb/> Kaum daß der Segen geſprochen, ſank er röchelnd<lb/> nieder. Der Brautkuß war der Sterbekuß. Das<lb/> fremde Mädchen weinte und lachte: „Ich habe doch<lb/> ſeinen letzten Händedruck.“ — Die Königin ſagte:<lb/> „Ich konnte ihm doch danken.“</p><lb/> <p>Der Wagen ſtand fertig vor der Kirchenthür.<lb/> „Frau von Bovillard! ſprach feierlich die alte Voß,<lb/> Ihro Majeſtät ſind bereit.“</p><lb/> <p>Die Fürſtin ſah fragend auf die Trauernde.<lb/> Ihr Blick ſchien zu ſprechen: „Willſt Du mich jetzt<lb/> verlaſſen!“</p><lb/> <p>Der Geiſtliche ſagte: „Für die Todten ſorgt Gott<lb/> und die Kirche. Wer noch Pflichten im Leben hat,<lb/> fliehe von hier. Den Todten iſt wohler in der Erde<lb/> als den Lebendigen, wo die Verwüſtung ihr Reich<lb/> aufſchlägt.“</p><lb/> <p>Das fremde Mädchen ſchrie wie im Irrſinn auf:<lb/> „Er wird nicht allein begraben werden.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [310/0320]
hielt den Kopf des Sterbenden, während der Prediger
die Ringe wechſelte. Als er die entſcheidende Frage
that, antwortete ein Ja ſo wunderbar laut, daß es
die Orgel übertönte. Es war ſein letztes Wort.
Kaum daß der Segen geſprochen, ſank er röchelnd
nieder. Der Brautkuß war der Sterbekuß. Das
fremde Mädchen weinte und lachte: „Ich habe doch
ſeinen letzten Händedruck.“ — Die Königin ſagte:
„Ich konnte ihm doch danken.“
Der Wagen ſtand fertig vor der Kirchenthür.
„Frau von Bovillard! ſprach feierlich die alte Voß,
Ihro Majeſtät ſind bereit.“
Die Fürſtin ſah fragend auf die Trauernde.
Ihr Blick ſchien zu ſprechen: „Willſt Du mich jetzt
verlaſſen!“
Der Geiſtliche ſagte: „Für die Todten ſorgt Gott
und die Kirche. Wer noch Pflichten im Leben hat,
fliehe von hier. Den Todten iſt wohler in der Erde
als den Lebendigen, wo die Verwüſtung ihr Reich
aufſchlägt.“
Das fremde Mädchen ſchrie wie im Irrſinn auf:
„Er wird nicht allein begraben werden.“
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