Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852."Ich sah ihn ein oder zwei Mal, gnädigste Frau." "Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?" Es brach unwillkürlich von Adelheids Lippen, Die Königin warf ihr einen bedeutungsvollen "Ja," sagte sie mit fester Stimme. "Sie haben keine Nachricht von Ihrem Bräu¬ "Keine," entgegnete Adelheid mit derselben "Und keine Ahnung, ich wollte sagen keine Hoff¬ "Euer Majestät Frage könnte mich besorgt „Ich ſah ihn ein oder zwei Mal, gnädigſte Frau.“ „Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“ Es brach unwillkürlich von Adelheids Lippen, Die Königin warf ihr einen bedeutungsvollen „Ja,“ ſagte ſie mit feſter Stimme. „Sie haben keine Nachricht von Ihrem Bräu¬ „Keine,“ entgegnete Adelheid mit derſelben „Und keine Ahnung, ich wollte ſagen keine Hoff¬ „Euer Majeſtät Frage könnte mich beſorgt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0313" n="303"/> <p>„Ich ſah ihn ein oder zwei Mal, gnädigſte Frau.“</p><lb/> <p>„Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“</p><lb/> <p>Es brach unwillkürlich von Adelheids Lippen,<lb/> während ſie roth ward: „Wie Einer, dem der Tod<lb/> eine Wohlthat iſt. Wie Einer, der nach der Sonne<lb/> fliegt, und oben in der Luft, weil ſie zu rein für<lb/> unſre Lunge, erkennt er, daß es vergebne Mühe<lb/> iſt. Ihn verläßt die Kraft, er will nicht ſtürzen,<lb/> aber er ſtürzt. Es iſt ein troſtloſer Kampf, nicht um<lb/> das Daſein — um das Sonnenlicht, möchte ich ſagen.<lb/> Er flattert und flattert, um ſich zu halten, den gan¬<lb/> zen Schmerz in der Bruſt, wieder auf die dunkle<lb/> Erde ſinken zu müſſen, und ihre mephitiſchen Dünſte<lb/> fallen ſchon auf die Bruſt — da, wohl ihm, ehe<lb/> ſeine Flügel erlahmen, wenn die Kugel eines Schützen<lb/> ſeiner Qual ein Ende macht.“</p><lb/> <p>Die Königin warf ihr einen bedeutungsvollen<lb/> Blick zu: „Sie halten es für ein Glück, Adelheid?“</p><lb/> <p>„Ja,“ ſagte ſie mit feſter Stimme.</p><lb/> <p>„Sie haben keine Nachricht von Ihrem Bräu¬<lb/> tigam?“</p><lb/> <p>„Keine,“ entgegnete Adelheid mit derſelben<lb/> Stimme.</p><lb/> <p>„Und keine Ahnung, ich wollte ſagen keine Hoff¬<lb/> nung?“</p><lb/> <p>„Euer Majeſtät Frage könnte mich beſorgt<lb/> machen, daß Sie auf eine ſchlimme Nachricht mich<lb/> vorbereiten wollen. Aber ich bin auf Alles vorberei¬<lb/> tet. Wo hat der Einzelne ein Recht auf Glück, wo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [303/0313]
„Ich ſah ihn ein oder zwei Mal, gnädigſte Frau.“
„Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“
Es brach unwillkürlich von Adelheids Lippen,
während ſie roth ward: „Wie Einer, dem der Tod
eine Wohlthat iſt. Wie Einer, der nach der Sonne
fliegt, und oben in der Luft, weil ſie zu rein für
unſre Lunge, erkennt er, daß es vergebne Mühe
iſt. Ihn verläßt die Kraft, er will nicht ſtürzen,
aber er ſtürzt. Es iſt ein troſtloſer Kampf, nicht um
das Daſein — um das Sonnenlicht, möchte ich ſagen.
Er flattert und flattert, um ſich zu halten, den gan¬
zen Schmerz in der Bruſt, wieder auf die dunkle
Erde ſinken zu müſſen, und ihre mephitiſchen Dünſte
fallen ſchon auf die Bruſt — da, wohl ihm, ehe
ſeine Flügel erlahmen, wenn die Kugel eines Schützen
ſeiner Qual ein Ende macht.“
Die Königin warf ihr einen bedeutungsvollen
Blick zu: „Sie halten es für ein Glück, Adelheid?“
„Ja,“ ſagte ſie mit feſter Stimme.
„Sie haben keine Nachricht von Ihrem Bräu¬
tigam?“
„Keine,“ entgegnete Adelheid mit derſelben
Stimme.
„Und keine Ahnung, ich wollte ſagen keine Hoff¬
nung?“
„Euer Majeſtät Frage könnte mich beſorgt
machen, daß Sie auf eine ſchlimme Nachricht mich
vorbereiten wollen. Aber ich bin auf Alles vorberei¬
tet. Wo hat der Einzelne ein Recht auf Glück, wo
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