Die in Weimar lachten, unsre Soldaten verzogen auch den Mund. Der wackre Rüchel suchte es mir zu verbergen. Ach, er ist auch gefürchtet und ge¬ haßt --"
"Desto allgemeiner verehrt und geliebt ist Seine Majestät der König."
"Gott sei Dank! Aber auch ich bin verredet, gehaßt, verleumdet."
"Um Gotteswillen, Ihro Majestät, es ist nur eine Stimme der Liebe und Bewunderung --"
"Unter denen, die mir vor Gesicht treten, wie damals auf der Huldigungsreise! Jetzt, liebes Mäd¬ chen, sehe ich und höre ich schärfer. Ich glaubte meine Pflicht zu thun, als ich dem Könige in's Feld folgte; ich dachte an die erhabenen Beispiele der Vorfahrinnen unseres Hauses, der schönen Else, die Kurfürst Friedrich I., an Louise von Oranien, die dem großen Kurfürsten gefolgt sind; damals lobte man es, man bewunderte ihren Muth, und rühmte, daß sie die Gefahren ihrer Gatten getheilt, mit Rath und That ihnen zur Hand. Heut geißelt man mich mit bittern Sarkasmen."
"Das ist nur Lombard --"
"Nein, liebes Kind, das vergebe ich ihm und könnte ihn darum loben; es ist einmal seine aufrich¬ tige Meinung! Aber sie Alle, bis auf Wenige. Warum hatten sie damals nicht den Muth, es zu sagen? Das vergebe ich ihnen nicht. Vielleicht hätten sie mich aufgebracht. Lieber Gott, ich habe doch auch
Die in Weimar lachten, unſre Soldaten verzogen auch den Mund. Der wackre Rüchel ſuchte es mir zu verbergen. Ach, er iſt auch gefürchtet und ge¬ haßt —“
„Deſto allgemeiner verehrt und geliebt iſt Seine Majeſtät der König.“
„Gott ſei Dank! Aber auch ich bin verredet, gehaßt, verleumdet.“
„Um Gotteswillen, Ihro Majeſtät, es iſt nur eine Stimme der Liebe und Bewunderung —“
„Unter denen, die mir vor Geſicht treten, wie damals auf der Huldigungsreiſe! Jetzt, liebes Mäd¬ chen, ſehe ich und höre ich ſchärfer. Ich glaubte meine Pflicht zu thun, als ich dem Könige in's Feld folgte; ich dachte an die erhabenen Beiſpiele der Vorfahrinnen unſeres Hauſes, der ſchönen Elſe, die Kurfürſt Friedrich I., an Louiſe von Oranien, die dem großen Kurfürſten gefolgt ſind; damals lobte man es, man bewunderte ihren Muth, und rühmte, daß ſie die Gefahren ihrer Gatten getheilt, mit Rath und That ihnen zur Hand. Heut geißelt man mich mit bittern Sarkasmen.“
„Das iſt nur Lombard —“
„Nein, liebes Kind, das vergebe ich ihm und könnte ihn darum loben; es iſt einmal ſeine aufrich¬ tige Meinung! Aber ſie Alle, bis auf Wenige. Warum hatten ſie damals nicht den Muth, es zu ſagen? Das vergebe ich ihnen nicht. Vielleicht hätten ſie mich aufgebracht. Lieber Gott, ich habe doch auch
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Die in Weimar lachten, unſre Soldaten verzogen
auch den Mund. Der wackre Rüchel ſuchte es mir
zu verbergen. Ach, er iſt auch gefürchtet und ge¬
haßt —“
„Deſto allgemeiner verehrt und geliebt iſt Seine
Majeſtät der König.“
„Gott ſei Dank! Aber auch ich bin verredet,
gehaßt, verleumdet.“
„Um Gotteswillen, Ihro Majeſtät, es iſt nur
eine Stimme der Liebe und Bewunderung —“
„Unter denen, die mir vor Geſicht treten, wie
damals auf der Huldigungsreiſe! Jetzt, liebes Mäd¬
chen, ſehe ich und höre ich ſchärfer. Ich glaubte
meine Pflicht zu thun, als ich dem Könige in's Feld
folgte; ich dachte an die erhabenen Beiſpiele der
Vorfahrinnen unſeres Hauſes, der ſchönen Elſe, die
Kurfürſt Friedrich I., an Louiſe von Oranien, die
dem großen Kurfürſten gefolgt ſind; damals lobte man
es, man bewunderte ihren Muth, und rühmte, daß
ſie die Gefahren ihrer Gatten getheilt, mit Rath und
That ihnen zur Hand. Heut geißelt man mich mit
bittern Sarkasmen.“
„Das iſt nur Lombard —“
„Nein, liebes Kind, das vergebe ich ihm und
könnte ihn darum loben; es iſt einmal ſeine aufrich¬
tige Meinung! Aber ſie Alle, bis auf Wenige.
Warum hatten ſie damals nicht den Muth, es zu
ſagen? Das vergebe ich ihnen nicht. Vielleicht hätten
ſie mich aufgebracht. Lieber Gott, ich habe doch auch
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/310>, abgerufen am 25.11.2024.
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