losen Schatten! Ja, mein Freund, die furchtbare Nemesis ist da, die auf ihrer Mühle alles Geschaffene wieder zermalmt, und Maaß für Maaß übt, aber bilden Sie sich nicht ein, daß es Einem der Geschädigten zu Gut kommt. Bonaparte's Arm zerdrückt das Re¬ giment jener kleinen Gewaltigen, die Ludwigs Wol¬ ken-Perrücke auf den hohlen Schädel drückten, und auch ausrufend l'etat c'est moi! die Majestät des deutschen Königthums verhöhnten, mit ihren Mai¬ treffen das Mark des Landes verpraßten, und seine Söhne geknebelt nach Amerika verkauften. Der Gott der Gerechtigkeit hat die blutigen Thränen, die Schmerzenslieder der gefangenen Sänger erhört; aber die Rache trifft die Kinder der Schuldigen. Ruft sie die in's Leben, deren Gebeine im heißen Afrika blei¬ chen? Und unter den Lebendigen! Die Gewaltigen ziehen aus mit ihren Geldsäcken, die Kinder der Maitressen, vom Mark des Landes gefüttert, sind große, reiche Herren geworden, und die Unterthanen, das Volk -- bekommt Einer nur einen Heller wieder? Nein, es muß von Neuem steuern und steuern, um die Nemesis zu bezahlen und die neuen Gewaltigen groß und reich zu machen. Seine Marschälle, Brü¬ der, werden Fürsten, Könige; wir bleiben, was wir waren, die Masse, aus der man den Saft preßt. Auch diese neuen, ja auch sie wird die Nemesis er¬ eilen, auch Bonaparte wird über's Rad geschleudert werden, aber erst, wenn wir längst modern, und was unsre Kinder vom Raube zurückerhalten werden, --
loſen Schatten! Ja, mein Freund, die furchtbare Nemeſis iſt da, die auf ihrer Mühle alles Geſchaffene wieder zermalmt, und Maaß für Maaß übt, aber bilden Sie ſich nicht ein, daß es Einem der Geſchädigten zu Gut kommt. Bonaparte's Arm zerdrückt das Re¬ giment jener kleinen Gewaltigen, die Ludwigs Wol¬ ken-Perrücke auf den hohlen Schädel drückten, und auch ausrufend l'état c'est moi! die Majeſtät des deutſchen Königthums verhöhnten, mit ihren Mai¬ treffen das Mark des Landes verpraßten, und ſeine Söhne geknebelt nach Amerika verkauften. Der Gott der Gerechtigkeit hat die blutigen Thränen, die Schmerzenslieder der gefangenen Sänger erhört; aber die Rache trifft die Kinder der Schuldigen. Ruft ſie die in's Leben, deren Gebeine im heißen Afrika blei¬ chen? Und unter den Lebendigen! Die Gewaltigen ziehen aus mit ihren Geldſäcken, die Kinder der Maitreſſen, vom Mark des Landes gefüttert, ſind große, reiche Herren geworden, und die Unterthanen, das Volk — bekommt Einer nur einen Heller wieder? Nein, es muß von Neuem ſteuern und ſteuern, um die Nemeſis zu bezahlen und die neuen Gewaltigen groß und reich zu machen. Seine Marſchälle, Brü¬ der, werden Fürſten, Könige; wir bleiben, was wir waren, die Maſſe, aus der man den Saft preßt. Auch dieſe neuen, ja auch ſie wird die Nemeſis er¬ eilen, auch Bonaparte wird über's Rad geſchleudert werden, aber erſt, wenn wir längſt modern, und was unſre Kinder vom Raube zurückerhalten werden, —
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loſen Schatten! Ja, mein Freund, die furchtbare
Nemeſis iſt da, die auf ihrer Mühle alles Geſchaffene
wieder zermalmt, und Maaß für Maaß übt, aber
bilden Sie ſich nicht ein, daß es Einem der Geſchädigten
zu Gut kommt. Bonaparte's Arm zerdrückt das Re¬
giment jener kleinen Gewaltigen, die Ludwigs Wol¬
ken-Perrücke auf den hohlen Schädel drückten, und
auch ausrufend l'état c'est moi! die Majeſtät des
deutſchen Königthums verhöhnten, mit ihren Mai¬
treffen das Mark des Landes verpraßten, und ſeine
Söhne geknebelt nach Amerika verkauften. Der Gott
der Gerechtigkeit hat die blutigen Thränen, die
Schmerzenslieder der gefangenen Sänger erhört; aber
die Rache trifft die Kinder der Schuldigen. Ruft
ſie die in's Leben, deren Gebeine im heißen Afrika blei¬
chen? Und unter den Lebendigen! Die Gewaltigen
ziehen aus mit ihren Geldſäcken, die Kinder der
Maitreſſen, vom Mark des Landes gefüttert, ſind
große, reiche Herren geworden, und die Unterthanen,
das Volk — bekommt Einer nur einen Heller wieder?
Nein, es muß von Neuem ſteuern und ſteuern, um
die Nemeſis zu bezahlen und die neuen Gewaltigen
groß und reich zu machen. Seine Marſchälle, Brü¬
der, werden Fürſten, Könige; wir bleiben, was wir
waren, die Maſſe, aus der man den Saft preßt.
Auch dieſe neuen, ja auch ſie wird die Nemeſis er¬
eilen, auch Bonaparte wird über's Rad geſchleudert
werden, aber erſt, wenn wir längſt modern, und was
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/28>, abgerufen am 23.11.2024.
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