Truthähne waren kein Gespenst; sie waren geflattert, geflogen und Viele hatten sie gesehen. Wohin? Links, rechts. Die Trainknechte fluchten, statt für die Wei¬ sung zu danken. Selbst die erndteten kein freundlich Wort, die es sich angelegen sein lassen, ein verirrtes Huhn aufzufangen. Hühner hin, Hühner her, aber der calecutische Truthahn, die Bestie, wo war er, und die schöne Henne, das Prachtstück! Sie waren den Knechten doch vom Mundkoch auf die Seele ge¬ bunden.
Der Garten erstreckte sich weit in die Sandebene. Solche Gärten hatten auch stille Plätzchen, wohin ge¬ fühlvolle Gemüther sich aus dem Geräusch des Ke¬ gelschiebens und dem Klirren der Gläser zurückzogen. Auf einer Bank unter dem Lycium, das seine aus¬ gewachsenen und schon vertrockneten Zweige zu einer Art wilden Laube über ihre Köpfe rankte, saßen Charlotte und ihr Wachtmeister. Es war die bittere Scheidestunde. Auch wir nähern uns der von unsern Lesern und scheuen uns deshalb, ihnen eine neue Figur vorzuführen, die -- sie vielleicht nicht wieder¬ sehen. Uebrigens sah ein Wachtmeister wie der an¬ dere aus.
Charlotte mußte das auch denken. Sie hatte geweint und hielt das Tuch noch an die Augen. Der Wachtmeister hatte wohl nicht grade geweint, aber sein Gesicht war roth, als er die rechte Locke unter dem Hute ajustirte: "Es geht nun mal nicht anders in der Welt; aber mit Courage geht Alles."
Truthähne waren kein Geſpenſt; ſie waren geflattert, geflogen und Viele hatten ſie geſehen. Wohin? Links, rechts. Die Trainknechte fluchten, ſtatt für die Wei¬ ſung zu danken. Selbſt die erndteten kein freundlich Wort, die es ſich angelegen ſein laſſen, ein verirrtes Huhn aufzufangen. Hühner hin, Hühner her, aber der calecutiſche Truthahn, die Beſtie, wo war er, und die ſchöne Henne, das Prachtſtück! Sie waren den Knechten doch vom Mundkoch auf die Seele ge¬ bunden.
Der Garten erſtreckte ſich weit in die Sandebene. Solche Gärten hatten auch ſtille Plätzchen, wohin ge¬ fühlvolle Gemüther ſich aus dem Geräuſch des Ke¬ gelſchiebens und dem Klirren der Gläſer zurückzogen. Auf einer Bank unter dem Lycium, das ſeine aus¬ gewachſenen und ſchon vertrockneten Zweige zu einer Art wilden Laube über ihre Köpfe rankte, ſaßen Charlotte und ihr Wachtmeiſter. Es war die bittere Scheideſtunde. Auch wir nähern uns der von unſern Leſern und ſcheuen uns deshalb, ihnen eine neue Figur vorzuführen, die — ſie vielleicht nicht wieder¬ ſehen. Uebrigens ſah ein Wachtmeiſter wie der an¬ dere aus.
Charlotte mußte das auch denken. Sie hatte geweint und hielt das Tuch noch an die Augen. Der Wachtmeiſter hatte wohl nicht grade geweint, aber ſein Geſicht war roth, als er die rechte Locke unter dem Hute ajuſtirte: „Es geht nun mal nicht anders in der Welt; aber mit Courage geht Alles.“
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Truthähne waren kein Geſpenſt; ſie waren geflattert,
geflogen und Viele hatten ſie geſehen. Wohin? Links,
rechts. Die Trainknechte fluchten, ſtatt für die Wei¬
ſung zu danken. Selbſt die erndteten kein freundlich
Wort, die es ſich angelegen ſein laſſen, ein verirrtes
Huhn aufzufangen. Hühner hin, Hühner her, aber
der calecutiſche Truthahn, die Beſtie, wo war er,
und die ſchöne Henne, das Prachtſtück! Sie waren
den Knechten doch vom Mundkoch auf die Seele ge¬
bunden.
Der Garten erſtreckte ſich weit in die Sandebene.
Solche Gärten hatten auch ſtille Plätzchen, wohin ge¬
fühlvolle Gemüther ſich aus dem Geräuſch des Ke¬
gelſchiebens und dem Klirren der Gläſer zurückzogen.
Auf einer Bank unter dem Lycium, das ſeine aus¬
gewachſenen und ſchon vertrockneten Zweige zu einer
Art wilden Laube über ihre Köpfe rankte, ſaßen
Charlotte und ihr Wachtmeiſter. Es war die bittere
Scheideſtunde. Auch wir nähern uns der von unſern
Leſern und ſcheuen uns deshalb, ihnen eine neue
Figur vorzuführen, die — ſie vielleicht nicht wieder¬
ſehen. Uebrigens ſah ein Wachtmeiſter wie der an¬
dere aus.
Charlotte mußte das auch denken. Sie hatte
geweint und hielt das Tuch noch an die Augen. Der
Wachtmeiſter hatte wohl nicht grade geweint, aber ſein
Geſicht war roth, als er die rechte Locke unter dem
Hute ajuſtirte: „Es geht nun mal nicht anders in
der Welt; aber mit Courage geht Alles.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/250>, abgerufen am 24.11.2024.
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