für einen Vorwand, sie kämpfen für sich -- wer weiß, ob es dann zum Kampfe mit den Massen kommt, ob beide Gewaltige sich nicht besser im Frie¬ den über die Theilung der Erde zu verständigen wissen."
"Nur nicht Menschheitsbeglückungsträume, Herr von Laforest! sprach die Fürstin. Mit dem Ossian konnten Sie diese hier beschwatzen; uns in Rußland --"
"Männer wird Napoleon nicht mit Kinderspiel¬ zeug fangen wollen. Die Welt bedarf der Autori¬ tät. Ein Stempel der Kraft muß den Völkern wie¬ der aufgedrückt werden, damit sie nicht vom Winde der Meinungen wie Flugsand durcheinander treiben. In Frankreich hat sein Fuß die Jacobiner zertreten, er hat die zerrüttete Ruhe und Ordnung der Gesell¬ schaft wiedergeschenkt, er ist des Willens, sie auch den Völkern wieder aufzudrücken, wenn -- wenn nicht, die seine Bundesgenossen darin sein sollten, mit dem ge¬ meinschaftlichen Feind gemeinschaftliche Sache machen."
Die Fürstin blickte ihn scharf an. Sie war verwundert, sie wollte mehr hören. Der Mund schien, halb geöffnet, als ein Zeichen der Aufmerk¬ samkeit, aber er spitzte sich auch wohl schon zu einer satyrischen Entgegnung, während Laforest fortfuhr:
"Ist dies Preußen nicht das wahrhafte Wespen¬ nest der Sectirer, Illuminaten, wo täglich Ideen und Neuerungen geheckt werden, Laiche und Brut zu neuen Revolutionen. Und das Schlimmste, sie wur¬ den von oben unterstützt, oder gingen von oben aus;
für einen Vorwand, ſie kämpfen für ſich — wer weiß, ob es dann zum Kampfe mit den Maſſen kommt, ob beide Gewaltige ſich nicht beſſer im Frie¬ den über die Theilung der Erde zu verſtändigen wiſſen.“
„Nur nicht Menſchheitsbeglückungsträume, Herr von Laforeſt! ſprach die Fürſtin. Mit dem Oſſian konnten Sie dieſe hier beſchwatzen; uns in Rußland —“
„Männer wird Napoleon nicht mit Kinderſpiel¬ zeug fangen wollen. Die Welt bedarf der Autori¬ tät. Ein Stempel der Kraft muß den Völkern wie¬ der aufgedrückt werden, damit ſie nicht vom Winde der Meinungen wie Flugſand durcheinander treiben. In Frankreich hat ſein Fuß die Jacobiner zertreten, er hat die zerrüttete Ruhe und Ordnung der Geſell¬ ſchaft wiedergeſchenkt, er iſt des Willens, ſie auch den Völkern wieder aufzudrücken, wenn — wenn nicht, die ſeine Bundesgenoſſen darin ſein ſollten, mit dem ge¬ meinſchaftlichen Feind gemeinſchaftliche Sache machen.“
Die Fürſtin blickte ihn ſcharf an. Sie war verwundert, ſie wollte mehr hören. Der Mund ſchien, halb geöffnet, als ein Zeichen der Aufmerk¬ ſamkeit, aber er ſpitzte ſich auch wohl ſchon zu einer ſatyriſchen Entgegnung, während Laforeſt fortfuhr:
„Iſt dies Preußen nicht das wahrhafte Weſpen¬ neſt der Sectirer, Illuminaten, wo täglich Ideen und Neuerungen geheckt werden, Laiche und Brut zu neuen Revolutionen. Und das Schlimmſte, ſie wur¬ den von oben unterſtützt, oder gingen von oben aus;
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für einen Vorwand, ſie kämpfen für ſich — wer
weiß, ob es dann zum Kampfe mit den Maſſen
kommt, ob beide Gewaltige ſich nicht beſſer im Frie¬
den über die Theilung der Erde zu verſtändigen
wiſſen.“
„Nur nicht Menſchheitsbeglückungsträume, Herr
von Laforeſt! ſprach die Fürſtin. Mit dem Oſſian
konnten Sie dieſe hier beſchwatzen; uns in Rußland —“
„Männer wird Napoleon nicht mit Kinderſpiel¬
zeug fangen wollen. Die Welt bedarf der Autori¬
tät. Ein Stempel der Kraft muß den Völkern wie¬
der aufgedrückt werden, damit ſie nicht vom Winde
der Meinungen wie Flugſand durcheinander treiben.
In Frankreich hat ſein Fuß die Jacobiner zertreten,
er hat die zerrüttete Ruhe und Ordnung der Geſell¬
ſchaft wiedergeſchenkt, er iſt des Willens, ſie auch den
Völkern wieder aufzudrücken, wenn — wenn nicht,
die ſeine Bundesgenoſſen darin ſein ſollten, mit dem ge¬
meinſchaftlichen Feind gemeinſchaftliche Sache machen.“
Die Fürſtin blickte ihn ſcharf an. Sie war
verwundert, ſie wollte mehr hören. Der Mund
ſchien, halb geöffnet, als ein Zeichen der Aufmerk¬
ſamkeit, aber er ſpitzte ſich auch wohl ſchon zu einer
ſatyriſchen Entgegnung, während Laforeſt fortfuhr:
„Iſt dies Preußen nicht das wahrhafte Weſpen¬
neſt der Sectirer, Illuminaten, wo täglich Ideen und
Neuerungen geheckt werden, Laiche und Brut zu
neuen Revolutionen. Und das Schlimmſte, ſie wur¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/226>, abgerufen am 23.11.2024.
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