sie eine Pflegetochter und die Kinder ihres Schwa¬ gers vergeben. Bei der ersten sei es noch zu rechter Zeit gemerkt worden und man hätte sie aus dem Hause geschafft; die Kinder wären draufgegangen. Der fremde Herr hätte darauf zu ihr gesagt: so sei es gar nicht gemeint gewesen, und er habe auf immer von ihr Abschied genommen. Da aber hätte sie grade schon auch ihren Mann vergeben gehabt, und wäre von der Alteration außer sich gerathen. Alles war ja umsonst gethan.
"Ich weiß nicht, Herr Geheimsecretair, sagte der andere Geheimsecretair, ich weiß nicht, ob ich nicht den andern vornehmen Herrn auch bei den Ohren faßte."
"Wird auch geschehen, rief der Angeredete dem klugen Manne in's Ohr. Gestern im Casino hörte ich so etwas, unter uns gesagt, daß der Herr Re¬ gierungsrath von Fuchsius auf ihn vigiliren. Es ist da was, -- man weiß nur nicht, was -- Indeß man wird ja davon hören."
Bald darauf klingelte es heftig in der Wohnung des Rath Fuchsius, auch noch in früher Morgen¬ stunde, denn der Rath saß im Schlafrock und Pan¬ toffeln beim Kaffee und Pfeife. Ein fremder Herr wünschte in einer dringenden Angelegenheit ihn zu sprechen, und ehe noch der Bescheid hinausging, war der Legationsrath schon eingetreten.
Zwei fein gebildete Männer sind um den An¬ fang eines Gespräches nicht verlegen, ohne das Wetter
ſie eine Pflegetochter und die Kinder ihres Schwa¬ gers vergeben. Bei der erſten ſei es noch zu rechter Zeit gemerkt worden und man hätte ſie aus dem Hauſe geſchafft; die Kinder wären draufgegangen. Der fremde Herr hätte darauf zu ihr geſagt: ſo ſei es gar nicht gemeint geweſen, und er habe auf immer von ihr Abſchied genommen. Da aber hätte ſie grade ſchon auch ihren Mann vergeben gehabt, und wäre von der Alteration außer ſich gerathen. Alles war ja umſonſt gethan.
„Ich weiß nicht, Herr Geheimſecretair, ſagte der andere Geheimſecretair, ich weiß nicht, ob ich nicht den andern vornehmen Herrn auch bei den Ohren faßte.“
„Wird auch geſchehen, rief der Angeredete dem klugen Manne in's Ohr. Geſtern im Caſino hörte ich ſo etwas, unter uns geſagt, daß der Herr Re¬ gierungsrath von Fuchſius auf ihn vigiliren. Es iſt da was, — man weiß nur nicht, was — Indeß man wird ja davon hören.“
Bald darauf klingelte es heftig in der Wohnung des Rath Fuchſius, auch noch in früher Morgen¬ ſtunde, denn der Rath ſaß im Schlafrock und Pan¬ toffeln beim Kaffee und Pfeife. Ein fremder Herr wünſchte in einer dringenden Angelegenheit ihn zu ſprechen, und ehe noch der Beſcheid hinausging, war der Legationsrath ſchon eingetreten.
Zwei fein gebildete Männer ſind um den An¬ fang eines Geſpräches nicht verlegen, ohne das Wetter
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ſie eine Pflegetochter und die Kinder ihres Schwa¬
gers vergeben. Bei der erſten ſei es noch zu rechter
Zeit gemerkt worden und man hätte ſie aus dem
Hauſe geſchafft; die Kinder wären draufgegangen.
Der fremde Herr hätte darauf zu ihr geſagt: ſo ſei
es gar nicht gemeint geweſen, und er habe auf immer
von ihr Abſchied genommen. Da aber hätte ſie
grade ſchon auch ihren Mann vergeben gehabt, und
wäre von der Alteration außer ſich gerathen. Alles
war ja umſonſt gethan.
„Ich weiß nicht, Herr Geheimſecretair, ſagte der
andere Geheimſecretair, ich weiß nicht, ob ich nicht
den andern vornehmen Herrn auch bei den Ohren
faßte.“
„Wird auch geſchehen, rief der Angeredete dem
klugen Manne in's Ohr. Geſtern im Caſino hörte
ich ſo etwas, unter uns geſagt, daß der Herr Re¬
gierungsrath von Fuchſius auf ihn vigiliren. Es iſt
da was, — man weiß nur nicht, was — Indeß man
wird ja davon hören.“
Bald darauf klingelte es heftig in der Wohnung
des Rath Fuchſius, auch noch in früher Morgen¬
ſtunde, denn der Rath ſaß im Schlafrock und Pan¬
toffeln beim Kaffee und Pfeife. Ein fremder Herr
wünſchte in einer dringenden Angelegenheit ihn zu
ſprechen, und ehe noch der Beſcheid hinausging, war
der Legationsrath ſchon eingetreten.
Zwei fein gebildete Männer ſind um den An¬
fang eines Geſpräches nicht verlegen, ohne das Wetter
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/199>, abgerufen am 22.11.2024.
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