Wandel schauderte wirklich, er zog den Mantel um die Brust: "Sie wissen, ich kann kein Blut sehen. Alles -- Andre -- nur kein Blut --"
Die Gargazin schien sich an seiner Angst oder an seinem Schreck zu weiden: "Steigt Ihnen es auch zu Wangen! -- Wir werden Alle Blut sehn müssen, mein Herr von Wandel. Ohne das keine Erlösung aus diesem Dasein. Entweder stockt es, und wir gehen in Convulsionen unter, oder es strömt in hellen Purpurquellen aus, und das ist die leich¬ tere. -- Hören Sie die Trommeln wirbeln? Wie muthig und froh gehen die Tausende dahin, wo die eisernen Würfel fallen. -- Ja, das Spiel ist aus, der Ernst beginnt, mein Herr. Verspüren Sie keine Lust? Hörten Sie's nicht singen: "Im Felde, da ist der Mann noch was werth!" Regte es sich da nicht in Ihnen? Hier ist er -- gar nichts mehr werth."
Welcher Dämon war in die Frau gefahren? dachte der Legationsrath.
"Um in's Feld zu ziehn, muß man --"
"Muth haben," unterbrach sie ihn.
"Bewahre Ihr Genius oder Ihre Heiligen die Liebenswürdigste Ihres Geschlechts davor, eine Ama¬ zone zu werden!"
Sie schien ihn nicht zu hören.
"So rottenweis sie fallen, Reihe um Reihe un¬ ter dem Kartätschenhagel stürzen, das Feld sich lich¬ ten zu sehen, für einen Feldherrn soll es ein Götter¬
Wandel ſchauderte wirklich, er zog den Mantel um die Bruſt: „Sie wiſſen, ich kann kein Blut ſehen. Alles — Andre — nur kein Blut —“
Die Gargazin ſchien ſich an ſeiner Angſt oder an ſeinem Schreck zu weiden: „Steigt Ihnen es auch zu Wangen! — Wir werden Alle Blut ſehn müſſen, mein Herr von Wandel. Ohne das keine Erlöſung aus dieſem Daſein. Entweder ſtockt es, und wir gehen in Convulſionen unter, oder es ſtrömt in hellen Purpurquellen aus, und das iſt die leich¬ tere. — Hören Sie die Trommeln wirbeln? Wie muthig und froh gehen die Tauſende dahin, wo die eiſernen Würfel fallen. — Ja, das Spiel iſt aus, der Ernſt beginnt, mein Herr. Verſpüren Sie keine Luſt? Hörten Sie's nicht ſingen: „Im Felde, da iſt der Mann noch was werth!“ Regte es ſich da nicht in Ihnen? Hier iſt er — gar nichts mehr werth.“
Welcher Dämon war in die Frau gefahren? dachte der Legationsrath.
„Um in's Feld zu ziehn, muß man —“
„Muth haben,“ unterbrach ſie ihn.
„Bewahre Ihr Genius oder Ihre Heiligen die Liebenswürdigſte Ihres Geſchlechts davor, eine Ama¬ zone zu werden!“
Sie ſchien ihn nicht zu hören.
„So rottenweis ſie fallen, Reihe um Reihe un¬ ter dem Kartätſchenhagel ſtürzen, das Feld ſich lich¬ ten zu ſehen, für einen Feldherrn ſoll es ein Götter¬
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0190"n="180"/><p>Wandel ſchauderte wirklich, er zog den Mantel<lb/>
um die Bruſt: „Sie wiſſen, ich kann kein Blut<lb/>ſehen. Alles — Andre — nur kein Blut —“</p><lb/><p>Die Gargazin ſchien ſich an ſeiner Angſt oder<lb/>
an ſeinem Schreck zu weiden: „Steigt Ihnen es<lb/>
auch zu Wangen! — Wir werden Alle Blut ſehn<lb/>
müſſen, mein Herr von Wandel. Ohne das keine<lb/>
Erlöſung aus dieſem Daſein. Entweder ſtockt es,<lb/>
und wir gehen in Convulſionen unter, oder es ſtrömt<lb/>
in hellen Purpurquellen aus, und das iſt die leich¬<lb/>
tere. — Hören Sie die Trommeln wirbeln? Wie<lb/>
muthig und froh gehen die Tauſende dahin, wo die<lb/>
eiſernen Würfel fallen. — Ja, das Spiel iſt aus,<lb/>
der Ernſt beginnt, mein Herr. Verſpüren Sie keine<lb/>
Luſt? Hörten Sie's nicht ſingen: „Im Felde, da<lb/>
iſt der Mann noch was werth!“ Regte es ſich da<lb/>
nicht in Ihnen? Hier iſt er — gar nichts mehr<lb/>
werth.“</p><lb/><p>Welcher Dämon war in die Frau gefahren?<lb/>
dachte der Legationsrath.</p><lb/><p>„Um in's Feld zu ziehn, muß man —“</p><lb/><p>„Muth haben,“ unterbrach ſie ihn.</p><lb/><p>„Bewahre Ihr Genius oder Ihre Heiligen die<lb/>
Liebenswürdigſte Ihres Geſchlechts davor, eine Ama¬<lb/>
zone zu werden!“</p><lb/><p>Sie ſchien ihn nicht zu hören.</p><lb/><p>„So rottenweis ſie fallen, Reihe um Reihe un¬<lb/>
ter dem Kartätſchenhagel ſtürzen, das Feld ſich lich¬<lb/>
ten zu ſehen, für einen Feldherrn ſoll es ein Götter¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[180/0190]
Wandel ſchauderte wirklich, er zog den Mantel
um die Bruſt: „Sie wiſſen, ich kann kein Blut
ſehen. Alles — Andre — nur kein Blut —“
Die Gargazin ſchien ſich an ſeiner Angſt oder
an ſeinem Schreck zu weiden: „Steigt Ihnen es
auch zu Wangen! — Wir werden Alle Blut ſehn
müſſen, mein Herr von Wandel. Ohne das keine
Erlöſung aus dieſem Daſein. Entweder ſtockt es,
und wir gehen in Convulſionen unter, oder es ſtrömt
in hellen Purpurquellen aus, und das iſt die leich¬
tere. — Hören Sie die Trommeln wirbeln? Wie
muthig und froh gehen die Tauſende dahin, wo die
eiſernen Würfel fallen. — Ja, das Spiel iſt aus,
der Ernſt beginnt, mein Herr. Verſpüren Sie keine
Luſt? Hörten Sie's nicht ſingen: „Im Felde, da
iſt der Mann noch was werth!“ Regte es ſich da
nicht in Ihnen? Hier iſt er — gar nichts mehr
werth.“
Welcher Dämon war in die Frau gefahren?
dachte der Legationsrath.
„Um in's Feld zu ziehn, muß man —“
„Muth haben,“ unterbrach ſie ihn.
„Bewahre Ihr Genius oder Ihre Heiligen die
Liebenswürdigſte Ihres Geſchlechts davor, eine Ama¬
zone zu werden!“
Sie ſchien ihn nicht zu hören.
„So rottenweis ſie fallen, Reihe um Reihe un¬
ter dem Kartätſchenhagel ſtürzen, das Feld ſich lich¬
ten zu ſehen, für einen Feldherrn ſoll es ein Götter¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/190>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.