eines, wie man es immer nenne, doch immer eines großen Lieferanten, besonders jetzt, wo die Mäntel¬ beschaffungscommission --"
Er ward unterbrochen, wie es schien, nicht zu seiner Unlust. Wer an so viel und Wichtigeres zu denken hat, was von ihm fordern, daß er auf Alles vorbereitet sei, namentlich wo er es nicht der Mühe werth hält, sich viel Mühe zu geben. Aus der Phrase, in die er sich offenbar verwickelte, half ihm der Ein¬ tritt einer neuen Person. Eben hatte sich Madame Braunbiegler auf ihren Stuhl niedergelassen mit einem: "Na, kommt man denn endlich zur Ruhe. Das war doch heut eine Störung" -- als eine neue schon wieder da war. Der Geheimrath Lupinus, nicht der selige, sondern von der Vogtei, war ein¬ getreten, und sofort schien man zu wissen, weshalb. Die Wirthin gab dem allgemeinen Gefühl den Ausdruck: "Ach Gott, die Flanellleibbinden fehlten noch!"
Die neuste Thätigkeit des Vogtei-Lupinus mußte also eine bekannte Sache sein; was wird in Berlin nicht bald zu einer bekannten Sache. Wer etwas gelten wollte, mußte sammeln, natürlich für die armen Krieger; wer sich hervorthun wollte, für einen neuen Zweck. Von Winkelsammlern wimmelte es in den Häusern und auf den Straßen. Der Geheimrath sammelte für wollene Leibbinden. Die Mäntel wa¬ ren für die Infanterie, die wollenen Leibbinden für die Cavallerie. Weshalb grade der Vogtei-Lupinus
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eines, wie man es immer nenne, doch immer eines großen Lieferanten, beſonders jetzt, wo die Mäntel¬ beſchaffungscommiſſion —“
Er ward unterbrochen, wie es ſchien, nicht zu ſeiner Unluſt. Wer an ſo viel und Wichtigeres zu denken hat, was von ihm fordern, daß er auf Alles vorbereitet ſei, namentlich wo er es nicht der Mühe werth hält, ſich viel Mühe zu geben. Aus der Phraſe, in die er ſich offenbar verwickelte, half ihm der Ein¬ tritt einer neuen Perſon. Eben hatte ſich Madame Braunbiegler auf ihren Stuhl niedergelaſſen mit einem: „Na, kommt man denn endlich zur Ruhe. Das war doch heut eine Störung“ — als eine neue ſchon wieder da war. Der Geheimrath Lupinus, nicht der ſelige, ſondern von der Vogtei, war ein¬ getreten, und ſofort ſchien man zu wiſſen, weshalb. Die Wirthin gab dem allgemeinen Gefühl den Ausdruck: „Ach Gott, die Flanellleibbinden fehlten noch!“
Die neuſte Thätigkeit des Vogtei-Lupinus mußte alſo eine bekannte Sache ſein; was wird in Berlin nicht bald zu einer bekannten Sache. Wer etwas gelten wollte, mußte ſammeln, natürlich für die armen Krieger; wer ſich hervorthun wollte, für einen neuen Zweck. Von Winkelſammlern wimmelte es in den Häuſern und auf den Straßen. Der Geheimrath ſammelte für wollene Leibbinden. Die Mäntel wa¬ ren für die Infanterie, die wollenen Leibbinden für die Cavallerie. Weshalb grade der Vogtei-Lupinus
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eines, wie man es immer nenne, doch immer eines
großen Lieferanten, beſonders jetzt, wo die Mäntel¬
beſchaffungscommiſſion —“
Er ward unterbrochen, wie es ſchien, nicht zu
ſeiner Unluſt. Wer an ſo viel und Wichtigeres zu
denken hat, was von ihm fordern, daß er auf Alles
vorbereitet ſei, namentlich wo er es nicht der Mühe
werth hält, ſich viel Mühe zu geben. Aus der Phraſe,
in die er ſich offenbar verwickelte, half ihm der Ein¬
tritt einer neuen Perſon. Eben hatte ſich Madame
Braunbiegler auf ihren Stuhl niedergelaſſen mit
einem: „Na, kommt man denn endlich zur Ruhe.
Das war doch heut eine Störung“ — als eine neue
ſchon wieder da war. Der Geheimrath Lupinus,
nicht der ſelige, ſondern von der Vogtei, war ein¬
getreten, und ſofort ſchien man zu wiſſen, weshalb.
Die Wirthin gab dem allgemeinen Gefühl den
Ausdruck: „Ach Gott, die Flanellleibbinden fehlten
noch!“
Die neuſte Thätigkeit des Vogtei-Lupinus mußte
alſo eine bekannte Sache ſein; was wird in Berlin
nicht bald zu einer bekannten Sache. Wer etwas
gelten wollte, mußte ſammeln, natürlich für die armen
Krieger; wer ſich hervorthun wollte, für einen neuen
Zweck. Von Winkelſammlern wimmelte es in den
Häuſern und auf den Straßen. Der Geheimrath
ſammelte für wollene Leibbinden. Die Mäntel wa¬
ren für die Infanterie, die wollenen Leibbinden für
die Cavallerie. Weshalb grade der Vogtei-Lupinus
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/157>, abgerufen am 24.11.2024.
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