er Eine gesehen, und er wäre gerettet, er wäre ge¬ worden, sie sagen ein Gott. Aber er verschloß, ent¬ sagend, die brennenden Wünsche in der Brust -- denn -- die Eine gehörte schon einem Andern!"
Adelheid fühlte, was sie gewagt, aber es war eine Macht über sie gekommen, der sie nicht wider¬ stand. Auf Eine Karte war Alles gesetzt -- Tod und Leben hieß die Krisis, es gab kein Mittel. Fieber¬ hitze durchglühte sie, und sie schüttelte vor Frost, als sie aufgestanden.
Auch die Königin stand auf. Noch wandte sie ihr Gesicht ab. Es war etwas war's ein Kampf? -- was sie vor sich selbst verbarg. Wenn sie jetzt sich umwandte, ein zürnender Blick, eine Handbewe¬ gung Adelheid zurückwies, wenn sie ohne eine Sylbe den Hügel hinabschritt, Adelheid jetzt allein ließ, ver¬ stoßen, verloren -- Nein, sie wandte sich um, und im nächsten Augenblick drückte sie das verlassene Mädchen an ihre Brust. Worte sprach sie nicht, nur eine Thräne fühlte Adelheid über ihre Wange rinnen.
Als sie schweigend die Allee zurückgingen, hatte das Sterbegeläut vom Kirchthurm aufgehört; dafür schmetterten Trompeten, und ein kriegerischer Marsch der Garnison des Städtchens tönte über die Baumwipfel.
"Gott sei Dank! sprach die Königin. Das er¬ leichtert das Herz."
Am Schlosse beim Scheiden reichte sie Adelheid die Hand zum Kusse. Dabei flüsterte sie ihr zu: "Wir sehen uns bald wieder."
er Eine geſehen, und er wäre gerettet, er wäre ge¬ worden, ſie ſagen ein Gott. Aber er verſchloß, ent¬ ſagend, die brennenden Wünſche in der Bruſt — denn — die Eine gehörte ſchon einem Andern!“
Adelheid fühlte, was ſie gewagt, aber es war eine Macht über ſie gekommen, der ſie nicht wider¬ ſtand. Auf Eine Karte war Alles geſetzt — Tod und Leben hieß die Kriſis, es gab kein Mittel. Fieber¬ hitze durchglühte ſie, und ſie ſchüttelte vor Froſt, als ſie aufgeſtanden.
Auch die Königin ſtand auf. Noch wandte ſie ihr Geſicht ab. Es war etwas war's ein Kampf? — was ſie vor ſich ſelbſt verbarg. Wenn ſie jetzt ſich umwandte, ein zürnender Blick, eine Handbewe¬ gung Adelheid zurückwies, wenn ſie ohne eine Sylbe den Hügel hinabſchritt, Adelheid jetzt allein ließ, ver¬ ſtoßen, verloren — Nein, ſie wandte ſich um, und im nächſten Augenblick drückte ſie das verlaſſene Mädchen an ihre Bruſt. Worte ſprach ſie nicht, nur eine Thräne fühlte Adelheid über ihre Wange rinnen.
Als ſie ſchweigend die Allee zurückgingen, hatte das Sterbegeläut vom Kirchthurm aufgehört; dafür ſchmetterten Trompeten, und ein kriegeriſcher Marſch der Garniſon des Städtchens tönte über die Baumwipfel.
„Gott ſei Dank! ſprach die Königin. Das er¬ leichtert das Herz.“
Am Schloſſe beim Scheiden reichte ſie Adelheid die Hand zum Kuſſe. Dabei flüſterte ſie ihr zu: „Wir ſehen uns bald wieder.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0148"n="138"/>
er Eine geſehen, und er wäre gerettet, er wäre ge¬<lb/>
worden, ſie ſagen ein Gott. Aber er verſchloß, ent¬<lb/>ſagend, die brennenden Wünſche in der Bruſt —<lb/>
denn — die Eine gehörte ſchon einem Andern!“</p><lb/><p>Adelheid fühlte, was ſie gewagt, aber es war<lb/>
eine Macht über ſie gekommen, der ſie nicht wider¬<lb/>ſtand. Auf Eine Karte war Alles geſetzt — Tod<lb/>
und Leben hieß die Kriſis, es gab kein Mittel. Fieber¬<lb/>
hitze durchglühte ſie, und ſie ſchüttelte vor Froſt, als<lb/>ſie aufgeſtanden.</p><lb/><p>Auch die Königin ſtand auf. Noch wandte ſie<lb/>
ihr Geſicht ab. Es war etwas war's ein Kampf?<lb/>— was ſie vor ſich ſelbſt verbarg. Wenn ſie jetzt<lb/>ſich umwandte, ein zürnender Blick, eine Handbewe¬<lb/>
gung Adelheid zurückwies, wenn ſie ohne eine Sylbe<lb/>
den Hügel hinabſchritt, Adelheid jetzt allein ließ, ver¬<lb/>ſtoßen, verloren — Nein, ſie wandte ſich um, und<lb/>
im nächſten Augenblick drückte ſie das verlaſſene<lb/>
Mädchen an ihre Bruſt. Worte ſprach ſie nicht, nur<lb/>
eine Thräne fühlte Adelheid über ihre Wange rinnen.</p><lb/><p>Als ſie ſchweigend die Allee zurückgingen, hatte<lb/>
das Sterbegeläut vom Kirchthurm aufgehört; dafür<lb/>ſchmetterten Trompeten, und ein kriegeriſcher Marſch<lb/>
der Garniſon des Städtchens tönte über die Baumwipfel.</p><lb/><p>„Gott ſei Dank! ſprach die Königin. Das er¬<lb/>
leichtert das Herz.“</p><lb/><p>Am Schloſſe beim Scheiden reichte ſie Adelheid<lb/>
die Hand zum Kuſſe. Dabei flüſterte ſie ihr zu:<lb/>„Wir ſehen uns bald wieder.“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[138/0148]
er Eine geſehen, und er wäre gerettet, er wäre ge¬
worden, ſie ſagen ein Gott. Aber er verſchloß, ent¬
ſagend, die brennenden Wünſche in der Bruſt —
denn — die Eine gehörte ſchon einem Andern!“
Adelheid fühlte, was ſie gewagt, aber es war
eine Macht über ſie gekommen, der ſie nicht wider¬
ſtand. Auf Eine Karte war Alles geſetzt — Tod
und Leben hieß die Kriſis, es gab kein Mittel. Fieber¬
hitze durchglühte ſie, und ſie ſchüttelte vor Froſt, als
ſie aufgeſtanden.
Auch die Königin ſtand auf. Noch wandte ſie
ihr Geſicht ab. Es war etwas war's ein Kampf?
— was ſie vor ſich ſelbſt verbarg. Wenn ſie jetzt
ſich umwandte, ein zürnender Blick, eine Handbewe¬
gung Adelheid zurückwies, wenn ſie ohne eine Sylbe
den Hügel hinabſchritt, Adelheid jetzt allein ließ, ver¬
ſtoßen, verloren — Nein, ſie wandte ſich um, und
im nächſten Augenblick drückte ſie das verlaſſene
Mädchen an ihre Bruſt. Worte ſprach ſie nicht, nur
eine Thräne fühlte Adelheid über ihre Wange rinnen.
Als ſie ſchweigend die Allee zurückgingen, hatte
das Sterbegeläut vom Kirchthurm aufgehört; dafür
ſchmetterten Trompeten, und ein kriegeriſcher Marſch
der Garniſon des Städtchens tönte über die Baumwipfel.
„Gott ſei Dank! ſprach die Königin. Das er¬
leichtert das Herz.“
Am Schloſſe beim Scheiden reichte ſie Adelheid
die Hand zum Kuſſe. Dabei flüſterte ſie ihr zu:
„Wir ſehen uns bald wieder.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/148>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.