Menschenliebe die Seelen umschlingen. Wenn wir wieder Ruhe und Frieden nach Außen haben, dann hoffe ich, soll es in den höheren -- Gott gebe auch in den höchsten Kreisen besser werden. Aber Sie, liebes Mädchen, können doch nicht klagen, Ihr guter Genius führte Sie nur unter edle Menschen --"
"Erlauchte Frau! ich meine, die Menschen sind in allen Kreisen Menschen, und verzeihe mir der All¬ gütige, wenn es Sünde ist, sie kommen mir oft wie ein Knäuel von Schlangen vor. Wenn Eine mich recht liebevoll anblickt, denke ich an den Tiger, der den Kopf auf die Krallen drückt, zum Satz auf sein Opfer."
"Was sind das für Phantasieen!"
"Ich weiß es nicht. Aber ich sehe überall Lar¬ ven und dahinter Verbrecher."
"Calmiren Sie sich."
"Es ist nun einmal mein Schicksal, ich ward von ihm herumgeschleudert, ich bin keine, ich will keine Clairvoyante sein, aber wie Vieles mußte ich wider Willen belauschen, und da ist mir, wenn ich einen stillen Teich sehe, den kein Lüftchen kräuselt, als werde er plötzlich gähren, sich heben, toben und Ungeheures zu Tage kommen. Wo wir's am we¬ nigsten erwartet, in den friedlichen Kreisen, die wir die glücklichen nennen, als braue unter der Ruhe Entsetzliches. Die Luft drückt mich, und zuweilen wünsche ich, daß der Sturm komme, die Elemente toben; ein Krieg erscheint mir nicht mehr so schrecken¬ voll, wenn diese brütende Stille nur aufhört."
Menſchenliebe die Seelen umſchlingen. Wenn wir wieder Ruhe und Frieden nach Außen haben, dann hoffe ich, ſoll es in den höheren — Gott gebe auch in den höchſten Kreiſen beſſer werden. Aber Sie, liebes Mädchen, können doch nicht klagen, Ihr guter Genius führte Sie nur unter edle Menſchen —“
„Erlauchte Frau! ich meine, die Menſchen ſind in allen Kreiſen Menſchen, und verzeihe mir der All¬ gütige, wenn es Sünde iſt, ſie kommen mir oft wie ein Knäuel von Schlangen vor. Wenn Eine mich recht liebevoll anblickt, denke ich an den Tiger, der den Kopf auf die Krallen drückt, zum Satz auf ſein Opfer.“
„Was ſind das für Phantaſieen!“
„Ich weiß es nicht. Aber ich ſehe überall Lar¬ ven und dahinter Verbrecher.“
„Calmiren Sie ſich.“
„Es iſt nun einmal mein Schickſal, ich ward von ihm herumgeſchleudert, ich bin keine, ich will keine Clairvoyante ſein, aber wie Vieles mußte ich wider Willen belauſchen, und da iſt mir, wenn ich einen ſtillen Teich ſehe, den kein Lüftchen kräuſelt, als werde er plötzlich gähren, ſich heben, toben und Ungeheures zu Tage kommen. Wo wir's am we¬ nigſten erwartet, in den friedlichen Kreiſen, die wir die glücklichen nennen, als braue unter der Ruhe Entſetzliches. Die Luft drückt mich, und zuweilen wünſche ich, daß der Sturm komme, die Elemente toben; ein Krieg erſcheint mir nicht mehr ſo ſchrecken¬ voll, wenn dieſe brütende Stille nur aufhört.“
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Menſchenliebe die Seelen umſchlingen. Wenn wir
wieder Ruhe und Frieden nach Außen haben, dann
hoffe ich, ſoll es in den höheren — Gott gebe auch
in den höchſten Kreiſen beſſer werden. Aber Sie,
liebes Mädchen, können doch nicht klagen, Ihr guter
Genius führte Sie nur unter edle Menſchen —“
„Erlauchte Frau! ich meine, die Menſchen ſind
in allen Kreiſen Menſchen, und verzeihe mir der All¬
gütige, wenn es Sünde iſt, ſie kommen mir oft wie
ein Knäuel von Schlangen vor. Wenn Eine mich recht
liebevoll anblickt, denke ich an den Tiger, der den Kopf
auf die Krallen drückt, zum Satz auf ſein Opfer.“
„Was ſind das für Phantaſieen!“
„Ich weiß es nicht. Aber ich ſehe überall Lar¬
ven und dahinter Verbrecher.“
„Calmiren Sie ſich.“
„Es iſt nun einmal mein Schickſal, ich ward
von ihm herumgeſchleudert, ich bin keine, ich will
keine Clairvoyante ſein, aber wie Vieles mußte ich
wider Willen belauſchen, und da iſt mir, wenn ich
einen ſtillen Teich ſehe, den kein Lüftchen kräuſelt,
als werde er plötzlich gähren, ſich heben, toben und
Ungeheures zu Tage kommen. Wo wir's am we¬
nigſten erwartet, in den friedlichen Kreiſen, die wir
die glücklichen nennen, als braue unter der Ruhe
Entſetzliches. Die Luft drückt mich, und zuweilen
wünſche ich, daß der Sturm komme, die Elemente
toben; ein Krieg erſcheint mir nicht mehr ſo ſchrecken¬
voll, wenn dieſe brütende Stille nur aufhört.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/129>, abgerufen am 27.11.2024.
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