in Folge derselben in ein andres gastliches Haus übergebürgert. So weit war den Eingeweihten alles klar. Sie kannten auch den Namen des Zauberers, ihn selbst. Hier aber schoß ein neues Räthsel auf, eine neue Sphynx lagerte sich vor dem Porticus, der in die Salons der Fürstin führte.
Louis Bovillard hatte Zutritt. Die Fürstin, die um Alles wissen mußte, nahm ihn, wenn nicht mit Auszeichnung, doch mit zuvorkommender Theilnahme und Güte auf. Er, bis da ein wüstes Genie, das man verloren gab, vermieden, wenn nicht gar aus¬ gestoßen aus der Gesellschaft, ward von ihr nicht nur zu den kleinen Cirkeln und Partien gezogen, sie schien die Fahne über ihn schwenken zu wollen, wenn sie die höchsten und ehrenwerthesten Personen in ihr Haus geladen hatte. Und er ging aufrecht und stolz umher, unbekümmert um die, welche ihn scheuten oder haßten; denen mit ironischem Mitleid sich nähernd, welche vor seiner Berührung erschraken. Bis auf eine feinere Toilette, eine gentilere Haltung schien er hier derselbe Louis Bovillard, auf den man einst auf der Straße mit Fingern zeigte; dieselbe Nonchalance, der¬ selbe kaustische Witz, mit bittern Sottisen, mit einem beißenden und vernichtenden Urtheil, derselbe Uebermuth und dieselbe Rücksichtslosigkeit gegen die, um welche die Gesellschaft sich ehrerbietig gruppirte.
Nur wenn Eine erschien, war er ein Anderer.
in Folge derſelben in ein andres gaſtliches Haus übergebürgert. So weit war den Eingeweihten alles klar. Sie kannten auch den Namen des Zauberers, ihn ſelbſt. Hier aber ſchoß ein neues Räthſel auf, eine neue Sphynx lagerte ſich vor dem Porticus, der in die Salons der Fürſtin führte.
Louis Bovillard hatte Zutritt. Die Fürſtin, die um Alles wiſſen mußte, nahm ihn, wenn nicht mit Auszeichnung, doch mit zuvorkommender Theilnahme und Güte auf. Er, bis da ein wüſtes Genie, das man verloren gab, vermieden, wenn nicht gar aus¬ geſtoßen aus der Geſellſchaft, ward von ihr nicht nur zu den kleinen Cirkeln und Partien gezogen, ſie ſchien die Fahne über ihn ſchwenken zu wollen, wenn ſie die höchſten und ehrenwertheſten Perſonen in ihr Haus geladen hatte. Und er ging aufrecht und ſtolz umher, unbekümmert um die, welche ihn ſcheuten oder haßten; denen mit ironiſchem Mitleid ſich nähernd, welche vor ſeiner Berührung erſchraken. Bis auf eine feinere Toilette, eine gentilere Haltung ſchien er hier derſelbe Louis Bovillard, auf den man einſt auf der Straße mit Fingern zeigte; dieſelbe Nonchalance, der¬ ſelbe kauſtiſche Witz, mit bittern Sottiſen, mit einem beißenden und vernichtenden Urtheil, derſelbe Uebermuth und dieſelbe Rückſichtsloſigkeit gegen die, um welche die Geſellſchaft ſich ehrerbietig gruppirte.
Nur wenn Eine erſchien, war er ein Anderer.
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in Folge derſelben in ein andres gaſtliches Haus
übergebürgert. So weit war den Eingeweihten alles
klar. Sie kannten auch den Namen des Zauberers,
ihn ſelbſt. Hier aber ſchoß ein neues Räthſel auf,
eine neue Sphynx lagerte ſich vor dem Porticus, der
in die Salons der Fürſtin führte.
Louis Bovillard hatte Zutritt. Die Fürſtin, die
um Alles wiſſen mußte, nahm ihn, wenn nicht mit
Auszeichnung, doch mit zuvorkommender Theilnahme
und Güte auf. Er, bis da ein wüſtes Genie, das
man verloren gab, vermieden, wenn nicht gar aus¬
geſtoßen aus der Geſellſchaft, ward von ihr
nicht nur zu den kleinen Cirkeln und Partien
gezogen, ſie ſchien die Fahne über ihn ſchwenken zu
wollen, wenn ſie die höchſten und ehrenwertheſten
Perſonen in ihr Haus geladen hatte. Und er ging
aufrecht und ſtolz umher, unbekümmert um die,
welche ihn ſcheuten oder haßten; denen mit ironiſchem
Mitleid ſich nähernd, welche vor ſeiner Berührung
erſchraken. Bis auf eine feinere Toilette, eine
gentilere Haltung ſchien er hier derſelbe Louis
Bovillard, auf den man einſt auf der Straße
mit Fingern zeigte; dieſelbe Nonchalance, der¬
ſelbe kauſtiſche Witz, mit bittern Sottiſen, mit
einem beißenden und vernichtenden Urtheil, derſelbe
Uebermuth und dieſelbe Rückſichtsloſigkeit gegen
die, um welche die Geſellſchaft ſich ehrerbietig
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/85>, abgerufen am 28.11.2024.
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