"Liebt, das heißt, er ras't für sie. Nun, das weiß jedes Kind -- Sie gewiß auch."
"Bovillard!"
"Er ist ja auch wohl Ihr Freund. Was thut das! Daß die Fürstin sie deshalb zu sich genommen, daß es eine große Komödie in der Komödie war, ist Stadtgespräch. Daß Adelheid seine Neigung erwie¬ dert und nur krank ist, weil sie es zu gestehen sich scheut, sind öffentliche Geheimnisse."
Walter hatte an seinen wunden Arm gefaßt, nur um mit der Hand irgend etwas zu fassen. Der furcht¬ bare Schmerz erpreßte einen unterdrückten Schrei, er lehnte sich erblassend an ein Möbel.
"Nun, Sie werden heroisch sein. Wer wird Rache nehmen, wenn er beleidigt ist! Und an einem Freund! Uebrigens glaube ich wirklich nicht, daß die Gargazin an Herrn von Bovillard ernstlich denkt. Sie hat wohl andre Plane. -- Haben Sie nicht gehört, wann Kaiser Alexander Berlin wieder be¬ sucht?"
Walter hatte nur die Hälfte gehört.
Er hatte, respectvoll vor ihr sich neigend, für die gütigen Mittheilungen gedankt; der Kaiser, wie er gehört, werde ein Bad in Asien besuchen. Es sei bei der geschwächten Gesundheit des erhabenen Monarchen wohl recht zu wünschen. Unten an der Treppe faßte er wieder seinen Arm: "Dies Weib! Dies Weib! Gießt sie Gift oder Feuer in die Adern!"
„Liebt, das heißt, er raſ't für ſie. Nun, das weiß jedes Kind — Sie gewiß auch.“
„Bovillard!“
„Er iſt ja auch wohl Ihr Freund. Was thut das! Daß die Fürſtin ſie deshalb zu ſich genommen, daß es eine große Komödie in der Komödie war, iſt Stadtgeſpräch. Daß Adelheid ſeine Neigung erwie¬ dert und nur krank iſt, weil ſie es zu geſtehen ſich ſcheut, ſind öffentliche Geheimniſſe.“
Walter hatte an ſeinen wunden Arm gefaßt, nur um mit der Hand irgend etwas zu faſſen. Der furcht¬ bare Schmerz erpreßte einen unterdrückten Schrei, er lehnte ſich erblaſſend an ein Möbel.
„Nun, Sie werden heroiſch ſein. Wer wird Rache nehmen, wenn er beleidigt iſt! Und an einem Freund! Uebrigens glaube ich wirklich nicht, daß die Gargazin an Herrn von Bovillard ernſtlich denkt. Sie hat wohl andre Plane. — Haben Sie nicht gehört, wann Kaiſer Alexander Berlin wieder be¬ ſucht?“
Walter hatte nur die Hälfte gehört.
Er hatte, reſpectvoll vor ihr ſich neigend, für die gütigen Mittheilungen gedankt; der Kaiſer, wie er gehört, werde ein Bad in Aſien beſuchen. Es ſei bei der geſchwächten Geſundheit des erhabenen Monarchen wohl recht zu wünſchen. Unten an der Treppe faßte er wieder ſeinen Arm: „Dies Weib! Dies Weib! Gießt ſie Gift oder Feuer in die Adern!“
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„Liebt, das heißt, er raſ't für ſie. Nun, das weiß
jedes Kind — Sie gewiß auch.“
„Bovillard!“
„Er iſt ja auch wohl Ihr Freund. Was thut
das! Daß die Fürſtin ſie deshalb zu ſich genommen,
daß es eine große Komödie in der Komödie war, iſt
Stadtgeſpräch. Daß Adelheid ſeine Neigung erwie¬
dert und nur krank iſt, weil ſie es zu geſtehen ſich
ſcheut, ſind öffentliche Geheimniſſe.“
Walter hatte an ſeinen wunden Arm gefaßt, nur
um mit der Hand irgend etwas zu faſſen. Der furcht¬
bare Schmerz erpreßte einen unterdrückten Schrei, er
lehnte ſich erblaſſend an ein Möbel.
„Nun, Sie werden heroiſch ſein. Wer wird
Rache nehmen, wenn er beleidigt iſt! Und an einem
Freund! Uebrigens glaube ich wirklich nicht, daß die
Gargazin an Herrn von Bovillard ernſtlich denkt.
Sie hat wohl andre Plane. — Haben Sie nicht
gehört, wann Kaiſer Alexander Berlin wieder be¬
ſucht?“
Walter hatte nur die Hälfte gehört.
Er hatte, reſpectvoll vor ihr ſich neigend, für
die gütigen Mittheilungen gedankt; der Kaiſer, wie
er gehört, werde ein Bad in Aſien beſuchen. Es
ſei bei der geſchwächten Geſundheit des erhabenen
Monarchen wohl recht zu wünſchen. Unten an der
Treppe faßte er wieder ſeinen Arm: „Dies Weib!
Dies Weib! Gießt ſie Gift oder Feuer in die
Adern!“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/76>, abgerufen am 04.12.2024.
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