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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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"Wozu das?"

"Es ist doch der Ordnung wegen."

Um ihm zum Schreiben Platz zu machen, trug
sie die Rollen auf einen andern Tisch. Die Rollen
waren schwer, ihre Glieder waren wie gebrochen.
Eine entglitt ihr, einige Goldstücke rollten umher, die
sie aufzuheben sich bückte.

"O mein Gott, Sie geben sich meinetwegen so
viel Mühe!" rief er, auf dem Stuhl sich umwendend,
schrieb aber weiter. Er wandte sich wieder um: "Wie
wollen Sie es mit den Zinsen gehalten haben?"

Sie antwortete nicht.

"Es ist doch wegen Lebens und Sterbens, ver¬
ehrte Freundin. Ich würde sechs Procent schreiben,
aber Sie könnten, da Sie nicht kaufmännische Rechte
haben, dadurch in Ungelegenheiten kommen. Sehr
möglich auch, daß der Zinsfuß in dieser Krisis noch
steigt. Ich setze daher lieber: je nach dem höchsten
Börsensatz."

Sie winkte ihm Schweigen mit einem krächzen¬
den Hohngelächter. Er schrieb weiter. Was schrieb
er noch! Er war aufgestanden und hatte ihr mit einer
verbindlichen Verbeugung den Schuldschein überreicht.
Sie warf ihn auf den Tisch, ohne ihn anzusehen.

Jetzt war nichts mehr von Angst, Scheu, Ban¬
gigkeit in diesem Gesichte, es wogte ein wildes Feuer
in der Brust, ihre Augen vermieden ihn nicht, sie
sah mit einer Art böser Freude auf ihn:

"Was ist Ihnen noch sonst gefällig? -- Da ist

„Wozu das?“

„Es iſt doch der Ordnung wegen.“

Um ihm zum Schreiben Platz zu machen, trug
ſie die Rollen auf einen andern Tiſch. Die Rollen
waren ſchwer, ihre Glieder waren wie gebrochen.
Eine entglitt ihr, einige Goldſtücke rollten umher, die
ſie aufzuheben ſich bückte.

„O mein Gott, Sie geben ſich meinetwegen ſo
viel Mühe!“ rief er, auf dem Stuhl ſich umwendend,
ſchrieb aber weiter. Er wandte ſich wieder um: „Wie
wollen Sie es mit den Zinſen gehalten haben?“

Sie antwortete nicht.

„Es iſt doch wegen Lebens und Sterbens, ver¬
ehrte Freundin. Ich würde ſechs Procent ſchreiben,
aber Sie könnten, da Sie nicht kaufmänniſche Rechte
haben, dadurch in Ungelegenheiten kommen. Sehr
möglich auch, daß der Zinsfuß in dieſer Kriſis noch
ſteigt. Ich ſetze daher lieber: je nach dem höchſten
Börſenſatz.“

Sie winkte ihm Schweigen mit einem krächzen¬
den Hohngelächter. Er ſchrieb weiter. Was ſchrieb
er noch! Er war aufgeſtanden und hatte ihr mit einer
verbindlichen Verbeugung den Schuldſchein überreicht.
Sie warf ihn auf den Tiſch, ohne ihn anzuſehen.

Jetzt war nichts mehr von Angſt, Scheu, Ban¬
gigkeit in dieſem Geſichte, es wogte ein wildes Feuer
in der Bruſt, ihre Augen vermieden ihn nicht, ſie
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[345/0355] „Wozu das?“ „Es iſt doch der Ordnung wegen.“ Um ihm zum Schreiben Platz zu machen, trug ſie die Rollen auf einen andern Tiſch. Die Rollen waren ſchwer, ihre Glieder waren wie gebrochen. Eine entglitt ihr, einige Goldſtücke rollten umher, die ſie aufzuheben ſich bückte. „O mein Gott, Sie geben ſich meinetwegen ſo viel Mühe!“ rief er, auf dem Stuhl ſich umwendend, ſchrieb aber weiter. Er wandte ſich wieder um: „Wie wollen Sie es mit den Zinſen gehalten haben?“ Sie antwortete nicht. „Es iſt doch wegen Lebens und Sterbens, ver¬ ehrte Freundin. Ich würde ſechs Procent ſchreiben, aber Sie könnten, da Sie nicht kaufmänniſche Rechte haben, dadurch in Ungelegenheiten kommen. Sehr möglich auch, daß der Zinsfuß in dieſer Kriſis noch ſteigt. Ich ſetze daher lieber: je nach dem höchſten Börſenſatz.“ Sie winkte ihm Schweigen mit einem krächzen¬ den Hohngelächter. Er ſchrieb weiter. Was ſchrieb er noch! Er war aufgeſtanden und hatte ihr mit einer verbindlichen Verbeugung den Schuldſchein überreicht. Sie warf ihn auf den Tiſch, ohne ihn anzuſehen. Jetzt war nichts mehr von Angſt, Scheu, Ban¬ gigkeit in dieſem Geſichte, es wogte ein wildes Feuer in der Bruſt, ihre Augen vermieden ihn nicht, ſie ſah mit einer Art böſer Freude auf ihn: „Was iſt Ihnen noch ſonſt gefällig? — Da iſt

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/355>, abgerufen am 27.11.2024.