Es war der entsetzlichste Blick, den wir von ihr sahen -- nein, den sahen wir hier noch nicht. -- Es war einer, der einen Abschnitt im Leben bedeutet. Mit solchem warf der Wütherich den Schlüssel zum Hungerthurm, worin er seinen Feind gesperrt, in den Fluß, mit solchem scheidet man von der Hoffnung, man stößt den Kahn zurück in's Meer, der uns an die Wüste trug, um darin zu verschmachten. Aber ein Blick war's, wie ein Eisendruck, der die erschlaff¬ ten Nerven plötzlich stählt.
"Herr Legationsrath, was fordern Sie von mir?"
"Fordern -- ich!"
"Ihre Principien verbieten Ihnen, etwas Unnützes zu thun. -- Kurz, schnell, damit wir in's Reine kommen."
"Ich wollte Sie weder ängstigen, noch deran¬ giren -- nur eine kleine Bitte. Eine Zahlung von fünf¬ tausend Thalern übermorgen genirt mich, weil mir eine Deckung aus Hamburg ausblieb. Sie haben wohl die Güte, mir mit den fünftausend, welche Sie asser¬ viren, augenblicklich beizuspringen, bis meine Rimessen aus Thüringen ankommen."
"Ich -- ich werde sie Ihnen schicken."
"Wozu Dritte impliciren -- es giebt so leicht Nachfragen. Nur eine Feder, meine Gönnerin, um die Schuldschrift aufzusetzen."
Sie wankte an den Secretair; die Goldrollen aus dem verborgenen Fach lagen auf der Platte. Sie wies stumm darauf hin.
Er machte das Zeichen des Schreibens.
Es war der entſetzlichſte Blick, den wir von ihr ſahen — nein, den ſahen wir hier noch nicht. — Es war einer, der einen Abſchnitt im Leben bedeutet. Mit ſolchem warf der Wütherich den Schlüſſel zum Hungerthurm, worin er ſeinen Feind geſperrt, in den Fluß, mit ſolchem ſcheidet man von der Hoffnung, man ſtößt den Kahn zurück in's Meer, der uns an die Wüſte trug, um darin zu verſchmachten. Aber ein Blick war's, wie ein Eiſendruck, der die erſchlaff¬ ten Nerven plötzlich ſtählt.
„Herr Legationsrath, was fordern Sie von mir?“
„Fordern — ich!“
„Ihre Principien verbieten Ihnen, etwas Unnützes zu thun. — Kurz, ſchnell, damit wir in's Reine kommen.“
„Ich wollte Sie weder ängſtigen, noch deran¬ giren — nur eine kleine Bitte. Eine Zahlung von fünf¬ tauſend Thalern übermorgen genirt mich, weil mir eine Deckung aus Hamburg ausblieb. Sie haben wohl die Güte, mir mit den fünftauſend, welche Sie aſſer¬ viren, augenblicklich beizuſpringen, bis meine Rimeſſen aus Thüringen ankommen.“
„Ich — ich werde ſie Ihnen ſchicken.“
„Wozu Dritte impliciren — es giebt ſo leicht Nachfragen. Nur eine Feder, meine Gönnerin, um die Schuldſchrift aufzuſetzen.“
Sie wankte an den Secretair; die Goldrollen aus dem verborgenen Fach lagen auf der Platte. Sie wies ſtumm darauf hin.
Er machte das Zeichen des Schreibens.
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Es war der entſetzlichſte Blick, den wir von ihr
ſahen — nein, den ſahen wir hier noch nicht. — Es
war einer, der einen Abſchnitt im Leben bedeutet.
Mit ſolchem warf der Wütherich den Schlüſſel zum
Hungerthurm, worin er ſeinen Feind geſperrt, in den
Fluß, mit ſolchem ſcheidet man von der Hoffnung,
man ſtößt den Kahn zurück in's Meer, der uns an
die Wüſte trug, um darin zu verſchmachten. Aber
ein Blick war's, wie ein Eiſendruck, der die erſchlaff¬
ten Nerven plötzlich ſtählt.
„Herr Legationsrath, was fordern Sie von mir?“
„Fordern — ich!“
„Ihre Principien verbieten Ihnen, etwas Unnützes
zu thun. — Kurz, ſchnell, damit wir in's Reine kommen.“
„Ich wollte Sie weder ängſtigen, noch deran¬
giren — nur eine kleine Bitte. Eine Zahlung von fünf¬
tauſend Thalern übermorgen genirt mich, weil mir eine
Deckung aus Hamburg ausblieb. Sie haben wohl
die Güte, mir mit den fünftauſend, welche Sie aſſer¬
viren, augenblicklich beizuſpringen, bis meine Rimeſſen
aus Thüringen ankommen.“
„Ich — ich werde ſie Ihnen ſchicken.“
„Wozu Dritte impliciren — es giebt ſo leicht
Nachfragen. Nur eine Feder, meine Gönnerin, um
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/354>, abgerufen am 17.07.2024.
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