Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeitungsschreiber, die Journalisten. Man kann viel
damit machen, ich versichere Sie."

Der Legationsrath mußte schnell an den glotzenden
Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf
ein Terrain geführt, wohin dieser ihm nicht folgte:
"Die Schriftsteller machen nicht den Krieg."

"Sie haben Recht, man sagt, die Kabinette
machen ihn. Wer sind die Kabinette? Menschen mit
Neigungen, Schwächen, Leidenschaften, Ansichten.
Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme
der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des
Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht
den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden
aufgedrängt von den leidenschaftlichen Parteien, vom
Interesse früher alliirter Mächte. Preußen steht aber
jetzt allein. Diese Alliirten sind innerlich erbittert,
ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann sehr un¬
glücklich ausschlagen. Die Kabinetsräthe sehen es ein,
der König möchte den Frieden erhalten, und wenn
sie doch das Wort Krieg aussprechen, ist's, weil sie
gezwungen werden, weil sie keine Unterstützung gegen
die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein
Herr van Asten, warum treten denn nicht die Pa¬
trioten zusammen, ich meine die, welche Mittel
haben, warum unterstützen sie nicht das Kabinet?
Das ist noch möglich. Fragen Sie sich doch, was
es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine
Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes.
Krieg mit ihm oder Anschluß. Im letzten Falle

Zeitungsſchreiber, die Journaliſten. Man kann viel
damit machen, ich verſichere Sie.“

Der Legationsrath mußte ſchnell an den glotzenden
Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf
ein Terrain geführt, wohin dieſer ihm nicht folgte:
„Die Schriftſteller machen nicht den Krieg.“

„Sie haben Recht, man ſagt, die Kabinette
machen ihn. Wer ſind die Kabinette? Menſchen mit
Neigungen, Schwächen, Leidenſchaften, Anſichten.
Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme
der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des
Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht
den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden
aufgedrängt von den leidenſchaftlichen Parteien, vom
Intereſſe früher alliirter Mächte. Preußen ſteht aber
jetzt allein. Dieſe Alliirten ſind innerlich erbittert,
ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann ſehr un¬
glücklich ausſchlagen. Die Kabinetsräthe ſehen es ein,
der König möchte den Frieden erhalten, und wenn
ſie doch das Wort Krieg ausſprechen, iſt's, weil ſie
gezwungen werden, weil ſie keine Unterſtützung gegen
die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein
Herr van Aſten, warum treten denn nicht die Pa¬
trioten zuſammen, ich meine die, welche Mittel
haben, warum unterſtützen ſie nicht das Kabinet?
Das iſt noch möglich. Fragen Sie ſich doch, was
es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine
Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes.
Krieg mit ihm oder Anſchluß. Im letzten Falle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0325" n="315"/>
Zeitungs&#x017F;chreiber, die Journali&#x017F;ten. Man kann viel<lb/>
damit machen, ich ver&#x017F;ichere Sie.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Legationsrath mußte &#x017F;chnell an den glotzenden<lb/>
Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf<lb/>
ein Terrain geführt, wohin die&#x017F;er ihm nicht folgte:<lb/>
&#x201E;Die Schrift&#x017F;teller machen nicht den Krieg.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben Recht, man &#x017F;agt, die Kabinette<lb/>
machen ihn. Wer &#x017F;ind die Kabinette? Men&#x017F;chen mit<lb/>
Neigungen, Schwächen, Leiden&#x017F;chaften, An&#x017F;ichten.<lb/>
Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme<lb/>
der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des<lb/>
Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht<lb/>
den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden<lb/>
aufgedrängt von den leiden&#x017F;chaftlichen Parteien, vom<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e früher alliirter Mächte. Preußen &#x017F;teht aber<lb/>
jetzt allein. Die&#x017F;e Alliirten &#x017F;ind innerlich erbittert,<lb/>
ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann &#x017F;ehr un¬<lb/>
glücklich aus&#x017F;chlagen. Die Kabinetsräthe &#x017F;ehen es ein,<lb/>
der König möchte den Frieden erhalten, und wenn<lb/>
&#x017F;ie doch das Wort Krieg aus&#x017F;prechen, i&#x017F;t's, weil &#x017F;ie<lb/>
gezwungen werden, weil &#x017F;ie keine Unter&#x017F;tützung gegen<lb/>
die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein<lb/>
Herr van A&#x017F;ten, warum treten denn nicht die Pa¬<lb/>
trioten zu&#x017F;ammen, ich meine die, welche Mittel<lb/>
haben, warum unter&#x017F;tützen &#x017F;ie nicht das Kabinet?<lb/>
Das i&#x017F;t noch möglich. Fragen Sie &#x017F;ich doch, was<lb/>
es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine<lb/>
Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes.<lb/>
Krieg mit ihm oder An&#x017F;chluß. Im letzten Falle<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0325] Zeitungsſchreiber, die Journaliſten. Man kann viel damit machen, ich verſichere Sie.“ Der Legationsrath mußte ſchnell an den glotzenden Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf ein Terrain geführt, wohin dieſer ihm nicht folgte: „Die Schriftſteller machen nicht den Krieg.“ „Sie haben Recht, man ſagt, die Kabinette machen ihn. Wer ſind die Kabinette? Menſchen mit Neigungen, Schwächen, Leidenſchaften, Anſichten. Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden aufgedrängt von den leidenſchaftlichen Parteien, vom Intereſſe früher alliirter Mächte. Preußen ſteht aber jetzt allein. Dieſe Alliirten ſind innerlich erbittert, ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann ſehr un¬ glücklich ausſchlagen. Die Kabinetsräthe ſehen es ein, der König möchte den Frieden erhalten, und wenn ſie doch das Wort Krieg ausſprechen, iſt's, weil ſie gezwungen werden, weil ſie keine Unterſtützung gegen die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein Herr van Aſten, warum treten denn nicht die Pa¬ trioten zuſammen, ich meine die, welche Mittel haben, warum unterſtützen ſie nicht das Kabinet? Das iſt noch möglich. Fragen Sie ſich doch, was es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes. Krieg mit ihm oder Anſchluß. Im letzten Falle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/325
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/325>, abgerufen am 23.11.2024.